Ich denke Eastwoods Rede ist ungewöhnlich für eine Parteitagsrede. Denn sie richtet sich weniger an die versammelten Parteimitglieder als an die politische Mitte. Statt die üblichen Lobhudeleien loszuwerden ("Wir sind die Tollsten, wir sind die Besten, wir haben die Antworten auf Alles.") richtet er sich eher an den normalen Amerikaner, der da keinesfalls so festgelegt ist und seine Entscheidung schon getroffen hat. Insofern ist die Rede ziemlich ansprechend.
Klar, sie ist davon geprägt das hier ein alter Mann spricht, der mehrmals über seine Formulierung stolpert. Und in der derzeit auf Schmierigkeit ausgelegten Kampagne aus dem Obama Lager mag das sich auch wunderbar als Ziel anbieten. Entscheidend ist aber was zwischen den Formulierungen steht. Was Eastwood aussagt. Und das ist im Kern ziemlich gut und auch ziemlich liberal gedacht (liberal im Sinne von Liberalismus und nicht im Sinne von Sozialdemokratie ala Obama). Politiker SIND Angestellte. Und wenn jemand seinen Job nicht macht, dann feuert man ihn (unabhängig von der Ausrichtung, die er vorgibt (was übrigens auch hervorragend nach Deutschland passt)). Und in der Tat ist ein Ökonom vermutlich erheblich besser geeignet als ein Jurist (Frotzeleien über Juristen sind in Amiland ja nun nicht gerade etwas ungewöhnliches, nebenbei gesprochen).
Eastwoods Rede hat wenig mit dem zu tun, was man heute mit Teleprompter, Redenschreiber und beherschter Körpersprache (hat da jemand Obama gesagt ?) alles erreichen kann. Und sie ist keine Lobhudelei. Und das macht sie gut. Es hebt sie ab. Und mir macht sie es sympathisch. Ich habe oft genaug dröhnend langweilige Reden auf Parteitagen ertragen müssen, die ewig die selbe Beweihräucherung enthalten, perfekt durchgestylt, kein Wort zuviel, keine Ecke, keine Kante. Mit einem Wort: Unerträglich. Gemessen daran war Eastwoods Rede vermutlich ziemlich mies. Aber wer sich das anhören will, der kann zum einen genug davon haben (es gibt davon jede Menge), zum anderen ist er bei Obamas Lager dann besser aufgehoben. Denn sinnlos daherschwafeln, ohne sich auch nur einen Funken um den Inhalt zu scheren, eklatantes Versagen als Erfolg zu verkaufen und pausenlos Versprechungen zu machen, die nie erfüllt werden, darin ist der derzeitige Präsident ziemlich unschlagbar.
Es ist ABSURD anzunehmen man könne die Demokraten derzeit mit ihrer perfekten Disziplin schlagen. Dafür wäre Romney auch der falsche Mann. Inhalte sind der einzige Weg, und die waren durchaus bei Eastwood vorhanden.
Übrigens wäre noch zu klären, ob die Demokraten den Ball wirklich aufnehmen. Es besteht nämlich durchaus ein Risiko darin. Romney ist eine gute Zielscheibe, weil der Durchschnittsamerikaner ihn nur als Politiker kennt. Eastwood ist ein liberaler Schauspieler (und begnadeter Regisseur) der zumindest einen gewissen Status geniesst. Sich jetzt öffentlich auf ihn einzuschiessen, sich womöglich über seine Sprache lustig zu machen, geht mit dem Risiko einher sich unsympathisch zu machen. Klar: Die echten Schmutzfinken vom Status "Huffington Post" werden das sicher antesten, aber ob die eigentliche Kampagne in die Richtung läuft, da wäre ich nicht so sicher. Man sollte eins bedenken: Eastwood hat Obama als Versager angegriffen (was dieser zweifelsfrei ist, das wissen auch die Wähler der Demokraten), er hat nicht den demokratischen Wähler an sich angegriffen. Da können sich viele noch mit den Gedankengängen von Eastwood identifizieren. Jetzt da Schmierenkampagnen zu fahren hat ein deutliches Risiko. Bei den überzeugten Obama-Wählern wäre das egal, bei Nicht-Überzeugten wäre die Situation eine andere.
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