Wenn diese Debatte geführt wird, dann meistens aus zwei Perspektiven. Täter und Staat. Man diskutiert über die Persönlichkeitsrechte, Menschenrechte und Freiheitsrechte des Täters und über die Rechte des Staates einen Täter zu erziehen oder die Allgemeinheit zu schützen. Was mir dabei untergeht ist ein etwas anderer Gesichtspunkt: Der der Gesellschaft und des abgetretenen Gewaltmonpols. Als Gesellschaft haben wir das Gewaltmonopol an den Staat abgetreten, es steht ihm keinesfalls natürlich zu, es ist ein Gesellschaftsvertrag, der dem Staat die Gewalt zuspricht, wofür er im Gegensatz aber auch für Sicherheit und Gerechtigkeit sorgen muss. Wenn solche Dinge wie der hier vorliegende Fall geschehen, dann versagt der Staat und sein juristisches System auf ganzer Linie. Und das stellt im Endeffekt auch den Staat in Frage. Mitte der siebziger Jahre rückte die Idee der Resozialisierung stärker in den Vordergrund der Justiz, wo es früher um Vergeltung und Schutz der Allgemeinheit ging (was es in vielen Staaten noch heute tut), rückte der Täter weiter in den Vordergrund. Als Idee war das sicher legitim, aber ebenso legitim ist es, zu erkennen, dass diese Idee bei Gewaltverbrechern voll in die Binsen gegangen ist. Über Ursachenforschung kann man jetzt lange streiten, nur bei der falschen Idee zu bleiben unterminiert deutlich auch unseren Rechtsstaat.
Verbrechen passieren. Gewaltverbrechen auch. Man kann niemandem in den Kopf schauen (dem Himmel sei dank). Ersttaten wird man vermutlich nie verhindern können. Aber Wiederholungstäter sind ein Zeichen einer versagenden Justiz. Kopf-ab-Justiz ist sicher mit Menschenrechten nicht vereinbar, keine Frage, auch wenn sie funktioniert. Aber die Kuschel-Justiz, die wir derzeit erleben mag mit Menschenrechten voll vereinbar sein, aber funktionieren tut sie nicht. Es wäre mal an der Zeit, dass die Juristen in sich gehen und sich mal etwas überlegen, das funktioniert, statt ewig weiter an einem gescheiterten System zu doktern. Wenn ein Ersttäter ein Verbrechen begeht, darf man sich fragen, warum der so malle im Kopf ist. Wenn ein Wiederholungstäter eine Tat begeht, darf man zurecht fragen, wieso das System so malle ist.
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