Mir selbst erscheint es nicht wirklich problematisch, die Ursachen zu verstehen, die dem Mitläufertum des Großteils des deutschen Volkes zugrundeliegen. (Nebenbei bemerkt halte ich jedes andere Volk dessen genauso für fähig, ausnahmslos).
Das angeführte biographische Detail mit dem damals 30jährigen Vorfahren, der nach Linz versetzt wurde, sagt eigentlich alles. Bis heute handeln die Menschen kein Fünkchen anders. Um was geht es ihnen hauptsächlich? Mit Ausnahme (weniger) ideologischer Fanatiker kümmern sich die meisten Menschen zuerst und vorrangig um ihr Privatleben, um das persönliche "Fortkommen". Das wiederum beruht auf einer ordentlichen beruflichen Perspektive, auf einem guten Einkommen, es beinhaltet den Wunsch nach Aufstieg und nach materiellem Wohlstand.
Die Crux mit dem Menschen ist, daß er dafür bereit ist, seine Prinzipien, auch moralischen Überzeugungen, hintanzustellen, ja zu opfern.
Er mag noch so sehr eine Erziehung zur Wahrheit, zum Guten, zur Mitmenschlichkeit, zur Hilfsbereitschaft gegen Schwache und zur Toleranz genossen haben - wenn es dem persönlichen materiellen Vorteil dient, dann wird er schwach. Wenn es gilt, sich dem Trieb der Herde entgegenzustellen, dann wird er feige. Der Mensch ist ein Opportunist, das ist alles.
Ich selber kann es vor allem anhand meiner Erfahrungen im Sozialismus belegen, wie das funktioniert. Überzeugte "Gläubige" gab es da verschwindend wenige, wohl aber opportunistische Feiglinge, die einfach überall da Kompromisse machten, wo es für das private Fortkommen nützlich erschien. Der Staat propagierte die "Jugendweihe", für Konfirmanden waren diffuse (wirklich nur diffuse) Schwierigkeiten beim Berufsweg zu erwarten. Hingegen belohnte es der Staat, wenn auch Kirchenmitglieder ihre Kinder zuerst zur Jugendweihe, ein Jahr später dann zur Konfirmation schickten.
Sehr, sehr viele verhielten sich opportunistisch und machten dem Staat dieses "kleine" Zugeständnis - gegen ihre Überzeugungen. Genauso taten sie es an vielen anderen Punkten. Mitglied in den Pioniern? ok, was solls, FDJ - na gut, muß eben sein, sonst könnte es Nachteile geben, FDGB - muß eben sein, usw. usw. Doch diese vermeintlich kleinen Zugeständnisse korrumpieren und bereiten den Weg für die größeren Lügen und für Selbstverpflichtungen als IM und ähnliches.
Ich denke, wenn unsere Vorfahren später entschuldigend sagten, man "wäre da eben so reingeraten", dann - haben sie recht. Zumal rein ideologisch gesehen die Politik der Nazis in den Anfangsjahren noch weit, weit mehr den üblichen, verbreiteten politischen Ansichten der Bevölkerung entsprach als es zB zu DDR-Zeiten mit dem Sozialismus der Fall war. Außerdem sprachen ja die Erfolge schlicht für sich. Man konnte sich sehr guiten Gewissens der "Bewegung" anschließen - weil es eine Bewegung der Reformen, des Aufbruchs, der Moderne und des Fortschritts war. Die kleinen Fehler (Kommunisten- und Judenhatz) nahm man opportunistisch mit in Kauf, das würde sich schon auswachsen.
Diese Deutung, die ich hier bringe, ist ja nicht neu. Ich denke, sie trifft zu. Und ich denke, wir Heutigen sind noch ebensolche Opportunisten (man nennt es heute eben "politisch korrekt") wie die Vorfahren es waren.
MfG
Thanatos --
Unmögliches erledigen wir sofort.
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