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Martin
Beiträge: 4.129
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07.05.2013 12:37 |
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RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU
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Antworten
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #1 Wir ernten, was wir säen. Was aber, wenn das Saatgut nicht mehr frei verfügbar ist? Hier diskutiere ich die geplante Überarbeitung des Saatgut-Rechts in der EU.
Danke, Frank, für die 'Fleißarbeit'. So lese ich erst mal gut zusammengefasst die Diskussion zum Thema Saatgut.
Ein paar Gedanken möchte ich dazu einbringen:
1. Die EU tendiert dazu, mehr und mehr Verordnungen statt Richtlinien zu beschließen. Das hat tatsächlich den Effekt, dass diese unmittelbar 'Gesetz' in allen EU-Ländern haben. Zwar haben Richtlinien nach einer bestimmten Übergangsfrist, in der sie in nationale Verodnungen übernommen werden sollen, ebenfalls quasi nationalen Gesetzescharakter, aber es bleibt Platz für nationale Ausgestaltung. Allerdings heißt das auch, dass EU-Verordnungen einen höheren Detailierungsgrad haben müssen.
2. Kommissionsvorschläge für neue Verordnungen sollten eigentlich öffentlich verfügbar sein. Das EU-Parlament bildet Arbeitsgruppen mit sogenannten Berichterstattern (Rapporteur) und Schattenberichterstattern http://de.wikipedia.org/wiki/Berichterst...sches_Parlament). Zumindest Parteien und in der Regel Verbände sind hier regelmäßig informiert. Von Beispielen in meinem Arbeitsumfeld weiß ich, dass Entwürfe publiziert werden.
3. Ich bin nicht sicher, ob im Lebensmittelbereich die Regulierung nur aus Aspekten des Urheberrechts zu sehen ist. In der Systematik des In-den-Verkehr-bringens muss ja irgendwo auch festgestellt werden, ob ein Lebensmittel vorliegt oder nicht, und ob es bestimmten Eigenschaften genügt, aus Gründen des Verbraucherschutzes. Die entsprechende Zulassungshürde wurde sicher getrieben durch das zunehmende Lebensmitteldesign. Die Großen in der Saatgutindustrie nutzen dann wohl die von ihnen verursachten Regularien, und fordern Rechtsgleichheit: Das heißt dann wohl, dass Veränderungen althergebrachter Lebensmittel den gleichen Anforderungen unterworfen werden sollen - oder eben nicht mehr auf den Markt dürfen. Ist das der Hintergrund, dann müsste es m.E. möglich sein, Risikoabschätzungen zu machen, um geringfügige Änderungen an bestehendem Saatgut nicht demselben Zulassungsaufwand zu beaufschlagen In anderen Bereichen sind die Zulassungen auch Risikoabhängig gestaffelt).
4. Ich erinnere mich an eine Diskussion vor ein paar Jahren, als sich ein Albbauer Kamele anschaffte und - die Heilwirkung der Kamelmilch preisend - Kamelmich verkaufte. Auch hier kamen die Regulierer und haben den Verkauf unter der gesundheitsfördernden Behauptung verboten. Damals war dann die Reaktion des Bauern, vormaligen Kunden Teilhaberschaft anzubieten, so dass diese sozusagen für den Eigenbedarf melken ließen. So wurde der EU-Aufhänger 'in den Verkehr bringen' unterlaufen. Vielleicht gibt es in Zukunft also beim Saatgut auch nur noch Teilhaber und nicht mehr 'Verbraucher'. Ein Europa der Teilhaber sozusagen .
Gruß, Martin
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