Zitat von Zettel Ich weiß nicht, lieber Gorgasal, wie oft Sie schon an Verhandlungen teilgenommen haben, welcher Art auch immer. Ich habe das ziemlich oft gemacht.
Ich auch. Kein Big Business, bestimmt zwei Zehnerpotenzen unter ihrem Level. Aber es geht um Beträge, mit denen man als Normalverdiener privat nicht umgeht. Man tut gut daran, die Verhandlung ordentlich vorzubereiten. Wenn möglich, sollte man schon in der Anfrage-/Angebotsphase Sackgassen, Tarnungen, Ablenkfütterungen und Pufferzonen anlegen.
Sicher ist sich hier jeder bewusst, dass Verhandeln auf hoher Ebene um einiges stressiger ist. Dauerdruck der Pressure-Groups, Feuer von allen Seiten. Das Pflichtmeckern der politischen Opposition rausgerechnet, würde kein normaler Mensch der Kanzlerin Tricksen, Täuschen und Schlitzohrigkeit vorwerfen, wenn nur das Ergebnis stimmte. Bismarck, wie man liest, hat es mit der Wahrheit nicht sonderlich ernst genommen. Trotzdem haben die Deutschen das Land mit Bismarckdenkmälern zugepflastert.
Ob die Deutschen Merkel ein Denkmal setzen werden? Werfen wir einen Blick auf ihre Ergebnisse.
Am 22.11.2005 wurde Merkel Kanzlerin. Mitte Dezember gabs wieder mal einen EU-Gipfel, in dem sich wieder mal alle ordentlich verkracht hatten. Dann kam die Amazone und auf wundersame Weise war der gordischen Knoten gelöst. Was für eine Tat. Da schallt ihr das Lob aus jedem Munde … , die Pragmatikerin, die sich nicht in das helle Licht der Kameras stellt, sondern selber pragmatisch nach einer Lösung sucht. Wie hat sie das nur hingekriegt? Ein paar Tage später sickerte es durch. Sie hat den deutschen EU-Nettobeitrag mit leichter Hand um knapp 2 Milliarden Euro auf 10,4 Milliarden Euro jährlich angehoben.
Bis 2006 war das deutsche Bankensystem ziemlich bieder und damit wenig störanfällig. Aber muss das so bleiben? Merkel hat diese Schwäche erkannt und einen neuen Erfolg ausgehandelt. Sämtliche noch bestehenden Einschränkungen für den Handel mit Buntpapier wurden beseitigt, die Bankenaufsicht gelockert. Als der Schwindel zwei Jahre später aufflog, wurden Rettungspakete geschnürt und Rettungsschirme aufgespannt. Fachkundige Kommentatoren schätzen den Schaden auf eine halbe Billion. Genaues weiß man nicht. Vielleicht wollen wir auch gar nicht wissen, mit welchem Betrag die „other assets“ in den Bilanzen der Staatsbanken laufen.
Nunmehr hat die Eurokrise die Bankenkrise abgelöst. Wieder werden Rettungspakete geschnürt und Rettungsschirme aufgespannt. Im Unterschied zum letzten Mal ist heute der Schaden recht gut vorhersehbar: 559.000.000.000€.
Vielleicht sind Merkels Verhandlungen erfolgreich. Fragt sich nur für wen.
Zitat von Zettel Noch vor ein paar Wochen beispielsweise war sie mit ihrem Vorschlag, die Banken an dem Rettungsschirm zu beteiligen, auf glatte Ablehnung fast überall in Europa gestoßen; am stärksten in Frankreich. Jetzt werden die Banken in einem Maß zur Kasse gebeten, das man sich damals kaum vorstellen konnte. Ein großer deutscher Erfolg.
Wirklich? Was wäre eigentlich passiert, wenn Merkel nicht verhandelt hätte? Der Markt und die allgemeinen Gesetze hätten die Sache zu Ende geführt. Die Banken wären dann nicht in einem Maß zu Kasse gebeten worden, sondern hätten 100% geschluckt. Zum Glück wurde das abgewendet. Nunmehr werden nicht nur die Banken, sondern auch die Steuerzahler in einem Maß zur Kasse gebeten. Schön, wie sie („Schaden von französischen Banken abzuwenden“) den Amtseid erfüllt.
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