Es fällt mir schwer, der Diskussion hier zu folgen, ohne entweder ein aggressives Posting zu verfassen, welches mit Sicherheit gegen die Forumsregeln verstoßen würde, oder aber mich aus einem bisher doch sehr erfreulich positiv vom deutschen Mainstream abhebenden Blog und Forum still und leise resigniert abzuwenden. Vielleicht gelingt es mir aber einen für mich selbst akzeptablen Mittelweg zu finden, indem ich einfach mal ein paar Fragen in den Raum stelle, die mein Dilemma mit der deutschen "Aufarbeitung" verdeutlichen:
- Wieso stellt ein Nachkomme der Täter eben diese als geschundene Generationen dar? Wo bleiben da die Opfer dieser Generationen?
- Wieso gedenkt man regelmäßig den Männern des 20. Juli, deren primäres Ziel es war, den Untergang Deutschlands zu verhindern, denen die Opfer Deutschlands aber ziemlich egal waren?
- Warum liefert eine Google-Suche nach "Oskar-Schindler-Strasse" nur 29.300 Treffer, eine Suche nach "Rosa-Luxemburg-Strasse" 389.000 Treffer? Wo ist die wiederkehrende Anerkennung all der namenloser Helfer verfolgter Juden im 3. Reich?
- Warum wurden Filme wie z.B. Schindlers Liste nicht in Deutschland realisiert?
- Warum sind die drei erfolgreichsten deutschen Filme über den 2. WK alles nur Filme, die sich mit den Deutschen beschäftigen und die Opfer in diesen Filmen zum Großteil nur Deutsche, die von der wahnsinnigen Führung verheizt wurden (Das Boot, Stalingrad, Der Untergang). Wo bleiben die Filme über die Opfer?
- Bei jeder (strafrechtlichen) Aufarbeitung von Verbrechen ist u.a. die Frage der Reue des Täters elementar bei der Beurteilung des Verbrechens und der Bestrafung der Täter. Nun kann man auf zwei Arten bereuen. Ich bereue meine Tat, weil ihre Konsequenzen Nachteile für mich mit sich bringen oder ich bereue die Tat, weil ich erkenne, welches Leid ich über die Opfer gebracht habe. Im Aufarbeiten der ersten Art von Reue sind die Deutschen Weltmeister, man sieht auch an diesem Thread wieder einmal exemplarisch, das die zweite Art nicht existent ist. Warum sollte man den Deutschen dann abkaufen, dass sie ihre Lektion wirklich gelernt haben?
- Warum beharren Deutsche nur bei der Aufarbeitung des dritten Reiches so sehr auf der Position der "Individuellen Schuld"? Im sonstigen Alltag höre und lese ich pausenlos kollektive Schuldzuweisungen durch Deutsche Individuen (Heuschrecken, Spekulanten, Kapitalisten, Großfinanz, Amis, Israelis, Lobbyisten, Politiker, etc.). Müssten da nicht gerade Deutsche mit ihren Schuldzuweisungen differenzierter sein und nur dann von Schuldigen sprechen, wenn diese auch individuell benennbar sind? Es ist schon interessant zu sehen, dass in Deutschland privates wirtschaftliches Scheitern sozialisiert und moralisches Scheitern gerade auf gesellschaftlich-politischer Ebene privatisiert wird.
Einzig eine ironische Wendung lässt mich manchmal innerlich Lachen. Die Deutschen wollten die Herren der Welt sein und fühlten sich den Juden so überlegen, dass sie sie ausrotten wollten. Jetzt erlitten sie deshalb für einige Jahrzehnte das Schicksal, das vorher so nur die Juden für Jahrtausende kannten - die Parias der Welt zu sein. Ein Spaß zu sehen, wie gut die Herrenrasse damit klar kommt...
Gruß David ---------------------------------------------------- "Those who would give up essential Liberty to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety." - Benjamin Franklin
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