Lieber Zettel,
zurecht betonen Sie, daß es sich um die WAHRNEHMUNG des Auslandes handelt. Die Wahrnehmung entspricht aber leider überhaupt nicht den Fakten. Frau Merkel erhielt während ihres Urlaubs im Jahr 2007 eine SMS des heutigen Bundesbankpräsidenten, in der er darauf hinwies, daß die IKB in Schwierigkeiten sei. Frau Merkel antwortete damals: Was ist "die IKB"?
Soviel zur ökonomischen Expertise von Frau Merkel.
Es geht also weniger darum, was Frau Merkel als ökonomischer Laie denkt. Wichtiger ist, wer ihre Berater sind. Und da fällt eben auf, daß Joe Ackermann, der seine Geburtstagsfeier im Kanzleramt ausgerichtet bekam, einer der Hauptverantwortlichen dafür ist, daß die toxischen, verbrieften, amerikanischen Immobilienkredite auf den europäischen und vor allem deutschen Markt kamen. Genau bei jenen Bankern und Ökonomen, die uns die Eurokrise maßgeblich eingebrockt haben, holt sich unsere Regierung aber Rat, während weitsichtige Ökonomen, die vor Jahren schon punktgenau prognostiziert hatten, daß der Euro in die Katastrophe führen wird, nie gehört wurden und selbst jetzt noch nicht gehört werden, wo sich die Richtigkeit ihrer Prognosen bewahrheitet hat.
Auch das gut beleumundete Bundesverfassungsgericht verstieg sich im Urteil gegen die Eurogegner zu der unverschämten und überheblichen Formulierung, das BVerfG sei nicht dazu da, die Richtigkeit ökonomischer Theorien zu überprüfen. Ja da fragt man sich doch, wenn dieser Spruchkörper unser Land nicht vor der größten ökonomischen Katastrophe seit dem Ende des 2. Weltkrieges bewahren konnte, wozu brauchen wir dann dieses Gericht überhaupt?
Wir sollten daher sehr genau unterscheiden zwischen der bloßen Wahrnehmung einer Majorität (die eigentlich sehr oft falsch ist und falsch liegt) und den Realitäten.
Die Wirtschaftspolitik Deutschlands ist ein Desaster, auch wenn wir uns sehr genau darüber im Klaren sein sollten, daß eine Regierung unter Beteiligung der SPD oder der Grünen noch viel schlimmere Fehler machen würde.
In der Tat sind die Machenschaften der EZB, die derzeit seitens unserer Regierung und der Bundesbank stillschweigend akzeptiert werden, verbrecherisch. Die gestern in Lauf gesetzte Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Bundesbank wegen gemeinschaftlich begangener Untreue ist zwar nur ein hilfloser Versuch, die Geisterfahrer zur Raison zu bringen aber immerhin müssen sich die Initiatoren später nicht vorhalten lassen, angesichts des Skandals untätig geblieben zu sein.
Mit freundlichem Gruß
Ernst R. Wenn alle Experten sich einig sind, ist Vorsicht geboten. Bertrand Russell (1872-1970)
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