Im Englischen bezeichnet man diese Art von Stöhr'schem "Vorpass" gemeinhin als Malapropismus, nach Thomas Sheridans Mrs. Malaprop: http://en.wikipedia.org/wiki/Malapropism Zwischenstufen zwischen dem formalen Sie und dem informellen Du sind in der Praxis natürlich gängig: Zwischen Kollegen im Büro z.B. das Sie mit Vorname. Das Medium spielt auch hinein: im E-Mail-Verkehr (teilweise geht es dort aber auch formeller zu als in persönlichen Umgang); auch an elektonischen Schwarzen Brettern. Für Übersetzer (von Literatur) kann das Probleme geben: Erinnerlich ist mir eine Lesung von Harry Mulisch (der, wegen seines deutschen Vaters, ein besseres Deutsch sprach als das versammelte Publikum) aus dem Anfang der "Entdeckung des Himmels", in dem die schon studierenden Kinder der Amsterdamer Patrizierfamilen - noch Anfang der 60er Jahre - ihre Eltern selbstverständlich siezen (dem französischen Vorbild entsprechend); es entspricht der Vorlage und womöglich auch der Wirklichkeit, aber für den hiesigen Leser eine leichte Irritation.
Ein tangentiales Thema in Sachen Anredekonventionen wäre die Frage, warum das Deutsche - als einzige Sprache, die mir untergekommen ist - sich darauf kapriziert hat, ausgerechnet die dritte Person Plural als formales Anredepronomen zu verwenden. Als Muttersprachler fällt es einem ja nicht auf; wenn man's 1 zu 1 überträgt, wird es recht bizarr sichtbar: Statt "will you have tea?" dann etwa "will they have tea? Of nemen ze koffie [statt: neemt u]? Sont-ils decide?" (Wenn man als Fremdsprachler Deutsch lernt, dürfte das schnell unsichtbar werden; zunächst aber recht gewöhnungsbedürftig sein.) Begründet wird das mit den verschiedenen Sprachebenen und dem Changieren zwischen Luther- und Goethezeit, aber solche vermeintlich sprachgeschichtlichen Herleitungen sollte man wohl cum grano salis nehmen. (Warum gibt es in keiner anderen Sprache - auch nicht im Niederländischen oder den Skandinavischen Sprachen, die hier ja sehr nahe liegen, Ähnliches?)
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