Zitat von Hausmann Eine Frage am Rande, lieber Zettel!
Zitat Es fehlt in Frankreich einfach dieses romantische Verhältnis zur Natur...
Stimmt mein Eindruck, daß sich diese Einstellung auch auf die Kernenergie bezieht? Wenn ja: Gibt es dafür bestimmte Gründe, die Dynastie Curie vielleicht mit dem Radium-Institut, die eigenen Kernwaffen o.ä. Oder spielt dieser historische Hintergrund (den wir Deutschen bezüglich der Forschung eigentlich auch haben) nur eine Nebenrolle? Freundliche Grüße!
Da macht man ein Faß auf, dessen Inhalt für mehrere Dissertationen ausreicht. Es geht da nicht nur um das Verhältnis zur Natur, sondern zur Welt (also zur Phänomenologie) im Ganzen. Aus den französischen Bereich kann man dann beim "Konstrukt Natur" landen, das poststrukturell aussieht, aber viel von Descartes und seinem Programm hat; in der deutschen Tradition trifft man dann auf die Innerlichkeit, die man nicht seelenlos zerschnippeln sollte und von einer ziemlich weihevoll geprägten "Einheit" bestimmt wird, die man eher schaudernd erahnt als analysiert (bei Goethe findet sich das schon ganz ausgeprägt: wenn man mal die üble Polemik in der Farbenlehre abzieht, bleibt sas als Kern gegen "die ganze Richtung", für die für ihn Newton einsteht). Die Romantiker (die sonst ja nicht viel für Göthen übrighatten) konnten da nahtlos anschließen; der Monismus unter Haeckel auch. Wenn man bös' sein will, kann man einen Großteil der Biologie zwischen 1850 und 1950 darauf reduzieren, den Vitalismus irgendwie zu retten. Die radikale Schiene, zumeist recht brachial, ergibt sich dann aus der Frontstellung dagegen, zuerst im Materialismusstreit ab 1850 mit Büchner und Vogt: dahinter steht ein Ingenieurblick auf die Natur, der dann stolz darauf ist, nur Meßbares anzuerkennen (angestoßen ist das natürlich von Liebig, mit der Aussicht, alle biologischen Vorgänge aufs Chemische reduzieren zu können). Vielleicht kann man zugespitzt sagen, daß in Deutschland die "kalte" Ingenieurs-Schiene zwar vorhanden ist (inder Biologie z.B. bei Josef Reichholf), aber im öffentlichen Diskurs nicht präsent; in Frankreich die "warme" Bruder-Baum-Schule, wo sie denn auftaucht, sich eher auf die Ecken der Buchhandlungen beschränkt, wo die Tarotkarten und die Räucherstäbchen feilgeboten werden.
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