Es wird nicht überraschen, daß ich das fundamental anders sehe.
Zuerst zu Poschardt
Zitat es fehlt der Respekt für eine Kanzlerin, die Tag und Nacht ohne Schonung der eigenen Physis versucht, mit der Währung die Fundamente unseres Wohlstands zu retten.
Aus meiner Sicht versucht sie Tag und Nacht die eigene Macht zu retten - und ruiniert dabei unseren Wohlstand (einen dreistelligen Milliardenbetrag zu versenken ist kein Pappenstiel). Von dieser Sicht aus gibt es nicht den mindesten Anlaß für irgendeinen Respekt.
Zitat In ihrer Regierungserklärung wählte Merkel einmal mehr den unpathetischen und sachlichen Ton.
Ich habe die Rede nicht gehört und auch den Text nirgends gefunden. Aber die bekannten Texte triefen nur von großem Pathos. Da wird nicht nur der Euro gerettet, da geht es angeblich um die Rettung Europas insgesamt. Während sachliche Begründungen abseits diffuser Katastrophenszenarien weiterhin fehlen.
Die fehlende Bereitschaft der Bundesregierung zu ehrlicher und sachlicher Argumentation ärgert mich inzwischen fast mehr als die Entscheidungen selber. So geht man als anständiger Politiker nicht mit den Bürgern um.
Zitat Der Euro und damit Europa befinden sich in einer außerordentlich schwierigen Lage.
Der Euro überhaupt nicht, daß ist eine grundlegende Propagandalüge, mit der die Regierungen von Anfang an die eigentlichen Probleme verschleiern wollen. Die Lage Europas ist dagegen in der Tat sehr schwierig. Wobei m. e. der größte Teil dieser Probleme erst durch die "Rettung" geschaffen wurde. Aus einer überschaubaren Schuldenkrise eines kleinen Landes (und einiger gefährdeter französischer Banken) wurde durch konsequent falsche Politik eine Riesenkrise gemacht.
Zitat Es ist eine Krise, in der es nicht nur um "die Finanzmärkte" oder "die Banken" geht, sondern auch um die politische Zukunft Europas, um die Sicherheit unserer Ersparnisse und nicht zuletzt um gesellschaftliche Stabilität.
Volle Zustimmung.
Zitat Niemand hat ein Patentrezept für den Ausweg aus dieser prekären Situation.
"Patentrezept" wäre ein hoher Anspruch, das gibt es in der Realität eigentlich nicht. Aber bessere Rezepte wurden seit Anfang 2010 angeboten - aber aus innenpolitischen Gründen verschmäht.
Zitat In einer solchen Lage kann man von den Verantwortlichen in den Regierungen erwarten, daß sie die Gegebenheiten nüchtern analysieren und alles daransetzen, auf der Grundlage ihrer Analysen zu dem bestmöglichen - also dem am wenigsten schlechten - Ergebnis zu kommen.
Kann man erwarten - ist aber selten der Fall. Aus diversen Erfahrungen mit Politik muß ich leider sagen: Den Akteuren geht es sehr oft fast nicht um die gute Lösung. Sondern darum, sich beim Entscheidungsprozeß gut zu verkaufen, ihre eigene Position zu stärken, und insbesondere immer darauf zu achten, daß man nie als Schuldiger dasteht.
Das ist auch das Hauptmotiv der Entwicklung seit Frühjahr 2010. Das ursprüngliche Garantiepaket für Griechenland war zwar ein massiver Vertragsbruch, aber vom Volumen her überschaubar. Das hat man halt mal gemacht, um die Probleme etwas nach hinten zu schieben. Und dann mußten die Akteure überrascht feststellen, daß die Kritiker recht hatten: Die Maßnahme war völlig untauglich und schon kurze Zeit später lief die Lage wieder aus dem Ruder. Also mußte - nur um zu verdecken, daß man einen Fehler gemacht hatte - der nächste Fehler nachgeschoben werden.
Im Prinzip lagen schon zu Anfang der Krise alle wesentlichen Fakten auf dem Tisch. Die Entwicklung der Krise hat nichts mit neuen Sachlagen zu tun, sondern mit politischem Unvermögen, die Grenzen von finanzpolitischen Tricks zu erkennen.
Man muß sich doch mal klar machen: Gerade vor zwei Wochen hat der Bundestag die Ausweitung auf 211 Milliarden beschlossen. Mit heiligen Schwüren der Bundesregierung, einen Hebel würde keinesfalls geben. Und schon gestern war das alles Makulatur. Das hat nichts damit zu tun, daß zwischenzeitlich etwas Neues bekannt geworden wäre.
Merkel wird auch mit diesem Hebel scheitern. Sie wird dann das ESM nachschieben wollen und damit scheitern. Je länger sie agiert, desto größer wird die Blase und desto teurer wird das unvermeidliche Platzen.
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