Zitat von lois jane
Aber jene - und ja, es gibt sie - die schnell den Vorwurf "Antisemitismus!" parat haben, wenn es gegen Israel geht, erweisen diesem tapferen Land damit einen Bärendienst. Im Gegenzug wird dann Geschreibsel wie das Grassens zu "Israelkritik" aufgewertet - nein, das Ganze ist so schlecht und v.a. so dumm, daß es noch nicht mal Kritik ist.
Es ist wahr, es gibt sie (ich bin auch so einer, obwohl der "Vorwurf" meist in meinem Kopf bleibt). Ihnen ist zu verdanken das es früherer Euphemismus der sich Antizionistisch nannte, heute deutlich schwerer hat. Der Antisemitismus hat sich gewandelt. Er tritt nicht mehr in offenem Judenhass auf, sondern als moralischer Richter über die Verteidigungspolitik eines Staates der seit 1948 im Kriegszustand leben muss, weil seine Nachbarn das fortführen wollen, was in Deutschland mit der Endlösung der Judenfrage begann. Warum also der Eindruck entsteht der Begriff des Antisemitismus wird überkompensiert wie manch anderer, vor allem von Linken vereinnahmter Begriff, ergibt sich aus seiner Bedeutung. Ein Antisemit kritisiert selten bestimmte Politiker oder Personen in Israel, wie es allgemein gegenüber europäischen Ländern üblich ist, nein, er klagt an. Und zwar Israel in seiner Gesamtheit, als Staat. So macht es Grass, so macht es Gabriel und so machen es alle Antisemiten auch außerhalb Deutschlands. Nebenbei bemerkt gehen Antiamerikaner genauso vor. Wäre der Staat Israel nicht tatsächlich so massiv bedroht und würde er nicht tatsächlich jeden Tag aufs neue mit Raketen angegriffen werden, könnte man diesen modernen Antisemitismus behandeln wie den Antiamerikanismus. Der moderne Antisemitismus ist keine deutsche Eigenart, sondern weltweit verbreitet. Der Publizist Henryk M. Broder hat im folgenden Essay die Unterschiede und Gefahren herausgearbeitet die den alten und den modernen Antisemitismus charakterisieren. Er und andere haben Deutschland keinen Bärendienst erwiesen sondern eine unangenehme und gern verdrängte Realität aus ihrem Versteck gezerrt: Das es viel mehr Menschen in Deutschland und Europa gibt, die Probleme mit Juden haben, als Springerstiefel die Strassen entlangmaschieren. Hier der Essay von Henryk M. Broder: http://www.welt.de/politik/article212393...uen-Gewand.html
Viele Grüße, Erling Plaethe
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