Zitat Was mich interessieren würde: Sie zitieren die Genesis. Wie ist es aber in der Kirchengeschichte, in der christlich geprägten Tradition? Hat es jemals, in irgendeiner christlichen Strömung, eine solche Naturvergötterung gegeben, wie sie heute die GrünChristInnen als nachgerade selbstverständlich christlich ansehen?
Gute Frage. Ich glaube: Nein. (Allerdings ist es schlechterdings nicht möglich, einen kompletten Übeblick über die Kulturgeschichte der letzten zwei Jahrtausende zu haben. Vielleicht übersehe ich da etwas).
Natürlich gab es im Abendland immer wieder gewisse Strömungen der Naturverehrung (im Barock, im Sturm und Drang, in der Romantik, selbst im Nationalsozialismus). Diese Strömungen waren aber nicht in erster Linie christlich fundiert. Bestenfalls so wie Sie geschrieben haben: die wunderbare Natur als Gottesbeweis. Aber nicht als Wert an sich. Im Nationalsozialismus (und wohl auch schon bei Rousseau und vielleicht auch im Sturm und Drang) war die Tendenz sogar eher, eine Art Naturreligion als Gegenstück zum christlichen Gott zu etablieren.
Aber nun meine Idee:
Es gibt glaube ich dennoch ein christliches Prinzip, auf dem die derzeitige Religion der Naturbewahrung basiert. Und zwar das Prinzip Barmherzigkeit, bzw. der Schutz des Schwächeren. Die Natur wird heutzutage als dem Menschen unterlegen wahrgenommen - also ist es christlich geboten, sich auf ihre Seite zu stellen.
Dies ist deshalb ein neues Phänomen, weil bis vor wenigen Jahrzehnten die Natur noch unbezwingbar und als Bedrohung empfunden wurde. Entsprechend gab es für den guten Christenmenschen keine Veranlassung, für den Schutz der Natur einzutreten.
Ist das soweit plausibel?
Wenn man nun weiter darüber nachdenkt: Bis zu diesem logischen Schritt, ist das alles ganz vernünftig. Und auch symphatisch (auch mir persönlich symphatisch). Problematisch ist nun allerdings der häufig vollzogene nächste Schritt: dem Schwächeren wird eine überlegene Moral unterstellt. Nicht nur, dass es moralisch geboten ist, ihm zu helfen. Nein: Er selbst ist moralisch dem Stärkeren überlegen. Hier also: Die Natur wird moralisch überhöht. Sie ist das Gute. Der Mensch ist das Böse. Und dieser zweite Schritt ist genaugenommen eben ethisch (und auch christlich) nichtzu begründen. Er wird aber unbewusst gemacht und damit gerät man in gefährliches Fahrwasser: Wenn "die Menschheit" weniger "gut" ist als die Natur, dann hat letztere im Konfliktfall immer Vorrang. Dann dürfen plötzlich keine Abwägungen mehr getroffen werden. Und dann haben wir sie: die "Vergöttlichung" der Natur.
PS: Dieser fatale Mechanismus, greift auch in anderen Bereichen immer wieder. Im Nahostkonflikt waren ganz zu Anfang die Juden die Schwächeren - und hatten die ungeteilte Symphatie des Westens. Seit sie erkennbar die militärisch Stärkeren sind, verlieren sie diese Symphatie gerade auch bei moralisch argumentierenden Linken. Und zwar - soweit meine Theorie - schlicht deshalb, weil es moralisch geboten erscheint, sich auf die Seite der Schwachen (d.h. hier der Palästinenser) zu stellen und weil damit implizit eine (durch keine Fakten wirklich zu begründende) moralische Aufwertung der Schwachen einhergeht.
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