Zitat von isildur Mit sozial benachteiligt hat das auch nichts zu tun, nach BBC Interviews trugen viele Markenklamotten und guckten auf ihren iPhones. Geistig mögen manche vielleicht benachteiligt sein, aber da kann der Staat nichts zu.
Ich finde es, lieber isildur, bemerkenswert, wie schnell vorgebliche Experten mit ihren Erklärungen zur Hand sind. Es sind in solchen Fällen immer dieselben Klischees; und Belege dafür daß diese Klischees stimmen, werden im allgemeinen auch nicht ansatzweise geliefert. Es ist wissenschaftlicher Aberglaube.
Repräsentativ für das, was ich heute in den deutschen Medien lese, ist dieser Artikel in der SZ. Schon die Überschrift gibt die Erklärung bekannt: "Abfuhr der Abgehängten". Im Text heißt es dann zum Beispiel: Zitat Für den Soziologen Paul Bagguley von der Universität Leeds wurzelt die Gewaltorgie in einer "biographical availability", einer "biografischen Verfügbarkeit": Ohne Job würden die Leute häufiger auf der Straßen herumlungern, sagt Bagguley, und außerdem gebe es einfach viel mehr attraktive tragbare Konsumgüter als jemals zuvor - eine mächtige Motivation für eine Generation, die von Konsum geprägt und von "Werbung bombardiert" wird, wie es Pitts beschreibt.
Die drastische Sparpolitik der Regierung von Premierminister David Cameron verschärft die Lage in den sozialen Brennpunkten zusätzlich: Bis 2015 sollen die Ausgaben um 91 Milliarden Euro gekürzt werden - vor allem im Sozialbereich: Kindergeld, Betreuungsgeld, Wohnzuschüsse, Steuererleichterungen für Familien werden zusammengestrichen.
Warum diese Bedingungen, die es ja nun überall gibt, zu Kriminalität führen, wird gar nicht erst erörtert - die jungen Leute lungern herum, sehen die schönen Konsumgüter, also stehlen und plündern sie. Ja, wieso denn nicht? scheinen diese Soziologen zu denken.
Ja, wieso denn? sollten sie aber fragen.
Ich habe mir das damals etwas genauer angesehen, als dieselbe Art von "Unruhen" in der banlieue französischer Städte auftrat. Dort waren die Täter fast ausnahmslos bandemäßig organisierte Kriminelle, überwiegend mit satten Einkommen aus dem Drogenhandel.
Wenn sie solche Krawalle veranstalteten, dann taten sie es nach allem, was die Fakten hergeben, nicht aus Perspektivlosigkeit oder gar wegen Armut, sondern weil Randale Spaß macht und ein Superkick ist. Ersetzt manche Dosis Kokain oder Speed.
Die eigentlich interessante Frage ist aus meiner Sicht, wie es zu der Anomie kommt, der Gesetzlosigkeit, die sich in den betreffenden Milieus der Vorstädte ausbreitet. Es mangelt offenkundig an Erziehung zum gesetzestreuen Verhalten. Es fehlen die Vorbilder, die stabilen Wertesysteme, die Jugendliche brauchen.
Aber dieser Aspekt wird von Soziologen so gut wie nicht thematisiert, die von Marx her immer noch den Irrtum mit sich herumtragen, die Ökonomie sei das Entscheidende.
Herzlich, Zettel
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