Zitat von Llarian im Beitrag #36
Zitat Im ersten Fall hat die AfD Chancen auf weitere Zuwächse, beim zweiten Fall könnte sie wieder verschwinden.
Und genau das glaube ich nicht mehr. Der Geist ist aus der Flasche und wird sich, wenn er nicht selber dumme Fehler macht, auch so schnell nicht wieder auflösen. Ich sehe den Unterschied eher so: Wenn Merkel, bzw. das Prinzip Merkel endlich beendet wird, dann wird sich die AfD irgendwo um 10-15% einpendeln. Wird das Prinzip Merkel dagegen fortgesetzt, werden wir uns bald darüber Gedanken machen dürfen, was wir tun, wenn große Koalitionen nicht mehr möglich sind, weil die Union die SPD eingeholt hat.
Warten wir's mal ab.
Die AfD speist sich aus verschiedenen Quellen.
Um das mal grob zu kategorisieren:
1) bisherige Nichtwähler
2) Wähler, die bisher z.B. Union oder SPD gewählt haben, aber deren "Vergrünung" nicht mögen. Man beachte: Das Problem ist m.E. für die meisten nicht ein "Linksruck" per se. Sondern die "Vergrünung". Um den Unterschied klar zu machen: "linke Politik" wäre z.B. Umverteilungspolitik zu Gunsten des "kleinen Mannes". Oder auch Industriepolitik, die (möglichst gewerkschaftlich vertretene) Industriearbeitsplätze sichert. "Grüne Politik" hat kein Problem damit, den "kleinen Mann" weiter zu belasten oder ganze Industrien zu opfern, sofern es der moralisch richtigen Sache dient. Zum Beispiel gab es in dieser Legislaturperiode einige linke Gesetzesänderungen (Mindestlohn, Rentenreform, etc.). Das hat allerdings die bisherigen Unionswähler nicht besonders stark von ihrer Partei entfremdet. Und es wurde von den SPD-Wählern nicht ausreichend goutiert, weil denen gleichzeitig zu viel grüne Politik quer im Hals saß. Auch das neue AfD-Programm ist nicht so sehr anti-links als vielmehr anti-grün.
Nun zu den langfristigen Aussichten der AfD:
Die Wähler (1) sind keine solide Basis. Die wählen heute so, morgen so und übermorgen bleiben sie apathisch wieder ganz zu Hause.
Wähler (2) SIND hingegen eine solide Basis. Es gibt hier aber folgendes Problem: echte ideologische Überzeugungstäter werden die AfD womöglich ab sofort permanent wählen. Das dürfte aber eine Minderheit sein. Die meisten Wähler (gerade auch aus dem bürgerlichen Spektrum) sind pragmatisch. Sie wählen so, dass ihre Anliegen befördert werden. Ein Wahlergebnis wie in Baden-Württemberg oder in Sachsen-Anhalt ist für diese Wähler daher doppelt bitter: man hat die CDU geschwächt und dadurch die Grünen an die Macht gebracht. Bei einer Landtagswahl nimmt man so etwas vielleicht noch in Kauf, um "ein Zeichen zu setzen". Aber bei der Bundestagswahl?
Nehmen wir mal an, die Wahlumfragen vor der Bundestagswahl schauen ungefähr so aus: CDU: 25% SPD: 23% Grüne: 14% Linke: 11% FDP: 6% AfD: 18% sonst: 3%
D.h. eine Mehrheit für CDU+SPD ist wackelig. Und es ist auch unklar, ob die CDU weiter stärkste Partei ist. Wenn nun ein Wähler vom Typ 2 statt wie bisher CDU nun die AfD wählt, dann riskiert er, dass er dadurch eine SPD+CDU+Grün-Regierung befördert (womöglich unter einem SPD-Kanzler). Was aus seiner Sicht ja ein absolutes Horror-Szenario wäre. Eine Fortsetzung von CDU+SPD (unter CDU-Führung) wäre da das deutlich kleinere Übel. Und als pragmatischer Wähler wird er sich dann womöglich doch für dieses kleinere Übel entscheiden.
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