Zitat von wflamme im Beitrag #72Nein, das Erstellen eines Modells aus vorhandenen Daten ist keine 'Bankrotterklärung' sondern ein absolut übliches Vorhaben/Vorgehen. Es ist auch nicht ehrenrührig, wenn dieses Modell (noch) nicht verifiziert werden kann; es ist einfach ein legitimer Versuch, wesentliche Aspekte der Realtität zu beschreiben.
Es wird allerdings problematisch, wenn man darin statt des nackten Versuchs schon den Erfolg sieht.
Das trifft die Kritik an Modellen Rahmstorfscher Art nicht ganz. Es ist ja nicht nur so, daß einem diese Modelle immer schon als der Weisheit letzter Schluß verkauft werden (auch dies ist für sich kritikwürdig), sondern daß in einer Art und Weise modelliert wird, die gewissermaßen zu erfolgreich ist. Ein brauchbares wissenschaftliches Modell soll eben nicht nur die beobachtbaren Phänomene angemessen genau beschreiben können, sondern auch keine anderen. Die Bankrotterklärung beginnt dann, wenn das Modell so allgemein passend wird, daß es praktisch immer zu dem gewünschten Ergebnis führt.
Das klassische Beispiel ist hier das kopernikanische (und ptolemäische) System. Seinerzeit wurde viel Aufhebens davon gemacht, ob die Erde oder die Sonne im Zentrum steht, mittlerweile gibt es gar kein Zentrum mehr und diese Frage hat sich erledigt. Davon abgesehen sind die Systeme aber gleich: die Planetenbewegung wird durch ein System von Epizyklen beschrieben; Kopernikus brauchte für ein der damaligen Meßgenauigkeit entsprechendes Modell übrigens nicht weniger Epizykel als Ptolemäus. Ein solches Modell kann durch Anpassung der Modellparameter (Zahl, Radien und Winkelgeschwindigkeiten der Epizykel) die Planetenbewegung mit beliebiger Präzision modellieren. Angesichts der Regelmäßigkeit dieser Bewegung wird man auch mit Kreuzvalidierung u. dgl. keine Probleme finden.
Gerade deshalb aber ist das Epizykelmodell Unsinn. Jede (insbesondere nahezu periodische) Bewegung läßt sich mit beliebiger Genauigkeit in eine trigonometrische Reihe entwickeln. Auch wenn die Planeten einen Moriskentanz aufführten, gäbe es passende Parameterwerte im kopernikanischen und ptolemäischen Modell. Deshalb kann auch das ptolemäische Modell nie durch Beobachtungen widerlegt werden, da konnte Galilei sich noch so querlegen.
Die Widerlegung findet vielmehr außerhalb des Modells statt. Keplers Ellipsenbahnen für Planeten waren das viel bessere Modell, obwohl sie bei ganz genauer Beobachtung nicht so exakt wären wie ein ausgefeiltes Epizykelmodell. Sie sind das bessere Modell, weil die Ellipsen physikalisch Sinn machen (wie Newton herausfand), während die Epizykel keinen Sinn ergeben. Wie die Mechanik der durcheinander rotierenden Kristallsphären im einzelnen aussehen sollte, war und ist völlig unvorstellbar und nur durch die Annahme zu erklären, daß es oben im Himmel Materialien gibt, die sich fundamental von den irdischen unterscheiden.
Was Foster und Rahmstorf vorführen, heißt analog, daß sie im ptolemäischen System einen weiteren Epizyklus gefunden haben, der es ihnen erlaubt, ihr Modell weiterhin für korrekt und unwiderlegt zu halten. Das hat aber im Grunde wenig wissenschaftlichen Wert. (Außer wenn man berücksichtigt, daß heute die Qualität von Wissenschaft oft schon am Erfolg Drittmittel einzuwerben gemessen wird.)
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