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Florian
Beiträge: 3.082
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07.05.2013 18:47 |
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RE: Grenzen des Wachstums - über den Saatgutstreit in der EU
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Antworten
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Zitat von Kritiker im Beitrag #13
Zitat von Florian im Beitrag #9 Globalisierung führt zu einer gewissen weltweiten Vereinheitlichung. Dieser Vereinheitlichung fallen viele lokale Spezialitäten zum Opfer. Aber für den einzelnen Konsumenten wird dadurch die Auswahl nicht kleiner sondern größer. Also: Statt 4 Sorten in Land A und 4 andere Sorten in Land B (d.h. zusammen 8 Sorten) gibt es dann kommerziell verfügbar nur noch 6 Sorten - diese aber in beiden Ländern.
Ganz kann ich diese Aussage nicht unterstützen. Denn die Sortenanzahl alleine sagt noch nicht so viel.
Beim Bier ist das heute schon zu beobachten, auch da gibt es eine starke Zentralisierung. Theoretisch hat man heute Zugang zu einer größeren Anzahl von Biersorten. Aber wegen der entsprechend notwendigen Verbreitung schmecken die alle gleich (fad). Rein praktisch ist dies eine Verarmung, weil die ungewöhnlich schmeckenden Sorten im Massenmarkt untergehen.
Sind Sie da sicher?
Ein fairer Vergleich ist nicht zwischen der realen Welt mit Massenmarkt und einer Wunschwelt mit toller Vielfalt. Sondern der Vergleich ist zwischen der realen Welt mit Massenmarkt und der Situation VOR diesem globalen Massenmarkt (d.h. mit zersplitterten regionalen Märkten).
Und das Argument von marginalrevolution ist nun, dass bei diesem Vergleich der globale Massenmarkt für mehr Vielfalt sorgt. Halte ich auch für plausibel. Um beim Bier zu bleiben: Vor 100 Jahren konnte der Münchner Konsument wählen zwischen vielen kleinen Braueren, die allerdings alle Helles brauten und (vielleicht) Weißbier. Aber es gab kein Pils und erst recht kein Kölsch, Alt, Guinness etc. Heutzutage bekommt der Münchner dies alles. Für den Münchner Konsumenten hat sich die verfügbare Vielfalt deutlich erhöht, auch wenn die Anzahl an Brauereien weltweit zurückgegangen ist.
(Und noch ein Exkurs: Falls Sie Verwandte haben, die sich noch an die Zwischenkrigszeit oder an die 50er erinnern können, dann fragen Sie die doch einmal, wie die Lebensmittelversorgung vor dem Siegeszug des Supermarkts funktionierte. In einem Wort: Mühsam! Kartoffeln musste man zentnerweise bei den Bauern direkt kaufen und dann einlagern. Milch flaschenweise auch direkt beim Bauern oder in der Molkerei. Eier wurden im Herbst schockweise beim Bauern gekauft und dann in Kalk eingelegt (im Winter legten die Hühner keine Eier!). Kaffee gab es beim Kolonialwarenhändler. Was wir heute in einer Stunde im Supermarkt erledigt haben, war eine vielstündige komplizierte Prozedur. Ich habe noch das Hauhshaltsbuch meiner Großmutter aus den 50ern, die für ihren großen Haushalt im Herbst jeweils über 20 Zentner (!) Kartoffeln bei verschiedenen Bauern zusammenkaufte. Und Gnade ihr, wenn sie sich im Herbst verrechnet und zu wenig Kartoffeln eingelagert hätte. Im Winter gab es dann nämlich keinen Nachschub. Einfach mal schnell zum Händler gehen und etwas nachkaufen war nicht. Und irgendeine Auswahl an verschiedenen Sorten gab es realistischerweise auch nicht: man nahm halt, was der Bauer hatte. Dass es theoretisch hunderte regionale Spezialsorten in Deutschland gab, brachte meiner Großmutter Null Nutzen. Zur Auswahl hatte sie nur die eine Sorte des örtlichen Bauern.
Und zum Bier: Das konnte z.B. nicht im Getränkemarkt gekauft werden und konnte auch im Haus nicht gut gelagert werden. Sondern wenn der Vater Bier wollte, wurde der Sohn losgeschickt, um beim Wirt am Ende der Straße einen einzelnen frisch gezapten Krug zu kaufen. Die Auswahl war dann aber auf das eine Bier beschränkt, das der Wirt halt hatte. )
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