Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #42
Zitat von adder im Beitrag #40
Liberal ist eben nicht anarchistisch. Die völlige Freigabe eines derart sensiblen Marktes ist nicht liberal, sie ist nur gefährlich.
Aber anarchistisch ist eine freie Marktwirtschaft auch nicht. Und im Gesundheitswesen kann man kaum von einer "völligen Freigabe" als Alternative sprechen, wenn eigentlich gar nichts freigegeben ist. Wir haben es hier mit einer reinen Planwirtschaft zu tun.
Das ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen. Wir haben freie, nach unternehmerischen Gesichtspunkten agierende Unternehmen, die aus Gewinnstreben Arzneimittel entwickeln. Wir haben einen durchaus regulierten Bereich: Ärzte und Apotheker benötigen eine entsprechende Ausbildung und eine Genehmigung durch den Staat, Krankenhäuser ebenfalls - aber im Rahmen der Gesetze darf jeder, der die entsprechende Ausbildung hat, eine Praxis oder Apotheke eröffnen. Rechtsanwälte u.ä. ist ja nun auch berufsrechtlich ähnlich. Wir haben Monopolisten auf der Nachfrageseite, das ist richtig - aber auch nicht so ineffizient, wie Sie es darstellen. Das Problem der Krankenkassen ist doch, dass wir für den stattfindenden "Wettbewerb" zu viele haben, oder eben, dass den Kassen leider genau der Wettbewerb verboten wurde, der eine so große Zahl gerechtfertigt hätte. Letztendlich hat auch jeder Patient das Recht, seine Wahl zu treffen. Er kann sich auch gerne mit Heilsteinen oder von Quacksalbern behandeln lassen... alles das gab es schon, und gibt es noch in anderen Ländern. Hat aber nicht gerade zu längerem Leben oder höherer Freiheit geführt.
Zitat Eine "völlige Freihabe" als Alternative kommt mir eher wie der Euphemismus für die Verteidigung des planwirtschaftlichen Status quo vor. Das läßt sich auch problemlos auf andere Gebiete der sogenannten Daseinsvorsorge ausweiten bis hin zum Lebensmittelmarkt, der gesamten Großindustrie incl. Fahrzeugbau und des Mittelstandes.
Giftige Lebensmittel dürfen Sie auch nicht verkaufen, Autos müssen bestimmten Vorgaben entsprechen, etc. Warum das jetzt für einen wahrscheinlich deutlich gefährlicheren Markt nicht gelten soll? Selbst in den USA herrschen strenge Gesetze zur Arzneimittelzulassung. Im Übrigen hatten bestimmte Terrorregime der Vergangenheit keine solchen Gesetze - ob die jetzt liberaler waren?
Zitat Dass eine Behörde und ein Staat den Bürger besser schützen kann vor schlechten Ärzten und Scharlatanen als die Ärzte selbst, ist eine Grundvoraussetzung für den Erhalt eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt (vierter Platz unter den OECD-Staaten).
Lieber Ehrling Plaethe, wenn die Bürger in der Lage wären, sich vor Scharlatanen, schlechten Therapien und betrügerischen Therapeuten selbst zu schützen, hätten wir nicht jedes Jahr einen neuen Skandal und nicht Hunderttausende von Medikamentenabhängigen. Ganz im Gegensatz zu bestimmten anderen Märkten ist der Gesundheitssektor leider viel zu komplex für den normalen Bürger. Sie sagen ja selbst, dass Menschen sich von Ideologen vieles zur Energieversorgung haben einreden lassen - nun: die Energieversorgung ist deutlich weniger komplex, sorry.
Zitat Diesem Rang wird die erbrachte Leistung gegenüber dem Patienten nicht gerecht. Wer Planwirtschaft will darf keine Effizienz erwarten. Und auch keine Sicherheit. Höchstens als Gefühl.
Auch das ist verzerrt. Unser Gesundheitssystem mag teuer sein (wobei das vor allem an zwei Kostentreibern liegt: Krankenhäuser und Verwaltungskosten), aber es ist immer noch eines der leistungsfähigsten der Welt. Und das, obwohl Ärzte in Deutschland auf Druck der Spar-Krankenkassen viel zu spät und viel zu zögerlich mit modernen Arzneimitteln umgehen.
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