|
|
RE: Zettels Meckerecke: Guttenbergs Diss
|
Antworten
|
|
Zitat Das Zitieren in Fußnoten selbst läuft im Allgemeinen recht spartanisch: Autor, Publikationstitel, Seite bzw. Randnummer; nähere bibliographische Angaben (vollst. Titel, Erscheinungsort [total anachronistisch] und -jahr) finden sich im LiteImraturverzeichnis. Bei bekannten Zeitschriften reicht auch die Abkürzung derselben mit Angabe des Jahrgangs, Webseiten (mag mein Chef gar nicht) müssen mit URL und Datum des Abrufs genannt werden; Gerichtsentscheidungen tauchen im Lit.-Verzeichnis überhaupt nicht auf. Meiner Erfahrung nach 'geht es so eben', wenn Formulierungen wörtlich übernommen werden, aber die Fußnote auf die Quelle verweist; nicht hübsch, natürlich, weil man eigentlich mit Gänsefüßchen arbeiten sollte, aber speziell bei allgemeinen Lehrsätzen oder Definitionen, die zum Teil aus der Rechtsprechung stammen, wird sowas durchaus schon mal toleriert. Bei studentischen Arbeiten ist man teilweise ja schon dankbar, wenn die Arbeiten an Texte in deutscher Sprache erinnern (man sieht da Dinge... ojemine).
Das gilt für die Geisteswissenschaften - spreche für Germanistik, Geschichte, Theologie - in gleicher Weise; Abweichungen ergeben sich nur darin, ob das Autor-Kurztitel-System ("Guttenberg: Plagiat und Politik, S. 27") oder das Autor-Jahr-System ("Guttenberg 2011, 27) üblicher ist.
Im Proseminar lernt man (bzw. lernte man vor einem Jahrzehnt - wie die Zeit vergeht), dass nur das im Lit.-Verz. auftaucht, was auch zitiert wird, nicht das, was es alles so gibt oder was alles in der Bibliothek steht oder worin man mal geblättert hat.
Was Zettels Artikel betrifft: Es muss "bei uns" nicht unbedingt und zwingend im fortlaufenden Text erwähnt werden, wenn eine Position eines anderen referiert wird, eine Information übernommen wird (à la "Wie schon Karl der Große beim Abendessen gesagt hat, sind die Sachsen ein aufmüpfiges Volk, ...."), sondern es reicht, wenn dies in der Anmerkungen zweifelsfrei deutlich wird mit einem Beleg, der mit "Vgl." eingeleitet wird. Es kommt hier auf Stil und Kontext und Gewicht an.
Diese Grundsätze, v.a. natürlich, dass jede und auch jedwede Übernahme, egal ob wörtlich oder paraphrasiert, zu kennzeichnen ist, lernen bei uns übrigens schon Oberstufenschüler für die Facharbeit (Kl. 12). Gleichwohl findet sich in der SChule immer wieder, dass a) Facharbeiten plagiiert werden, b) Hausaufgaben aus dem Internet übernommen werden, c) sogar in Klausuren aus dem Internet abgeschrieben wird. Das I-Phone machts möglich, und v.a. ältere Kollegen waren in der letzten Zeit gegenüber den Schülern etwas zurück und hatten keine Ahnung, womit man heutzutage alles ins Internet kommt. Aber hier gilt: Alle abgeschriebenen Teile werden nicht gewertet (0 Punkte für die jew. Aufgabe oder Teilaufgabe), und da landet der Schüler schnell bei 5 oder 6. Zettels Sicht würde ich der Not gehorchend übrigens zustimmen; es wird gepfuscht und (heute) mit dem Internet plagiiert, und mal gewinnt der Schüler (wenn der Lehrer es nicht merkt oder aber nicht nachweisen kann), mal der Lehrer. Die Schüler sind, was die Kenntnis von Einsatzmöglichkeiten technischer Mittel angeht, oft einen Schritt schneller, aber je mehr junge Lehrer es gibt, desto geringer wird der Unterschied.
Schließlich noch, dass wir am Lehrstuhl, an dem ich damals gearbeitet habe, schon Anfang der 2000er-Jahre im Verdachtsfall bei Hauptseminararbeiten gegoogelt haben - oder auch aus Kenntnis der einschlägigen Literatur das dumpfe Gefühl hatten "Diese Formulierung kenne ich" oder "das passt vom Stil plötzlich nicht".
Herrn von und zu G. will ich zugutehalten, dass im Einzelfall (!) es passieren kann, dass man sich eine Stelle aus der Literatur zunächst abschreibt in der Absicht, diese Stelle zu sichern oder später zu zitieren oder sich darauf zu berufen, dann aber später dies versehentlich für eigenen Text hält. Aber das dürfte nur der absolute Ausnahmefall sein, denn eigentlich notiert man sich ja auch die Fundstelle, so dass diese Verwechslung nur bei Verkettung mehrerer Umstände versehentlich denkbar ist. Auch mag man versehentlich mal eine Fußnote irgendwo vergessen oder etwas falsch angeben. Ich wurde neulich selbst durch eine Anfrage per Mail darauf aufmerksam, dass ich einmal einen Titel so falsch zitiert habe, dass er nicht zu identifizieren war. Trotz des von Zettel beschriebenen Verfahrens, Lit.-Verz. und Anmerkungen doppelt gegenzuchecken, ist dies passiert. Aber, wie gesagt, nur versehentlich und als Ausnahme. Bei v.u.z.G. sind es der Versehen zu viele, und im Sinne der Redlichkeit der Wissenschaft, des wissenschaftlichen Anspruchs, muss hier eine Konsequenz erfolgen, die m.E. bei Bestätigung der Vorwürfe nur Entzug des Titels sein kann. Dies erwarte ich allein deswegen, um ein Signal für meine Oberstufenschüler zu haben. Ich kann nciht Haus- oder gar Facharbeiten wg. Plagiats mit 6 benoten, wenn andere damit durchkommen.
|