Zitat Aufgrund des vorgegebenen Zwanges zur "richtigen Interpretation", die sachlich und formal bewertet wird, wird der Schüler ja gerade daran gehindert, sich einen Geschmack und ein Urteilsvermögen aufzubauen, sondern muss dem Literaturverständnis von Lehrer und Kumikonferenz folgen.
Ich glaube nicht, dass das ein realistisches und verallgemeinerbares Bild von Deutschunterricht ist. Dass eine Interpretation auch formal bewertet wird (Gliederung, Strukturierung; Nennung der äußeren Merkmale eines Textes; Rechtschreibung), sollte leicht konsensfähig sein. Den Zwang zur "richtigen Interpretation" gibt es doch nur in dem Sinne, dass eine Interpretation zum Text passen und in sich logisch-stringent sein muss. WEnn jemand zu Gryphius, "Es ist alles eitel", auf die Idee kommt, Gryphius beklage die zunehmende Umweltverschmutzung, können wir uns hoffentlich auch einigen, dass das schlicht falsch ist. Aber ansonsten gibt es doch nicht die eine richtige Interpretation - es gibt Interpretationen, die zu dem Text passen, und solche, die eben nicht dazu passen. Darum geht es um Deutschunterricht, um logisches Denken und Argumentieren mit Texten.
Zitat Dieses Literaturverständnis ist in den allermeisten Fällen ein marxistisch-politisches, es wird so dargestellt, als ob es das einzig mögliche wäre.
Die meisten Alt-68er sind inzwischen in Pension; die alten Marxisten mögen in der ex-DDR noch den Ton angeben, das vermag ich nicht zu sagen. Aber ansonsten ist ihr Verdikt über den Deutschunterricht so nicht zutreffend, auch nicht, weil die Schüler ja auch mitdenken (hoffentlich).
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