Zitat
Erst Berlin,dann Bremen,dann die großen Kommunen im Ruhrgebiet,dann Offenbach,Mannheim usw.Die Infrastruktur wird zerbröseln. Die Gründe sind vielfältig aber erkennbar.Die Geschwindigkeit wird allerdings noch mächtig zunehmen.Die Demokratie frisst ihre Kinder.Die dekadent gewordenen westlichen Gesellschaften spielen lustig mit.Fin de siecle.
Eher weniger. Der Topos ist auch schon älter. Ein literarischer locus classicus dafür ist Roberto Vaccas "La morte di megalopoli" von 1974; Umberto Eco hat das Buch als Ausgangpunkt für seinen bescheidenen Vorschlag "Auf dem Wege zu einem neuen Mittelalter" genommen; in der deutschsprachigen SF, die sich für gehaltvoll hielt (doch, das gab's mal) haben sich Carl Amery, Georg Zauner und Wolfgang Jeschke vor gut 30 Jahren explizit auf das dort ausgemalte "Auseinanderfallen der Megamaschine", wie Lewis Mumford das genannt hat, bezogen. Einige kritische Zeitgenossen sahen sich bestätigt, als sich herumsprach, daß für eine ganze Reihe "Zukünfte in Trümmern" mit dem Schauplatz New York gar keine Kulissen benötigt wurden, sondern man an realen Drehorten gefilmt hatte (bekanntestes Beispiel ist John Carpenters "Escape from New York"/"Die Klapperschlange", 1981). Werner Reith hat das 1982 bei Wagenbach in "Das verlassene Imperium" aufs römische Reich und sein Ende projiziert und seinen Lesern zur Nachahmung ans Herz gelegt. Er dachte da wohl an die der Zivilisation überdrüssigen Gutsbesitzer, die sich lieber an Tusculanischen Disputationen im Wendtland erbauten, statt "in Ronnies letztem Film die Indianer" zu spielen.
Das ist freilich nur die neueste Walzerrunde des "Wo itzund Städte stehn, wird eine Wiese sein/Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden". Für die literarische Moderne geht das mit Richard Jefferies' "After London", 1884, los und gibt seitdem einen basso ostinato zum immer aufs neue perhorreszierten "Fortschrittsoptimismus" ab; seit etwa Mitte der 70er Jahre überwiegt diese Mollgestimmtheit; und seit gut 25 Jahren gibt es so gut wie keine andere Tonlage im Angebot an Zukunftsbildern (für "richtigeLiteratur" zeigen Margaret Atwoods "Der Report der Magd" und Grassens "Die Rättin" vollausgebildete Symptome, bei der Jugendindoktrination Gudrun Pausewang). So richtig macht dieses Getue schon lange keinen Spaß mehr; und was besonders nervt, ist, daß jeder dieser taubblinden Grantscherben sich für die einzige Kassandra hält und den Rest der Blauäugigkeit zeiht. Die Wirklichkeit hält sich da eher an G. K. Chesterton: "The human race, to which so many of my readers belong, has been playing at children's games from the beginning, and will probably do it till the end, which is a nuisance for the few people who grow up. And one of the games to which it is most attached is called "Keep to-morrow dark," and which is also named (by the rustics in Shropshire, I have no doubt) "Cheat the Prophet." The players listen very carefully and respectfully to all that the clever men have to say about what is to happen in the next generation. The players then wait until all the clever men are dead, and bury them nicely. They then go and do something else. That is all. For a race of simple tastes, however, it is great fun. "For human beings, being children, have the childish wilfulness and the childish secrecy. And they never have from the beginning of the world done what the wise men have seen to be inevitable. They stoned the false prophets, it is said; but they could have stoned true prophets with a greater and juster enjoyment. Individually, men may present a more or less rational appearance, eating, sleeping, and scheming. But humanity as a whole is changeful, mystical, fickle, delightful. Men are men, but Man is a woman." (The Napoleon of Notting Hill, 1904)
|