Zitat von Tischler leider kann ich nicht mit seriosem statistischen Material aufwarten, aber ist denn der von Ihnen genannte Senatspräsident wirklich beispielgebend für das gros der französichen Einwanderer?
Nicht beispielgebend, aber bezeichnend, lieber Tischler.
Daß Frankeich eine ganz andere Assimilationspolitik hat als Deutschland, hat verschiedene Gründe, die ich teilweise schon genannt habe:
- die koloniale Vergangenheit. Wobei "kolonial" es nicht genau trifft. Frankreich versteht sich als eine multiethnische Nation; eine Nation, die durch die gemeinsamen republikanischen Werte konstituiert und zusammengehalten wird, nicht durch die Herkunft. Algerien war bekanntlich bis zu seiner Unabhängigkeit 1962 keine Kolonie, sondern es bestand lange Zeit aus drei ganz normalen französischen départements - 92 Oran, 93 Constantine, 94 Territoires du Sud. Ab Mitte der fünfziger Jahre fanden dann verschiedene Reorganisationen statt; im Jahr 1962 gab es auf dem Gebiet des heutigen Algerien 15 départements. Auch jetzt hat Frankreich noch überseeische départements und Territorien (DOM-TOM); die Bürger der DOM genießen volle französische Bürgerrechte.
- der Laizismus. Es gibt in Frankreich eine strikte Trennung von Staat und Religion. Der Staat behandelt alle Religionen gleich und verlangt von den Angehörigen aller Religionen Zurückhaltung im öffentlichen Leben. Parallel zum Kopftuchverbot gibt es zum Beispiel in französischen Schulen das Verbot, auffällige christliche oder jüdische Symbole zu tragen.
- das droit du sol. Franzose ist, wer in Frankreich geboren wurde, ohne Rücksicht auf seine Abstammung.
Zitat von Tischler Oder ist er der übliche vorzeige Einwanderer, wie auch bei uns die erfolgreiche türkischstämmige Journalistin von Talkshow zu Talkshow reist und die unzähligen ´abgebrochenen´ Hauptschüler ohne Ausbildung dadurch verdeckt werden.
Nein.
Sie können auch in Deutschland über Satellit etlich französische TV-Sender sehen, nämlich das französische Programm von ARTE, LCP, France24, NRJ Paris, Direct 8 TV, TV5 Monde und TV5 Europa (die letzten beiden enthalten auch Programme aus anderen frankophonen Ländern). Sie können sich dort davon überzeugen, wie groß der Anteil von Franzosen nordafrikanischer, schwarzafrikanischer und karibischer Herkunft ist - bei den Journalisten, bei den Gästen der Talkrunden, auch bei den Kandidaten von Quizsendungen usw.
Es gibt, wie schon geschrieben, das Problem der banlieue. Aber es ist überwiegend ein soziales und erst in zweiter Linie ein ethnisches Problem; noch weniger ein religiöses (ein erheblicher Teil der Einwanderer sind Christen aus Schwarzafrika).
Für dieses soziale Problem gibt es verschiedene Ursachen: Den generell schlechteren Zustand der französischen im Vergleich zur deutschen Wirtschaft mit der Folge einer hohen Dauerarbeitslosigkeit; die sozialistisch-kommunistische Regierungszeit, in der wirtschaftsfeindliche Gesetze wie die obligatorische 35-Stundenwoche verabschiedet wurden; die etatistische Verkrustung mit ihrem Zentralismus, der die Lösung regionaler und lokaler Probleme unglaublich erschwert. Hinzu kommt die Urbanisierungspolitik à la DDR, durch die riesige Plattenbausiedlungen rund um die großen Städte entstanden, die jetzt Ghettos von Einwanderern geworden sind.
Herzlich, Zettel
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