Zitat von Zettel
Liebe Stefanie, mir macht Ihre Schilderung den Eindruck, daß da ein kräftiges Ressentiment gegen "die da oben" im Spiel ist.
Lieber Zettel,
Ressentiment, so weit würde ich nicht gehen. Ich denke, die waren einfach höchst politikverdrossen. Mich hätte interessiert, wen die wählen. Wollte aber nicht fragen, denn wie sieht das aus und so wie die aufgeladen waren, hätte ich Angst gehabt, dass die ihre Energien gegeneinander richten und die Verbrüderung futsch gewesen wäre, wenn die aus unterschiedlichen politischen Spektren gekommen wäre. Hinterher wären die sich gegenseitig an die Gurgel.
Und dann fragte ich mich, was die Politiker wohl an in E-Mails etc. in solch einem aggressiven und abwertenden Ton abbekommen. Wenn diese solche Mails schreiben, wie sie da geredet haben, würde mir als Politiker Angst und Bange. Ich weiß nicht, ob die für 5 %, 20 % oder gar 30 % der Bevölkerung stehen könnten. Rückschlüsse, weil es ein gehobenes Viertel war, in dem der Imbiss stand, hätte ich für gewagt gehalten, weil das Verhalten so alles anderes als niveauvoll war. Aber vielleicht sind viele Menschen so. Ich weiß es einfach nicht.
Zitat von Zettel
Nur warum wird Guttenberg nicht auch zu "denen da oben" gezählt, dieser Millionär, Adlige, Erfolgsmensch? Das ist eine spannende psychologische Frage.
Ich hatte ja einmal etwas zur kognitiven Dissonanz geschrieben. Man hat Guttenberg geschätzt, ja verehrt. Endlich ein ehrlicher Mann im Sumpf der Politik. Nun hat er sich als der Unehrlichste von allen erwiesen.
Das einzusehen wäre schmerzhaft. Also verschiebt sich die Ablehnung von ihm auf die Uni Bayreuth, auf "die Politiker" usw. Das sind ja schließlich alles "die da oben".
Und unseren Gutti dürfen wir unbeschädigt behalten.
Das in keinem Falle. Die haben schon glasklar gesehen, dass der Mist gemacht hat. Da aber alles ein Sumpf, fanden die das unerheblich. Ich kann nur vermuten, aber ich hatte den Eindruck, dass es mehr so lief, wie lassen uns doch von denen nicht vorschreiben, wenn wir verurteilen sollen und wen nicht und gegen dieses Gefühl wurde sich innerlich mit zu Guttenberg verbrüdert. Weiß es aber nicht sicher. Reine Spekulation.
Vielleicht schließe ich da nun von mir auf andere, denn mein Problem an der Sache ist auch, dass wenn zu Guttenberg weg sein sollte, nicht plötzlich der ganze Betrieb sauber wird und vor allem, dass wir durch seinen Weggang nicht weiter zweifelhafte Promotionen durch Politiker verkörpert haben. Denn nach meinem Maßstab finde ich es weniger schlimm, gefutscht zu haben als durch eine Diss eine Diktatur zu stützen - zu unterstützen, bewusst, zielgerichtet, durch die Themenwahl. Ferner sehe ich auch, hätte das Prüfungssystem bei zu Guttenberg funktioniert, hätte der nie so eine Note bekommen dürfen und hätte darüber hinaus eigentlich auch auffliegen müssen. Für mich ist das daher auch so ein Stück weit pseudo, weil sich an den eigentlichen Problemen durch seinen Weggang eh nichts ändern würde. Ferner halt einfach der Punkt, er hat sich nichts im Amt zu schulden kommen lassen und ein Schäuble sitzt da noch. Dieses Inkonsequente stößt bei mir auf inneren Widerstand. Deshalb bin ich auch auf keiner Seite. Mir ist es einfach egal, wie das aus gehen wird.
Edit: deshalb finde ich den Fall mit der französischen Ministerin auch überhaupt nicht vergleichbar. Die Dame hat über das Politische hinaus privat Kontakt mit Menschen gepflegt, die für die Diktatur in Tunesien stehen. Sie hat billigend in Kauf genommen, dass ihre Kontakte an der Unterdrückung des Volkes beteiligt sind. Das finde ich schäbig und das ganze noch, auch wenn es privat war, durch Ausnutzung ihrer Kontakt im Amt.
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