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Es gibt nur zwei Optionen: Entweder die Herren Professoren hatten, wie so viele ihrer Kollegen mit Erreichen des Beamtenstatus, seit Jahren aufgehört, wissenschaftlich zu arbeiten, und hatten deshalb nicht den blassesten Dunst über das Wissensgebiet ihres Doktoranden. Wie sonst könnte ihnen schon in der Einleitung das Auftauchen eines Artikels der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" entgangen sein (wir sprechen ja noch nicht einmal über entlegene juristische Fachzeitschriften)? Die andere Option ist natürlich, dass seine Gutachter die Arbeit nicht wirklich gelesen haben. Mit anderen Worten - seine Gutachter waren entweder dumm oder faul. Beides keine schmeichelhaften Attribute.
Totalversagen der Prüfer und der Lektoren
Wie immer wir es drehen, in jedem Fall trifft beide Gutachter der Vorwurf eines schweren Dienstvergehens. Von daher ist es nicht überraschend, dass die Universität Bayreuth zwar nun Guttenberg den Titel entzogen hat, aber angesichts des Versagens ihrer Professoren und Gremien alle denkbaren Ausflüchte heranzieht.
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Die Pressekonferenz am Mittwochabend hätte dies nicht peinlicher demonstrieren können. Die Kommission, die sich mit dem Fall auseinandergesetzt hat, bestand ausschließlich aus Bayreuther Professoren. Conflict of Interest nennt man so etwas im internationalen Wissenschaftsbetrieb. Es ist nur zu verständlich, dass eine solche Kommission kein gesteigertes Interesse hat, die eigenen Kollegen oder gar die eigene Fakultät oder Universität in Verlegenheit zu bringen. Die ganze Schuld auf den delinquenten Doktoranden abzuwälzen, ist da nur allzu wohlfeil.
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Im angloamerikanischen Wissenschaftssystem sind allerdings Checks and Balances eingebaut, dass so etwas eben nicht durchkommt. Externe, unabhängige Dissertationsgutachter sitzen im Prüfungsgremium eines Doktoranden und finden in der Regel gnadenlos die Schwächen raus - oft zum Entsetzen des potentiellen Doktorvaters. Und seriöse Verlage und Fachzeitschriften drucken nichts, was nicht einen unabhängigen Blindbegutachtungsprozess durchlaufen hat.
Guttenbergs gibt es zuhauf auf der ganzen Welt. Wie immer wir über ihn urteilen - jedenfalls fand er ein Wissenschaftssystem vor, welches zu seinem Dilettantismus geradezu eingeladen hat. Das entschuldigt den Minister nicht. Was wir aber mit Sicherheit wissen, ist, dass die Kollegen der Bayreuther juristischen Fakultät sich eines schweren professionellen Versagens schuldig gemacht haben. Und dafür sollten sie zur Rechenschaft gezogen werden.
http://www.spiegel.de/unispiegel/studium...,747408,00.html
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