Ich finde es schwierig von der Unschuldsvermutung auszugehen, wenn jemand eine Tat gestanden hat. Unschuldig könnte er nur sein, wenn er sich selbst falsch bezichtigt hätte und das ist doch ein bischen sehr abwegig. Man kann trefflich darüber streiten, ob er bestraft werden kann, eben wegen der Selbstanzeige, aber das er schuldig ist, wird nichtmal von seinen Anwälten in Frage gestellt.
Ich finde auch den ganzen Streit, so man davon reden kann, ein wenig am Ziel vorbei: Das skandlöse ist meines Erachtens nach weniger die Bewertung der Selbstanzeige (man könnte mit einigem Recht darauf hinweisen, dass die ganze Straffreiheitsnummer bei Selbstanzeige schone eine Farce ist), das Skandalöse ist eher das Strafmaß mit dem man einen sozial integrierten Ersttäter hier niederschlägt. Wenn ich einen Menschen zusammentrete, dann ist meine Straferwartung niedriger. Wenn ich eine alte Dame um ihre Ersparnisse betrüge, ist meine Straferwartung niedriger. Wenn ich fahrlässig den Tod von anderen Menschen verursache, ist meine Straferwartung niedriger. Wenn ich betrunken durch die Stadt fahre und einen dicken Unfall verursache, dann ist meine Straferwartung niedriger. DAS ist skandalös. Uli Hoeneß hat in seinem Leben zehnmal mehr Steuern bezahlt als einer der ganzen Gesellschaftsklempner, die sich jetzt alle öffentlich das Maul zerreissen, je für die Gesellschaft leisten werden. Und weil er eben nicht mehr ganz so viel teilen wollte, werfen wir ihn in der Strafgrössenordnung auf einen Haufen mit Kinderschändern, Vergewaltigern und Räubern. Das finde ich skandalös.
Das er verurteilt worden ist, liegt im Wesentlichen darin begründet, dass er unzweifelhaft schuldig ist. Er hat das ja auch selber eingeräumt, er wusste, dass es falsch war und er hat es bewusst getan. Er ist kein Unschuldslamm. Er hat nur gehofft durch ein Schlupfloch zu entkommen, wie Alice Schwarzer das beispielsweise geschafft hat. Aber unschuldig wäre er auch dadurch nicht geworden. Die Strafenhöhe ist absurd, aber das gestraft wird, liegt daran, was er getan hat. Und nebenbei, es komme mir hier keiner mit dem reuigen Sünder. Ein reuiger Sünder macht eine sehr überlegte Selbstanzeige und fällt damit nicht Holter-Di-Polter beim Finanzamt hin, weil er Schiss hat, dass am nächsten Morgen sonst der Staatsanwalt bei ihm auftaucht.
|