Zitat von R.A. im Beitrag #55
Zitat von Noricus im Beitrag #34 Der Staat hat die Möglichkeit der Selbstanzeige zweifellos deshalb geschaffen, weil er vor der Elektronisierung der Korrespondenz und des Zahlungsverkehrs und vor dem Abschluss entsprechender Abkommen die Höhe der Einkünfte einer Person nicht wirklich gut überwachen konnte.
Das glaube ich nicht. Meine Vermutung ist, daß die "Selbstanzeige" schlicht die Folgerung daraus ist, daß man bei einer Steuererklärung auch ohne böse Absicht Fehler machen kann. Und daß man diese Fehler nicht leicht von mutwilliger Falscherklärung unterscheiden kann.
Ich darf auf diesen Kommentar von mir verweisen, lieber R.A.
Zitat Solange also jemand freiwillig zum Finanzamt kommt um eine falsche Steuererklärung im Nachhinein zu korrigieren, geht das Gesetz zu Recht davon aus, daß die Falschabgabe keine böse Absicht war und keine Strafe angebracht ist.
Das stimmt so nicht ganz. Denn gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO tritt Straffreiheit trotz Selbstanzeige nicht ein, wenn
Zitat von § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.
Verfolgt wird die Tat in diesem Fall nur dann nicht, wenn der Täter den Hinterziehungsbetrag + 5 % Zuschlag zahlt (§ 398a AO).
Bei der Strafbefreiung für die Berichtigung einer leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 Abs. 3 AO) gibt es hingegen keine solche Betragsgrenze und für die Berichtigung nicht schuldhafter Fehler ohnehin nicht.
Das bedeutet nun aber, dass bei Verkürzungsbeträgen > 50.000 sehr wohl differenziert werden muss, ob eine (vorsätzliche) Steuerhinterziehung vorliegt oder nicht. Berichtigung ist also nicht gleich Berichtigung.
Zitat Während umgekehrt alle möglicherweise gemachten Fehler als absichtliche Steuerhinterziehung gedeutet werden können, wenn sie erst bei der Überprüfung durchs Finanzamt ans Tageslicht kommen.
Eine solche Vermutung wäre höchst bedenklich: Gerade der gutgläubige Falscherklärer wird ja nicht mehr in seinen alten Unterlagen herumsuchen, ob er vielleicht etwas falsch gemacht hat. Das heißt, gerade die Fehler des redlichen Falscherklärers kommen erst bei einer Außenprüfung hervor. Für den, der nicht schuldhaft oder nur leichtfertig Steuern verkürzt hat, ist es auch dann noch nicht zu spät (gemäß § 378 Abs. 3 AO [leichtfertige Steuerverkürzung] ist die Berichtigung auch dann noch möglich, wenn die Prüfung bereits angeordnet ist bzw. der Prüfer schon im Büro steht [es darf nur noch nicht die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens mitgeteilt worden sein]). Die Annahme, dass alle nicht berichtigten Verkürzungsbeträge, die der Prüfer entdeckt, vorsätzlich verkürzt worden sind, würde zu einer Massenkriminalisierung von Unternehmern führen. Hier wird es - jedenfalls bei kleineren Beträgen - eher so ablaufen, dass der Prüfer einen Verkürzungsbetrag entdeckt, und wenn nicht unbedingt auf Vorsatz geschlossen werden kann (etwa weil massenhaft Einnahmen nicht erfasst worden sind), wird er dem Geprüften die Möglichkeit der Berichtigung geben (indem dieser die Steuerforderung anerkennt), je nach Temperament des Prüfers wohl verbunden mit der Drohung, dass bei Dissens ein Bußgeldverfahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung eröffnet wird.
Zitat Insofern ist wohl schon der Begriff "Selbstanzeige" irreführend, weil damit eben nicht im üblichen Sinne eine Straftat angezeigt werden soll.
Doch, denn die Selbstanzeige im technischen Sinn bezieht sich ja nur auf die Straftat der Steuerhinterziehung (§ 370 AO). § 378 Abs. 3 AO schafft eine Berichtigungsmöglichkeit für die Steuerordnungswidrigkeit der leichtfertigen Steuerverkürzung. Die Berichtigungsanzeige nach § 153 AO hingegen ist für nicht schuldhafte, jedoch ebenfalls zu Verkürzungen führende bzw. geführt habende Erklärungsfehler gedacht.
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