Zitat Sie engagierten die besten Fährtenleser der San (‚Buschleute‘) aus Namibia...
Eigentlich eine naheliegende Idee, zur Interpretation eines Sachverhalts entsprechende Fachleute hinzuziehen. Aus mir nicht erklärlichen Gründen machen Archäologen das aber nur selten.
Sooo unerfindlich dürfte das gar nicht sein. Das Wort "Standesdünkel" ist sicher vollkommen unangemessen... ...aber das dürfte in doppelter, gegenläufiger Richtung wirken. Zum einen spielt der Vorbehalt der Studierten, so mit 32 Semestern & 40 Regalmetern mit 5 eigenen Aufsätzen, gegen die Einheimischen/Fachfremden/Laien eine Rolle, die ja keine Ahnung vom Fach haben; in anderer Richtung wirkt die praktische Erfahrung bei den gleichen Leuten dagegen. Archäologe wird man ja dadurch, daß man bei 4, 5, 6 Grabungen mittut (& sei es bei Sicherungsgrabungen bei Ausschachtungsarbeiten in den hiesigen Innenstädten): diese Amateure haben sich ja nie die Finger schmutzig gemacht. (Ganz grundlos ist der Vorbehalt nicht. Auf jeden Nichtstudierten, der sich wirklich gründlich mit der Sache vertraut gemacht hat, kommt mindestens einer, der die Externsteine für den Wegweiser nach Atlantis hält oder den Nibelungenhort drunter vermutet.)
Mittlerweile gibt es ja eine ganze Fachrichtung, die experimentelle Archäologie, die versucht, solche Fragen praktisch zu klären. Thor Heyerdahls Beweise, daß tatsächlich 20 Leute mit ein paar Baumstämmen die Moais auf der Osterinsel aufrichten konnten, dürften am bekanntesten sein. Leider hat Heyerdahl der ganzen Richtung dadurch, daß er mit der Kon-Tiki-Fahrt von 1947 die polynesischen Kulturen auf die amerikanischen zurückführen wollte, der Sache einen Bärendienst erwiesen. Seitdem hängt dem der Ruch des Indianerspielens mit lauter Marktschreierei an. Am bekanntesten hierzulande dürften die Legionäre des Centurios Marcus Junkelmann sein, dessen Universitätskarriere sicherlich ohne solche Allotria steiler verlaufen wäre. Bei dem Marsch nach Rom 1985 gab es von Fachkollegen unschöne Kommentare.
Das spektakulärste Projekt in dieser Hinsicht dürfte z.Zt. das château de Guédelon sein; in Holland war es in den 90er Jahren der Nachbau der VOC Batavia.
Um zum wachsenden Anekdotenschatz beizutragen: einem Mitbewohner aus unserem Dorf, der sich mit Lebens- & Wanderumständen unter bronzezeitlichen Bedingungen beschäftigt (er begründet das gern damit, daß ihn als gelernten Russen solche Lebensbedingungen eher nicht schrecken), ging vor einigen Jahren bei einer Exkursion nach Dänemark bei Wurfübungen eine bronzene Speerspitze entzwei. Ein Archäologe der Universität Aarhus meinte daraufhin, bei solchen Mißgeschicken sei der Trupp 2 Tage lang stillgelegt (provisorische Schmiedeesse bauen, Holz sammeln, ankokeln zwengs Holzkohleerzeugung, um die nötigen Temperaturen zu erreichen). Mehrfaches Vorglühen im Feuer & heftiges Bearbeiten des Werkstücks mit Steinhämmern erledigten die Aufgabe dann in 2 Stunden.
PS: zu Guédelon gibt es diese deutschsprachige Dokumentation.
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