Zitat von Rayson im Beitrag #56Zur foreninternen Rechtsextremismus-Debatte:
Vielleicht ist es am Einfachsten, wenn man Schlagworte vermeidet und stattdessen konkret sagt, was man meint. Beispiel: Man kann von "EUdSSR" reden oder aufzeigen, welche Tendenzen der EU man für demokratisch und freiheitlich bedenklich hält und welche Befürchtungen man in dieser Hinsicht hegt. Am besten natürlich begründet.
Das ist nicht nur hilfreich, um Missverständnisse zu vermeiden, sondern trägt darüber hinaus auch noch Inhaltliches zur Diskussion bei.
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich, aber das Schlagwort "EUdSSR" hat doch einen Stachel, der sitzt. Natürlich ist es eine Übertreibung (daß es rechtsextreme Konnotationen hat, war mir, da ich mich nicht in solchen Kreisen bewege, allerdings unbekannt), und man darf den "SSR"-Teil (der vielleicht Zettel am meisten daran stört) nicht zu ernst nehmen, denn die Mitgliedstaaten der E. U. als sozialistische Räterepubliken zu bezeichnen wäre tatsächlich verfehlt und eine Verharmlosung letzterer.
Es ist aber doch nicht zu übersehen, daß die Zentralstruktur der E. U., wenn man nun darangeht, sie als staatsähnliches Gebilde zu interpretieren, einer Räterepublik ähnlicher sieht als einer parlamentarischen Demokratie: mit ihrer Exekutive und Gesetzgebungsinitiative in sich vereinigenden Kommission, die praktisch niemandem Rechenschaft schuldig ist; mit dem Ministerrat, dessen Name schon an ein unappetitliches Kapitel der deutschen Geschichte erinnert; mit einem zum bloßen Abnicker degradierten Parlament, das überdies chronisch an einer babylonischen Sprachverwirrung leidet, die wirklich tiefschürfende Debatten durch die glättende Wirkung der Synchronübersetzung erschwert.
Hier haben wir das Demokratiedefizit, das David Cameron letzte Woche einmal ausgesprochen hat. Es hat sich historisch dadurch ergeben, daß die E. U. als Kooperationsbehörde der Exekutiven der Einzelstaaten entstanden ist; aber mit wachsender Gesetzgebungs- und Exekutivgewalt wird dieses Defizit auch zunehmend zum Problem. Um in der E. U. die Demokratie zu stärken, gibt es wohl im wesentlichen zwei mögliche Wege: Entweder eine Neuordnung als europäischer Riesenstaat, mit einer aus dem Parlament hervorgehenden und diesem Rechenschaft schuldigen Regierung, die sich zu denen der Mitgliedstaaten etwa so verhält wie die Bundesregierung zu den Landesregierungen. Oder aber, wenn man wie Cameron nicht an die Existenz einer "europäischen Nation" glaubt oder nichts von Bundesstaaten hält, das Zurückstutzen der E. U.-Strukturen auf die subsidiäre Rolle, die Zusammenarbeit der demokratisch legitimierten Regierungen der Einzelstaaten zu unterstützen.
Im Moment sieht es aber nicht danach aus, als ob die Entwicklung in eine dieser beiden Richtungen ginge. Wenn man sich die (allerdings leider kaum überraschende) Betonkopfhaltung und Wortverdrehung anschaut, mit der Camerons Vorstoß abgefertigt wurde (auch unser Herr Außenminister hat sich leider nicht entblödet, ihm Rosinenpickerei vorzuwerfen, wo er doch nur thematisiert hat, was alle Europäer bewegt und angeht), dann fühlt man sich doch in der Tat vage an das Demokratieverständnis der Sowjetunion erinnert.
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