Zitat von Doeding im Beitrag #88
Zitat von Tiefseetaucher Once is happenstance. Twice is coincidence. Three times, it's enemy action.
Jo, lieber Tiefseetaucher, aber um auch hier rechtsstaatliche Prinzipien nicht ganz zu vergessen: es sollte, wenn man das so sehen will, drei Vorfälle beim gleichen Beamten geben, meinen Sie nicht? Für alle anderen Beamten der Justiz, und wohl auch für das Justizsystem selbst, sollte erstmal die Unschuldsvermutung - bis zum Beweis des Gegenteils - gelten. Herzlichen Gruß, Andreas Döding
Die drei Vorfälle, die Sie jedem Beamten zugestehen wollen, sind dann angemessen, wenn es darum geht, ob man aus dem Fehlverhalten eines einzelnen pauschal auf einen allgemeinen Fehler im System schließt. Meiner Meinung nach ist es aber sehr wohl zulässig, wenn man aus mehreren Vorfällen in einem System, auch wenn sie von verschiedenen Personen begangen wurden, auf Missstände im gesamten System schließt. Missstände heißt ja nicht, dass alles und jedes schlecht ist. Wieviel Fehlverhalten ist denn Ihrer Meinung nach tolerierbar? Darf sich jeder Richter zwei offensichtliche Fehlurteile erlauben? Auch dann, wenn sie nicht durch eine höhere Instanz einkassiert werden, wenn der Verurteilte damit leben muss?
Meine Meinung entspringt natürlich auch den persönlichen Erfahrungen, die ich mit der Justiz gemacht habe, glücklicherwiese nicht als Beschuldigter. Die drei Vorfälle hat es bei der gleichen Beamtin gegeben, es war sogar noch schlimmer. Sie wurde beim ersten Auftreten des Fehlers (falsches Geburtsdatum des Beschuldigten) auf den Fehler hingewiesen, sie hat ihn nicht korrigiert. Sie wurde beim zweiten Auftreten auf den Fehler hingewiesen und sie hat ihn nicht korrigiert, sondern ihn auch beim dritten Mal stehengelassen, so dass dieser Fehler sogar in der Verhandlung auftrat. Vielleicht war das kein entscheidender Fehler, aber es zeugt von schlampiger Arbeit und dem Nichterstnehmen der Anliegen eines Betroffenen. Denn wie sich zeigte, wurden auch alle anderen Einwände, wie z.B. entlastende Zeugenaussagen und offensichtliche Widersprüche in den Aussagen des Belastungszeugen, ignoriert. Stattdessen wurden Aussagen von Verwandten des Klägers akzeptiert, ohne sie zu hinterfragen oder überhaupt zu prüfen, obwohl sie objektiv falsch, d.h. physikalisch bzw. logisch unmöglich waren.
Auf meine Frage an den Anwalt, ob das normal sei, sagte er mir, es gäbe an diesem Gericht einige Mitarbeiter (auch Staatsanwälte), die dafür bekannt seien, dass sie auch nach entsprechenden Hinweisen durch den Anwalt die Aktenlage offensichtlich nicht prüften und bei einer einmal vorgefassten Meinung blieben, auch wenn die Tatsachen dem entgegenstünden, mit der Folge, dass ein Verfahren auf jeden Fall durchgezogen würde, auch wenn von vornherein klar sei, dass es keine Verurteilung geben werde. Gerade im Jugendstrafrecht würde dann gerne mal ein Fall vor Gericht verhandelt, quasi um den Heranwachsenden Angst zu machen.
Da sie für dieses Fehlverhalten anscheinend keine Konsequenzen durch die dienstaufsichtführenden Stellen zu fürchten haben, kann man meiner Meinung nach schon von einem systemimmanenten Problem sprechen. Dabei verhehle ich nicht, dass sicherlich (hoffentlich) die überwiegende Mehrheit der Beamten im deutschen Justizsystem ihre Arbeit sorgfältig und gewissenhaft erledigt. Allein, für den Betroffenen reicht schon der eine Fall offensichtlichen Fehlverhaltens, um das Vertrauen in die Justiz zu verlieren. Zumal man nicht vergessen sollte, dass der Beschuldigte, wenn er bzw. dessen Anwalt offensichtliche Fehler in den Ermittlungen nicht bemerkt und sich nicht dagegen wehrt, zu Unrecht verurteilt wird.
Ähnliches habe ich auch bei polizeilichen Ermittlungen festgestellt, die nicht ergebnisoffen durchgeführt wurden, sondern bei denen bereits vorher das Ergebnis feststand. Offensichtlich unwahre Aussagen von Zeugen (z.B. die angebliche Beobachtung einer Person an einem Ort, der aber von der angeblichen Beobachtungsposition aus gar nicht eingesehen werden konnte), wurden auch nach dem Einwand des Beschuldigten nicht überprüft mit dem Hinweis, dafür habe man keine Zeit.
Dieses Verhalten von Justiz und Polizei führt natürlich dann bei zu Unrecht beschuldigten Jugendlichen dazu, dass sie kein Vertrauen mehr in die staatlichen Stellen haben, warum sollten sie auch. Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht damit, das seien Einzelfälle. Das kann man nur als Außenstehender leicht sagen. Als Betroffener ist jeder Einzelfall ein Fall zu viel, zumal dieser Einzelfall weichenstellende Bedeutung für das spätere Leben haben kann. Ich denke da z.B. an eine spätere Anstellung im Staatsdienst, die durch eine falsche Verurteilung zunichte gemacht wird.
Btw., die "Three times" in dem Film beziehen sich nicht auf den Verursacher, sondern auf das Opfer (hier Mr Goldfinger).
A common mistake that people make when trying to design something completely foolproof is to underestimate the ingenuity of complete fools. Douglas Adams
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