Zitat von R.A. im Beitrag #62 ... obwohl ich ja auch auf der Anti-ESM-Seite aktiv war.
Ach so, du bist FDP-Mitglied. Das erklärt einiges.
Zum Thema 3/4-Mehrheit und Demokratie.
Der Hauptvorwurf bezüglich "mangelnder Demokratie" ist ein abstrakt-formaler: Demokratie wäre mangelhaft, weil (vorab) keine Diskussion stattgefunden habe. Diesem Argument kann ich nicht mal ansatzweise folgen. Die demokratische Willensbildung am Parteitag wäre mangelhaft gewesen, wenn aus welchen Gründen auch immer Entschlüsse gegen den Willen der Mehrheit oder ohne Mitbestimmung der Mehrheit stattgefunden hätte. Dem war aber nicht so. Die Mehrheit wollte - in Worten: WOLLTE- diese Vorgehensweise und hat die Vorgehensweise ausdrücklich legitimiert.
Ich gehe schon fast so weit zu sagen, dass alle, die der AfD das als "undemokratische Vorgehensweise" vorwerfen, selbst ein merkwürdiges Verständnis von innerparteilicher Demokratie haben. Die vom Parteitag abgesegnete Vorgehensweise ist absolut demokratisch - was sie aber NICHT ist: sie ist NICHT Proporz-genau. Durch die Verankerung der 3/4-Mehrheit werden die Meinungsextreme von vorn herein abgeschnitten. Das sind aber völlig unterschiedliche Konzepte. Demokratie ist nicht automatisch Minderheitenschutz und Minderheitenschutz nicht automatisch demokratisch. Das sind völlig verschiedene politische Ebenen (die in einer freiheitlichen Gesellschaft beide berücksichtigt werden sollten). In einer jungen Partei allerdings, kann man nur entweder das eine oder das andere machen - beides geht nicht. Der erste Bundesparteitag war notwendigerweise KEINE repräsentative Veranstaltung. Hätte man auf dem Parteitag eine radikale Progammdiskussion zugelassen, dann wären zwar alle anwesenden Minderheiten berücksichtigt worden - aber demokratischer wäre das nicht gewesen. Lucke hat also den demokratischen Weg beschritten, in dem der den Parteitag gebeten hat zunächst die Themen festzulegen, die einen breiten Konsens haben. Das IST demokratischer, denn auf diese Weise können nicht radikale Einzelmeinungen sich auf einem zufällig zusammengewürfelten Parteitag durchsetzen. Das Programm ist zwar jetzt kürzer und radikale Einzelmeinungen hatten keine Chance; dafür gibt es jetzt aber eine sehr große Wahrscheinlichkeit, dass das, was im Wahlprogramm drinsteht, auch von der Mehrheit der AfD-Mitglieder gewollt und unterstützt wird.
Und genau so hat Lucke das auch begründet.
Diese ganze Formalismusdiskussion zeigt mir persönlich nur, wie weit sich viele Parteien und Parteienmitglieder schon von dem Gedanken an echte Demokratie entfernt haben. Die Frage ist doch nicht, ob Paragraph XY bedient wurde, sondern ob die Mehrheit der Mitglieder in der Lage ist, ihren demokratischen Willen auszudrücken und als Handlungsmaxime der Partei durchzusetzen. DAS ist Demokratie. Deswegen habe ich auch große Abneigung gegen die Politiker, die sich eben genau mit diesen Formaldiskussionen gegen eine Volksabstimmung auf Bundesebene wehren. Das heisst es ja auch: Volksabstimmung geht nicht, weil wir eine repräsentative Demokratie sind. Mit Verlaub; das ist kein inhaltliches Argument, sondern ein formales. "Geht nicht, weil nicht vorgesehen". Was hat eine solche Formaldiskussion mit Demokratie zu tun? Richtig: exakt gar nichts.
Nur zur Klarstellung: ich bin NICHT der Meinung, dass demokratische Prozesse das einzige Kriterium einer Gesellschaft sein sollten. Denn sonst müsste ich auch damit einverstanden sein, wenn demokratisch beschlossen wird, die Sklaverei wieder einzuführen. Deswegen wird die Grundlage der Bundesrepublik ja auch als "freiheitlich-demokratische Grundordnung" bezeichnet. Damit ist gemeint, dass neben den demokratischen Prozessen ein weiteres Element hinzutritt: das "Freiheitliche" (also unveränderbare Grundrechte, Menschenrechte, Minderheitenschutz und so weiter).
Aber der AfD "Mängel in der innerparteilichen Demokratie" vorzuwerfen, ist schlicht nicht begründbar. Wer willens ist, sich sachlich mit der AfD auseinanderzusetzen, sollte jetzt von der These der "antidemokratischen Vorgehensweise" abrücken.
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