Zitat von Zettel Ich habe selten Umfragedaten so ungläubig gelesen wie die vom letzten Donnerstag und Freitag. Sarkozy hatte in dieser Woche nur Mißerfolge - die Stellungnahme Le Pens am Dienstag, der ausgebliebene Sieg am Mittwoch, die Stellungnahme Bayrous am Donnerstag.
Und das Ergebnis ist, daß Sarkozy am Freitag die besten Umfragewerte des ganzen Wahlkampfs hatte.
Daß sein Aufschwung - laut den sehr sorgfältigen Erhebungen von Ifop - ausschließlich den Frauen zu verdanken ist, scheint bisher noch nicht so recht in den Medien diskutiert zu werden.
Hollande hat Glück gehabt, vieles richtig gemacht und vor allem weniges falsch. Sein Glück ist natürlich der außerordentlich unbeliebte Präsident gewesen und die Tatsache, dass der Liebling der Umfragen sich im Endeffekt mit seinem Lebenswandel selber aus dem Rennen geschossen hat. Danach hat er relativ sicher gegen eine zu linke Gegenkandidatin die sozialistische Kandidatenkür für sich entschieden und in der aufziehenden Wahlkampagne - ungewöhnlich für einen Politiker - vor allem gewusst, wann es besser war, nichts zu sagen. Viele französische Freunde und Bekannte haben zwar beklagt, dass es im Wahlkampf kein großes Thema gab und im Prinzip keiner der beiden Parteien eines dieser berühmt berüchtigten, pathetischen projets hatte. Im Endeffekt war das aber genau richtig von Hollande. Gib dem unbeliebten Präsidenten nur genug Platz, sich in der Öffentlichkeit weiter zu demontieren und offeriere möglichst wenig Angriffsfläche. Es war ja auch Hollande, der nur eine Fernsehdebatte zwischen den Wahlgängen wollte. Gut gemacht. Man hat gesehen, dass er halbwegs in einer Fernsehdebatte mithalten konnte, aber geholfen hat ihm die Debatte sicher nicht. Bei den drei von Sarkozy gewünschten Debatten wäre es möglicherweise noch mal eng geworden. So konnte keiner sagen, er habe gekniffen und er hat sich auch noch einigermaßen vernünftig angestellt. Natürlich hatte er auch hier wiederum Glück, dass es keine Debatte vor dem ersten Wahlgang gab, weil man da wegen dem Grundsatz der égalité offenbar das gesamte Kandidatenfeld hätte einladen müssen.
Alles in allem ist Hollande in meinen Augen ein "président accidentel", ein Zufallspräsident, und sein ökonomisches Programm überzeugt nicht. Allerdings trifft der zweite Teil auch auf Mitterand 1981 zu, und der hatte dann wenigstens Format. Hoffen wir, dass das bei Hollande auch der Fall sein wird.
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