Zitat von Zettel im Beitrag #12 Lieber Herr,
Sie (und andere in diesem Thread) bestätigen das, was ich geschrieben habe: In diesem Punkt verläuft, wie beim Rauchen, eine Front durch Deutschland.
Ich glaube, ich habe noch nie einen so engagierten, einen so prononcierten Beitrag von Ihnen im kleinen Zimmer gelesen wie diesen (und habe Sie ja in letzter Zeit recht vermißt ). Ich antworte ebenso deutlich.
Zitat von Herr im Beitrag #2 Von daher begrüße ich eigentlich Regelungen, die uns als Menschen vor diesen oft genug unangenehmen, manchmal sogar gefährlichen Kreaturen schützen.
Diese Beschreibung von Hunden kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
Wer einen Hund in der Famlie hat und ihn vernünftig erzieht, der erlebt ein Familienmitglied. Nicht eine "unangenehme Kreatur", sondern ein Wesen, das sich in rund 100.000 Jahren, vielleicht auch weniger, dem Menschen so angepaßt hat, daß man einander versteht.
Wir Menschen unterscheiden uns vom Hund durch eine Evolution, die eine ungewöhnlich gute Handmotorik als Erbe der Brachiatoren, den aufrechten Gang als Adaption an die Savanne und in ihrem Gefolge eine ungewöhnliche Entwicklung des Cortex, vor allem des Frontalhirns hervorgebracht hat; auch des für die sensomotorische Feinkoordination zuständigen Cerebellum.
Ansonsten gibt es kaum Unterschiede. Da er ein sehr ähnliches Gehirn hat wie wir, empfindet der Hund auch wie wir. Als Rudeltier ist er ein ζῷον πολιτικόν wie wir, also ein Gemeinschaftswesen.
Jeder, der einen Hund hat und vernünftig mit ihm umgeht, weiß, daß der Hund die ganze Palette der menschlichen Emotionen besitzt. Er kann fröhlich sein und traurig, er kann Angst haben und liebevoll sein, stolz sein und demütig dann, wenn er gesündigt hat.
Haben Sie, lieber Herr, einmal einen Hund erlebt, der sich schämt, weil er gesündigt hat? Er wird dann buchstäblich ganz klein, indem er in die Knie geht. Das Haupt hängt, die Ohren, der Schwanz. Kein menschlicher Sünder kann so rührend eingestehen, daß er Unrecht getan hat.
Unser Hund kam kürzlich nachts aufgeregt in mein Zimmer. Ich habe seine Aufregung nicht verstanden, ihn gestreichelt und wieder weggeschickt. Er kam noch einmal; dasselbe. Dann bin ich schlafen gegangen. Es stellte sich heraus, daß er Durchfall gehabt hatte und in den Garten gelassen werden wollte. Ich hatte das nicht verstanden. Jetzt hatte er die Wohnung beschmutzt. Er war regelrecht verzweifelt, lag in Demutshaltung und ließ sich kaum trösten.
Bei unserem Hund ist mene Frau sein Mensch Nummer eins, dann komme ich erst. Wenn sie weg ist, dann legt er sich dorthin, von wo er das Auto sehen kann, wenn sie zurückkommt. Wenn sie überfällig ist, dann sitzt er. Wenn sie immer noch nicht da ist, dann kommt er irgendwann in mein Zimmer, weil er Trost in seinem Leid braucht. Wenn sie dann kommt, dann ist er aus dem Häuschen, führt einen Tanz auf, kann sich vor Glück nicht fassen.
Jetzt ist er alt und krank und wird nicht mehr lange leben. Wir freuen uns, wenn es ihm wieder einmal besser geht, und sind besorgt, wenn er schlapp wirkt, Schwierigkeiten beim Aufstehen hat. Auch wenn er Zeichen des Nachlassens seiner geistigen Fähigkeiten zeigt (er ist 13), zum Beispiel nicht auf Anhieb weiß, wo meine Frau in unserem ziemlich großen Haus gerade ist. Bisher brauchte ich ihn nur zu fragen. 
Wenn Sie - oder jemand anders - jetzt antworten sollten, das sei Anthropomorphisierung, Sentimentalität oder Ähnliches, dann würde ich allerdings massiv widersprechen.
Ich habe diese Arroganz, die uns Menschen als etwas Besonderes sieht, den anderen Lebewesen ungleich überlegen, nie verstanden. Wir sind Primaten, die eine Laune der Evolution mit einigen besonderen Fähigkeiten ausgestattet hat, so wie sie anderen einen undurchdringlichen Panzer oder superbe Flugeigenschaften verschafft hat.
Zu glauben, wir seien deshalb in unserem Fühlen, in unserer Leidensfähigkeit verschieden von den anderen Lebewesen mit einem ähnlichen Gehirn - also den höheren Säugetieren - ist, wissenschaftlich gesehen, Aberglaube. Und unter ethischem Gesichtspunkt kann ich es ebenfalls nicht nachvollziehen.
Ich sehe das ganz genau wie Sie, lieber Zettel.
Und die Geschichte von Ihrem Hund hat mich zutiefst berührt, da ich jedoch auf der Arbeit bin, muss ich mich zusammenreissen und die Tränen unterdrücken. Es freut mich für Sie und Ihren Hund, dass letzterer bei Ihnen ein hundewürdiges Leben gehabt hat.
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