|
|
|
Zitat von Muyserin Frage: Warum gibt es nicht mehr männliche Kindergärtner und Grundschullehrer? Die landläufige Antwort lautet: zu geringes Einkommen, zu wenig Prestige. Also zu wenig Macht. (Gerne läse ich hierzu im Forum ein paar Meinungen.)
In der aktuellen Situation würde ich erst mal die Frage stellen: Warum gehen viele Lehrerinnen den Weg des geringsten Widerstandes und verweigern den Jungen die Förderung? Die Benachteiligung von Jungen stimmt doch irgendwie nicht mit dem Berufsethos überein, oder?
Grundschullehrerin wird einfach als Frauenberuf angesehen und es entscheiden sich schon sehr wenig Männer überhaupt für das Studium. Das Studium ist sehr verschult und es werden darin auch wieder eher weibliche Stärken angesprochen. Letztlich kann ich mir kein Urteil erlauben, wie Männer im Rahmen des Studiums und des Referendariats integriert werden. Aber die Rahmenbedingungen stimmen offenbar schon vor dem Einstieg in den Beruf nicht.
Gegen das Einkommen in Vollzeit wäre nichts einzuwenden. In Sachsen mussten allerdings aufgrund des Geburtenknicks viele Grundschullehrerinnen in Teilzeit arbeiten. Jetzt ist wenigstens diese Situation wieder entspannter.
Zitat von Muyserin Man müsste also Jungs besser, d.h. gezielter fördern. Das können Erzieher nicht in Eigenregie leisten, solange es dazu seitens der Bildungspolitik keine Vorgaben gibt. Wie aber will man das bewerkstelligen, solange das Thema Gender konsequent lächerlich gemacht oder gar als Phänomen negiert wird?
Es gibt in Sachsen einen ganz fein ausformulierten Bildungsleitfaden (Bildungsplan). Wenn alles umgesetzt würde, was da drin steht ;-)
In der Praxis sind Erzieherinnen aus der DDR-Zeit tätig, die nur noch die letzten Jahre bis zur Rente schaffen wollen. Die Pädagogik ist demgemäß auf Steinzeitniveau. Theoretisch müsste über jedes Kind ein Portfolio angefertigt werden, in dem die Entwicklung während der Zeit im Kindergarten oder Hort dokumentiert ist. Praktisch haben wir einmal einen Hefter mit ein paar Fotos gesehen (ohne Text), als ein junger männlicher Erzieher sein Anerkennungsjahr absolviert hat. Der hat aber dann nach einer kurzen Beschäftigungszeit diese Arbeit verlassen. Konnte ich gut verstehen. Sonst gab es niemals irgendeine pädagogische Äußerung seitens der Erzieherinnen, was auch nicht wundert, wenn einige die Kinder vorwiegend als Störfaktor sehen (außer in der Handarbeitsgruppe).
Die Mädchen werden dabei übrigens auf lange Sicht auch benachteiligt. Sie lernen im Handarbeitszirkel und durch die gute Benotung des Schönschreibens, dass sie für Wohlverhalten belohnt werden. Aber sie lernen natürlich nicht, sich und ihre eigene Meinung durchzusetzen.
Das Schlüsselwort »Gender« habe ich in der Bildung des älteren Kindes ganz konkret so erlebt, dass für die Mädchen über viele Jahre ein »Girls' Day« mir interessanten Veranstaltungen durchgeführt wurde, während die Jungen als »der doofe Rest« in der Schule mit sinnlosen Abschreibeaufgaben beschäftigt wurden. Vor einigen Jahren hat man dann zuerst in Dresden gemerkt, dass damit irgend etwas nicht stimmen kann und führt jetzt pro forma auch einen Tag für »Boys« durch.
Zitat von Muyserin Wann wird sich die Erkenntnis durchsetzen, dass es beim Thema Gender nicht um Streicheleinheiten fürs weibliche Ego geht, sondern dass es z. B. auch für die frühkindliche und spätere Erziehung von Jungen relevant ist und somit für das Selbstbild von Männern. Eine nicht ausreichend gegenderte Erziehung mündet für beide Geschlechter in auffälligem Verhalten, welches den weiteren Lebensweg empfindlich beeinflussen kann. Aber warum etwas ändern? Ich höre schon die Stimmen: „Zu unserer Zeit gab es auch kein Gender und es ist trotzdem was aus uns geworden.“
In allererster Linie ist »Gender« ein Riesengeschäft. Dazu gab es gestern in der F.A.S. drei sehr interessante Seiten (maßgeblich von scharfsinnigen Frauen verfasst). Wenn wir es richtig anpacken würden, dann müsste sich »Gender« mit beiden Geschlechtern befassen, dann müsste es wertneutral sein, dann müsste es die aktuellen Erkenntnisse der Pädagogik bzw. Hirnforschung berücksichtigen und dann dürften alte Benachteiligungen nicht durch andere ersetzt werden.
|