Die Financial Times Deutschland meldet am 03.11.11 "Euro-Retter zwingen Papandreou zum Verzicht auf Volksentscheid". Dem ging das praktische Ende der Regierung Papandreou voraus und die Ankündigung der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit unter dem Dach einer großen Koalition. Am 11.10.11 zerbrach in der Slowakei die Regierung, weil der kleinere Koalitionspartner nicht bereit war, dem EFSF zuzustimmen. Es gab eine zweite Abstimmung - und eine große Koalition.
Keine Frage, die Lage ist ernst. Nahezu alle Wirtschaftsjournalisten und Experten sind sich einig über die Gefahr einer großen Depression. Aber nach und nach wird klar, was mit Durchgriffsrechten gemeint sein kann wenn Regierungen derart massiv unter Druck gesetzt werden, dass sie sich notfalls auflösen müssen, um Abstimmungsergebnisse im Sinne der EU-Institutionen zu erzielen oder vom Regierungschef angekündigte Abstimmungen wieder abgesagt werden. Es sind die ersten Schritte eines neuen Europa dass durch Zwang zusammengehalten wird. Sollte ein Land ausscheren wollen, hat es derart einschneidende ökonomische Konsequenzen zu fürchten, dass sich immer ordnungs- und sozialpolitisch begründete Loyalitäten finden, die dem interventionistischen Obrigkeitsstaat EU zum Durchbruch verhelfen. Da alle Mitglieder dieser Schicksalsgemeinschaft viel zu verlieren haben, entsteht auch noch ein Gruppenzwang dessen beherrschendes Grundgefühl die Angst um das Wohl eines jeden Staates ist. Der sich auftürmende Schuldenberg wird dieses Gefühl tragen und der für Prosperität und Kreativität nötigen Freiheit den Raum nehmen, den die Angst für sich beansprucht und dem Ausweg aus der Krise den Weg verbaut.
Betrachtet man die Entscheidungsfindungen in der Euro-Krise, fällt auf, dass vom europäischen Parlament wenig bis nichts zu vernehmen ist. Die Exekutive handelt, die Zeit drängt und allenthalben bestimmt der Konsens das vermittelte Bild. Nächtelange Sitzungen wie man sie hierzulande von Tarifverhandlungen kennt, werden geprägt von zwei Personen. Den Regierungsschefs von Frankreich und Deutschland. Diese beiden Länder dominieren die EU, nichts geht ohne sie und alles wenn sie sich einig sind. Das hat zwar den Vorteil einer relativ zügigen Entscheidungsfindung aber es ändert nichts an der Tatsache, dass Nicolas Sarkozy und Angela Merkel von ihren nationalen Parlamenten gewählt wurden, aber Politik für ganz Europa gestalten. Ihnen fehlt hierfür die Legitimation.
Und einem immer zentralistischeren Europa fehlen Institutionen die eigenständig und im Wettbewerb mit den nationalen Regierungen entscheiden. Diese demokratischen Defizite in der Gewaltenteilung der EU müssen abgebaut werden und es stellt sich die Frage, wieso das Interesse sie von Beginn an billigend in Kauf genommen zu haben, so groß war und nach wie vor ist. Wenn Europa scheitert, dann an seinem Demokratiedefizit. Viele Grüße, Erling Plaethe
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