Zitat von Gansguoter Ist denn mittlerweile geklärt, welche Funktion Frau Merkel in der FDJ hatte? Nach ihrer Selbstdarstellung zufolge sei sie "Kulturreferentin gewesen und habe sich um die Bereitstellung von Theaterkarten gekümmert", während andere sich "erinnern, daß sie "Sekretärin für Agitation und Propaganda" gewesen sei"; Belege für das eine wie das andere scheinen zu fehlen, folgt man diesem Artikel: http://www.welt.de/print-wams/article129...lei_Welten.html
Die exakte Bezeichnung »Kulturreferentin« gab es genauso wenig wie die exakte Bezeichnung »Sekretärin für Agitation und Propaganda«. Ehemalige DDR-Studenten können sich aber unter beiden Beschreibungen etwa vorstellen, was gemeint ist.
Die Studenten waren in der DDR in Seminargruppen eingeteilt. Da das Studium zum Teil ziemlich »verschult« war, ähnlich wie heute an manchen Berufsakademien, war die Seminargruppe letztlich so etwas wie eine Klasse. Jede Seminargruppe hatte damals einen eigenen FDJ-Sekretär und eine FDJ-Leitung. Letztere bestand aus vier bis fünf Studenten. Ein FDJ-Leitungsmitglied für Kultur und Sport hatte wirklich die Aufgabe, Theaterkarten zu besorgen oder ein Volleyballturnier zu organisieren. Ein FDJ-Leitungsmitglied für Agitation hat beispielsweise die Wandzeitung gestaltet oder einen Pressespiegel aus den sozialistischen Tageszeitungen zusammengestellt. Ein FDJ-Sekretär war im weitesten Sinne so etwas wie ein Klassensprecher oder Seminargruppensprecher. Die Gesamtstärke der Gruppe lag bei uns am Beginn des Studiums etwa bei 20 bis 25 Studenten.
Wenn es in einer Fakultät (die hießen damals »Sektion«) mehrere Seminargruppen gab, dann wurde auf der Ebene des Jahrgangs bzw. auf der Ebene der Fakultät auch noch eine FDJ-Leitung bestimmt. »Bestimmt« schreibe ich deshalb, weil es keine echten Wahlen gab. Insofern wäre zu hinterfragen, warum die Sektion der Hochschule ausgerechnet auf die Studentin Angela gekommen ist. War sie zu brav, um NEIN zu sagen? Ich glaube nicht, dass sie sich vorgedrängt hat. So war die Sache mit dem »notwendigen Übel« gemeint: NEIN zu sagen konnte einer Studentin möglicherweise Probleme bereiten.
Zitat von Gansguoter Meiner Ansicht nach dürfte es einen UNterschied machen, ob Frau Merkel FDJ-Sekretärin für Kultur oder für "Agitation und Propaganda" war, wenigstens für Letzteres für mich ein Fragezeichen hinter "notwendiges Übel" bedeuten. Auch wenn ich dann wieder wegen unzulässiger Vergleiche gescholten werde: Einen Sekretär für "Agitation und Propaganda" stelle ich mir ein wenig so vor wie einige Jahrzehnte vorher jemanden, der auf einer NS-Ordensburg für parteipolitische Schulung zuständig war oder, um auf gleicher Organisationsebene zu bleiben, einen Verantwortlichen für die politische Schulung in der HJ. "Notwendiges Übel"?
Aber vielleicht gibt es ja neue Erkenntnisse zu Frau Merkels Rolle oder meine Vorstellung von einem Sekretär für "Agitation und Propaganda" ist falsch
Man muss die damalige Zeit kennen, um darüber vorschnelle Urteile zu vermeiden ;-)
Grundsätzlich jeder der genannten Posten konnte mit einem Augenzwinkern oder als notwendiges Übel oder mit Karriereabsichten oder mit glühender sozialistischer Überzeugung bekleidet werden. Wenn ich mir die (bekannten) Fotos und Berichte aus Angela Merkels Jugend ansehe, dann komme ich eher zu dem Urteil, dass sie keine SED-Ideologin oder Einpeitscherin war. Das sieht man z.B. an den Leuten, die mit auf den Fotos sind.
Lassen wir die Vergangenheit ruhen, beurteilen wir sie nach ihrer Leistung als Kanzlerin!
Man muss vielleicht auch wissen, dass selbst unser obligatorischer Einsatz in der Apfelernte zu Beginn des Studienjahres als sozialistische Leistung ersten Ranges dargestellt wurde. In Wahrheit haben wir mit den Bauern der Produktionsgenossenschaft erst richtig mitgezogen, als sie uns einen Leistungsanreiz gaben.
Die Diskrepanz zwischen Propaganda und Realität war allen DDR-Bürgern bekannt und so mag es vielen befremdlich vorgekommen sein, dass eine Studentin namens Angela damit möglicherweise eine Wandzeitung bestückte. Aber man hat die Wandzeitung doch in den 1980er Jahren sowieso nicht mehr zur Kenntnis genommen ;-)
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