Zitat von Daniel I. Ich halte die ganze Debatte für etwas absurd. Unabhängig davon, was Broder, Sarrazin und Co. nun wirklich geschreiben haben und was Breivik für seine Zwecke auslegt: Die Verantwortung für die Tate liegen voll und ganz bei dem Amokläufer! Ich meine, selbst wenn irgend einer der Zitierten wirklch direkt zur Anwendung von Gewalt gegenüber Linken und Moslems aufgerufen hätte (was, soweit ich das beurteilen kann, nicht der Fall ist), die Entscheidung über die letztendliche Ausführung traf Breivik ganz alleine.
Genau das ist auch mein Problem, das ich hinsichtlich der Frage, ob es eine Mitverantwortung gibt, habe. Um es vorrauszuschicken, auch ich will nichts unterstellen, mir geht es um die letzte Konsequenz wenn man über Verantwortung redet. Sie ist m.E. der Preis der Freiheit, der häufig gerade den Menschen zu hoch ist, die die Freiheit als etwas Nebensächliches oder als den Luxus der Vermögenden ansehen; sie ist für sie etwas Materielles, weshalb sie meinen, Freiheit durch den umverteilenden Sozialstaat zu erreichen. Jeder soll/will Verantwortung übernehmen propagieren sie, aber nicht so sehr für sich, sondern vor allem für andere. Was hier zum Ausdruck kommt ist mehr als nur Altruismus, es ist die Theorie, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, die Theorie vom dialektischen Materialismus. Die Gesellschaft formt danach die Individuen. Freier Wille und Eigenverantwortung werden relativiert, das Individuum tritt zugunsten der Gesellschaft in den Hintergrund. Gibt es eine Mitverantwortung oder gar Verursachung ausserhalb des Täters, verschiebt sich die Last der Verantwortung. Vom Täter auf die Gesellschaft, auf den intellektuellen Scharfmacher an der Universität oder auf die Presse und die Bloggs. Der Täter gerät dabei ins Scheinwerferlicht, weil, in dem er Verantwortung los wird, er ein ganz klein wenig zum Opfer mutiert. Die Zuschauer oder die Gesellschaft, als die Empfänger eines Teils der Schuld des Täters, sind jetzt ein klein wenig mitverantwortlich und betonen unbewusst den "Opferteil" des Täters über, um ihre Mitverantwortung zu neutralisieren. Terroristen sind Fragen der Verantwortung und Freiheit egal, aber der Umgang mit ihnen hat Auswirkungen auf alle anderen Kriminellen und auch auf die gesetzestreuen Bürger. Für die anderen Kriminellen, in dem sie auf milde Strafen hoffen können durch eine m.E. fragwürdige Überbetonung des Resozialisierungszieles, und für die gesetzestreuen Bürger, in dem sie zu sehr bevormundet werden, vorausgesetzt man akzeptiert überhaupt irgendeine Art von Bevormundung. Weil Verantwortung und Freiheit so eng miteinander verknüpft sind, ist die Konsequenz auch eine Verschiebung der Freiheit vom Bürger auf den Staat. Deshalb werden Konservative wie Wolfgang Schäuble auch nicht müde immer wieder die Eigenverantwortung des Bürgers zu betonen. Nur hält es sie und die meisten Liberalen leider nicht davon ab, in kleinen Portionen Verantwortung vom Bürger auf den Staat zu verlagern, was eine Einschränkung der persönlichen Freiheit zur Folge hat.
Zitat von Zettel Wenn wir so nach "Verantwortung" fragen, dann meinen wir nicht Schuld, sondern Verursachung. Und in diesem Sinn kann man in der Tat die Frage aufwerfen, ob nicht bestimmte Politiker, ob nicht politische Autoren eine Mitverantwortung an terroristischen Anschlägen tragen.
Mir haben beide Teile ihres Kommentars, lieber Zettel, sehr gefallen und ich denke das die Linke den dialektischen Materialismus "gefressen" hat. Um so mehr würde es mich freuen von konservativer Seite nicht nur Bekenntnisse zur Eigenverantwortung zu vernehmen, sondern auch Taten.
Grüße Erling Plaethe
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