Zitat von Zettel im Beitrag #70 Meinen Sie, lieber SF-Leser wirklich, aus einem solchen Vorfall könnte man ein Mißtrauen in unseren Rechtsstaat ableiten?
Nicht aus diesem Fall für sich isoliert, sondern weil er symptomatisch ist.Zitat von Zettel im Beitrag #70 Ich denke, wenn eine solche Lappalie schon Anlaß zu Mißtrauen gibt, dann zeigt das, wie gut dieser Rechtsstaat funktioniert.
Es geht nicht um einen freilaufenden Richter (dann wäre die Geschichte nicht berichtenswert). Auffällig wurde die Sache, als LG und OLG erst mal pflichtgemäß die krähenregelkonforme Entscheidung getroffen haben.
Natürlich ist dieser Vorgang eine Lappalie. Aber in anderen Prozessen geht es um ganz andere Beträge . Und auch dort gilt: „Die Wahrheit interessiert mich nicht“. Mit existenzvernichtenden Folgen für die Justizopfer. Zitat von ZEIT 04.04.2008, Unrecht im Namen des Volkes Sogar einen "Augenschein" setzt er durch: Das Gericht und die Beteiligten begeben sich am Nachmittag des 31. August geschlossen in den Gefängnishof und nehmen dort an jenem Kleinwagen der Marke Toyota eine Musterung vor, in dem der 1,92 Meter große und 111 Kilogramm schwere M. seine 90 Kilo wiegende Nichte auf dem Beifahrersitz vergewaltigt haben soll, ohne die Sitze in die Liegeposition zu bringen. M. wird allein in den Wagen gestopft, Amelie ist nervlich nicht in der Lage, der Prozedur beizuwohnen. "Es war auch so offenkundig, dass das so nicht stattgefunden haben konnte", erinnert sich Gerken heute, Staatsanwalt und Richter hätten sich bedeckt gehalten.
Bedeckt gehalten haben die sich aber nicht die ganze Zeit. Staatsanwalt Dr. Michael Schmitz hat dennoch auf schuldig plädiert. Und Richter Erich Klein hat, zwar entgegen der Sachlage, jedoch objektiv, den nachweislich Unschuldigen verurteilt. Nur eine von mehreren Verrücktheiten.
Zitat von ZEIT 04.04.2008, Unrecht im Namen des Volkes Auch die Tatsache, dass das Opfer nach wie vor Jungfrau ist, wird in die Argumentation zwangsintegriert. Zwar kommt es in seltenen Fällen vor, dass Hymen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr unbeschadet überstehen, aber dass ein Jungfernhäutchen nach den Strapazen einer 10fachen Vergewaltigung durch zwei Männer und einem Kleiderbügelangriff noch heil ist, wäre ein medizinisches Wunder (noch dazu, wenn man bedenkt, dass Amelie bei der ersten Vergewaltigung ein 12-jähriges Kind gewesen sein will). Und doch wird dieses Wunder zur juristisch abgesicherten Gewissheit, auf die man eine Verurteilung stützt.
Nachdem Rückert den Fall in die Öffentlichkeit brachte, war der Niedersächsische Richterbund außer sich vor Wut. Zitat von Richterbund Niedersachsen zu dem Machenschaften von Richter Erich Klein Der Vorwurf der Rechtsbeugung jedoch ist nicht nur abwegig, sondern lässt auch den gehörigen Respekt vor der Unabhängigkeit der dritten Gewalt vermissen. Der Straftatbestand der Rechtsbeugung (§ 339 des Strafgesetzbuchs) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH NJW 1997, 1455 m. w. N.) einen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege voraus. Rechtsbeugung begeht daher nur ein Richter, der sich bewusst in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt. Der Vorwurf der Rechtsbeugung ist hier deshalb völlig haltlos.
Da haben wir wieder was dazugelernt. Dass das Gericht einen Unschuldigen trotz nachgewiesener Unschuld einknastet ist nicht schön, aber weiter kein Ding. Aber dieses Skandalurteil als Rechtsbeugung zu werten, das regt sie auf, die hohe Richterschaft.
Regelmäßig arbeitet die Justiz mit vorgefertigten Protokollen. Und manchmal kommt ein vorgefertigtes Urteil zum Vorschein.
Mit welchem Recht die Justiz bis heute die Anklageerhebung gegen die (namentlich von Anfang an bekannten) Auftraggeber des Klockzin-Mordanschlags verweigert wäre doch mal ganz interessant herauszufinden. Die Tatausführenden wurden wegen versuchten Mordes verurteilt. Wie kann das angehen, dass das Verfahren gegen die Auftraggeber gegen Geldspende von 2500 Euro an den Weißen Ring eingestellt wird?
So langsam wüsste ich gern, warum die Justiz bis heute nicht mal ein Ermittlungsverfahren gegen die Kinderficker des leipziger Bordell Jasmin eingeleitet hat. Ist das Legalitätsprinzip außer Kraft gesetzt, und ich hab´s bloß noch nicht bemerkt? Etwas Gutes gibt es aber doch im Jasmin-Fall. Wenn auch die Kinderficker ungestraft davonkommen, so werden immerhin die Opfer durch die Mühlen der Justiz gedreht. Ist ja auch ne gute Nachricht.
Manchmal gehen Akten verloren. Auffällig häufig (sicherlich rein zufällig) passiert das mit Akten, anderen Verschwinden die Justiz bzw. die Politik selbst das größte Interesse hat.Zitat von Leipziger Volkszeitung 27./28. November 1999 Dieser Bauordner mit der Nummer 8 wurde nach unserer Zeitung vorliegend Durchgangsprotokoll vom Landeskriminalamt im Juni bei Hermanni beschlagnahmt und ist inzwischen anscheinend unauffindlich. ... Dass beschlagnahmte Akten nicht mehr auffindbar sind, ist offenbar kein Einzelfall. Der Kölner Anwalt Reiner Wollny, der im Zusammenhang mit Flughafen-Grundstücken mit dem Freistaat Sachsen juristisch über Kreuz liegt, beklagt gestern gegenüber unserer Zeitung, dass auch in den von ihm vertretenen Fällen Akten "offenbar bei Ermittlungsbehörden weggekommen" seien.
Jedoch nicht immer sind Akten nicht auffindbar. Manchmal gerät eine in Verstoß.
Manchmal sind die Gerichte nicht der Meinung, sondern sie bestehen darauf, dass die „Realität“ Vorrang vor den verfassungsrechtlichen Grundsätzen haben muss. Das aber, und das ist die gute Nachricht, objektiv.
So richtig schön ist der „Mord“fall Rudi Rupp. Was hat das hohe Gericht im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht gem. § 244 StPO nicht alles ermitteltZitat von FAZ 22. Juni 2009, Der Rudi ist wieder da Der betrunkene Maurer … „schlug das spitze Ende des Hammerkopfes insgesamt viermal in die linke Schläfe des Rudolf R. Die Spitze, die eine Länge von ca. 8 Zentimeter hatte, drang tief und so fest in den Schädel des Rudolf R. ein, dass E. den Hammer nach den ersten zwei Schlägeln durch sog. ,Naggeln' herausarbeiten musste.“ Dann habe eine der Töchter den Hammer genommen und auf den toten Familientyrann eingeprügelt, in einem „Moment höchster Erregung“. Der Gerichtsarzt sagte später, dies könne ein Abreagieren und eine Art Befreiungsschlag gewesen sein. Im Keller habe E. die Leiche mit einem langen Fleischermesser, einer Eisensäge und einem Beil bearbeitet. Die Töchter „schauten nur für einen kurzen Moment beim Zerteilen zu und verließen dann schnell den Keller“. Dem Gerichtsarzt sagte der konsternierte Matthias E. später, am schlimmsten sei die Erinnerung an das Abtrennen des Kopfes.
Hu, da gruselts einen. So schön wie die Gschicht daherkommt, hat sie doch einen Schönheitsfehler: Sie stimmt hinten und vorne nicht. Und man fragt sich besorgt, wie so was zustande kommt. Es passiert immer wieder mal, dass Menschen in einer psychologischen Ausnahmesituation Straftaten „zugeben“, die sie nicht begangen haben. Das war zum Beispiel so bei Günther Kaufmann. Aber im Rudi-Fall? Da sind also mehrere Bewohner des intellektuellen Souterrain, die denken sich eine vollkommen hirnrissige Geschichte aus, lernen die auswendig. Dann trägt jeder einzelne diese absurde Geschichte gegenüber den Behörden vor. Das haben die so gemacht, weil … warum eigentlich? Tut mir leid, ich kann mir das nicht anders vorstellen, als das diese „Geständnisse“ durch Anwendung spezieller Vernehmungsmethoden zustande gekommen sind. Haben Sie eine andere Idee?
Dann könnten wir noch über Wörz reden. Oder über Witte. Oder über …
Aber warum. Das sind alles, alles, alles, Einzelfälle, die nichts mit der Justiz zu tun haben. Deshalb wollen wir es ausklingen lassen mit
Zitat von SPIEGEL Nr. 29/16.7.12, Gisela Friedrichsen, Ohne moralische Skrupel, S. 46/47 Was passiert eigentlich Staatsanwälten, die ihren Job schlecht machen? Wäre anständig ermittelt worden, hätte es 2002 in Darmstadt gar nicht zum Prozess kommen dürfen. Es passiert Ihnen nichts. Was passiert sogenannten Sachverständigen wie Herrn Staud, die katastrophal schlechte und falsche Gutachten abliefern? Nichts passiert ihnen. Was passiert Richtern, die sich aus solche Staatsanwälte und Gutachter verlassen und Fehlurteile fällen? Ihnen passiert schon gar nichts. Und endlich: Was passiert Frauen, die Männer mit falschen Beschuldigungen ins Gefängnis bringen und an Leib und Leben ruinieren? Ihnen passiert üblicherweise auch nichts, …
und Broder Zitat von SPON 28.05.2008, Rechts-Extreme und ihre Opfer Wer schützt uns vor der Justiz?" Eine Frage, die viel zu selten gestellt wird. Denn die Justiz ist die einzige Institution in einer demokratischen Gesellschaft, die keiner gesellschaftlichen Kontrolle unterliegt, wenn man von einer Handvoll von Prozessberichterstattern … absieht, die regelmäßig Prozesse besuchen und "Justizkritik" betreiben. … Freilich: Während ein Arzt jeden Tag riskiert, wegen eines Kunstfehlers zur Verantwortung gezogen zu werden und jeder Architekt für Mängel am Bau haften muss, kann einem Richter, der sich vertan hat, praktisch nichts passieren. Anklagen wegen Rechtsbeugung sind so selten wie eine erfolgreiche Mondlandung. Man müsste dem Richter "Vorsatz" nachweisen, das war nicht einmal bei den NS-Richtern möglich, von denen kein einziger nach 1945 bestraft wurde. … Und wenn zwei Menschen, ein "Räuber" und eine "Mörderin", die unschuldig verurteilt wurden, zufällig rehabilitiert werden, drängt sich natürlich die Frage auf: Wie viele andere sitzen unschuldig hinter Gittern, ohne dass ihnen der Genosse Zufall zu Hilfe kommt?
EDITIERT am 09.03.2013: stilistische Änderungen
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