Zitat von Blub im Beitrag #6 Bei alter Musik ist die normale Darbietung in heutiger perfekter Orchesterform sicher auch nicht authentisch und insofern modern verzerrrend. Das mag auch für Darstellungen im Theater gelten, wo Situation und Publikum vor über 100 Jahren sicher auch anders war.
Gewiß, lieber Blub. Eine absolut authentische Aufführung anzustreben wird immer nur eine, eine vielleicht seltene Variante sein. Ich habe einmal eine Molière-Aufführung gesehen, den Bourgeois gentilhomme, die sich um Authentizität bemüht hat. Das war schon sehr eigenartig; beispielsweise alle diese tänzerischen intermèdes, die Zwischenspiele, die damals dem aristokratischen Publikum zum Plaudern dienten, zum Besuch in anderen Logen usw.
Ebenso gibt es ja Orchester, die sich um eine Barock-Instrumentierung bemühen, die das Metronom an das damalige Tempo anpassen usw.
Dem als einem generellen Aufführungsprinzip rede ich ja nicht das Wort. Es soll interpretiert werden; es soll schon ein Stück mit heutigem Blick gesehen werden.
Aber es sollte eben der Blick auf den Text sein. Der gute Regisseur wird in dem Stück neue Aspekte, neue Facetten entdecken; so, wie man einen Roman immer wieder neu interpretieren kann, wenn er dazu den künstlerischen Reichtum hat.
Was ich kritisiere, ist der Usus, sich gar nicht um das Stück und dessen Deutung zu bemühen, sondern den Text lediglich als eine Materialsammlung zu nehmen, die man nach Belieben benutzen kann, um etwas ganz Anderes zu fabrizieren, als der Text das hergibt.
Ich habe in dem Artikel eine Aufführung der "Iphigenie" erwähnt, die das Stück auf den Kopf stellt.
Goethe ging es bekanntlich um die beiden Figuren der Iphigenie und des Thoas, die beide die Konventionen ihrer jeweiligen Gesellschaft überwinden, die mit ihrem großherzigen Handeln das Unheil abwenden (ein, nebenbei, ja auch sehr politisches Thema).
In der betreffenden Aufführung hat der Regisseur ein anderes Narrativ buchstäblich an den Haaren herbeigezerrt, in dem sowohl Iphigenie als auch Thoas samt seinen Tauriern die armen Opfer der als Kolonialherren dargestellten Griechen werden; Iphigenie wird am Ende gewaltsam nach Griechenland zurückverfrachtet.
Eine Verhunzung des Stücks, keine Interpretation. Solch ein Regisseur läßt keinen Respekt vor dem Werk erkennen, sondern er behandelt es wie ein altes Gemälde, das ein Maler Klecksel nach Belieben mit seinen Farben überpinselt.
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