Lieber Zettel,
zum Handwerkszeug eines Juristen gehört es, dass zu aller erst die Gliederung steht. Juristen arbeiten strukturiert und in jeder Klausuren-Übung lernt man bereits, dass diese Gliederung stehen muss, bevor man losschreibt, um den roten Faden nicht zu verlieren. Meine Examensarbeit war in drei Teile zu gliedern. Beim letzten Teil habe ich zwei Tage nach Quellen gesucht, um meine Linie verteidigen zu können. Ich fand keine Quellen und musste daher meine Gliederung über Bord werfen - man nur nur wenige Wochen Zeit und nicht Monate, wie in den anderen Studiengängen mehrere Monate, so dass zwei Tage einem den Kopf kosten können. Das hat mich das Prädikat gekostet, weil alle Prüfer - ich nahm Einsicht in die Bewertung, die Arbeiten bekommt man nicht wieder, die werden beim Prüfungsamt archiviert - gemerkt haben, hier ist es nicht mehr stringent.
Es ist einfach nicht möglich, für jeden Gliederungsteil mal eben passend was im Netz zu finden. Das ist unvorstellbar und damit müssen Brüche da sein. Man kann an kleinen Stellschrauben justieren, aber es ist nichts ungewöhnliches, dass juristische Arbeiten in die Tonne gekloppt werden müssen, weil die Gliederung so nicht haltbar ist, man sich verrant hat beim erstellen. Wenn nun zu Guttenberg tatsächlich regelmäßig in Besprechungen war, hätte Häberle merken müssen, dass ständig die Gliederung umgestellt wird, weil zu Guttenberg eben was passendes im Netz fand. Es ist einfach nicht vorstellbar, dass Textstücke so ins Konzept eingefügt werden können, dass die Stringenz nicht verlustig geht.
Das ist einfach schlichtweg nicht möglich, dass hier keine Brüche festzustellen sind und wenn man das bei mir in der Examensarbeit merkte, dann gehe ich erst recht davon aus, dass man es bei Doktorarbeiten merkt, die noch einmal ein weitaus höheren wissenschaftlichen Standard zu erfüllen haben.
Selbst bei Examensklausuren kann man die Note vergessen, wenn die Gliederung Mist war. Man also losschrieb, weil es irgendwo hakte, man in Zeitnot geriet und dachte, o.k., leg los und nimm in Kauf, dass die Note nichts wird, aber besser als nichts abzugeben. Die Arbeit konnte man von vornherein vergessen. Und stellte man während einer Arbeit fest, mist, hier komme ich nicht wirklich weiter, dann rät jeder, die Banane lieber krumm zu biegen, als die Gliederung zu verlassen. Sich also was aus den Finger zu saugen, was die eigene Argumentation begründet. Denn letztlich ist dies entscheidend, dass man seine Punkte begründen kann.
Von daher, es kann einfach nicht sein, dass der eine gut strukturierte und schlüssige Arbeit vorgelegt hat, welche die Bestnote rechtfertig, wenn er immer wieder Zeitungsartikel eingefügt hat, um Lücken zu füllen.
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