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Florian
Beiträge: 3.076
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07.10.2016 15:52 |
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RE: Die AFD – Kristallisationspunkt eines Konfliktes zweier Epochen
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Antworten
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Zitat von R.A. im Beitrag #69
Zitat von Florian im Beitrag #65 Ein gewaltiger (und historisch betrachtet sehr schneller) Erosionsprozess, der da unter der Amtszeit von Frau Merkel passiert ist.
Auf jeden Fall. Wobei die Fehler bzw. der Politikstil Merkels hier m. E. nur noch der letzte Auslöser waren - die eigentlichen Ursachen für diese Erosion sind langfristig. Und vor allem nicht auf Deutschland beschränkt. Die der Erosion zugrunde liegende Unzufriedenheit findet sich ja in vielen demokratischen Ländern, und ähnlich findet sich oft auch die Reaktion durch das Aufkommen populistischer Parteien.
Deutschland ist hier aber doch m.E. ein Sonderfall.
Richtig, in vielen europäischen Ländern verlieren die alten Nachkriegsparteien an Bindungskraft.
Egal ob Italien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Griechenland oder Österreich: Für etliche Jahrzehnte nach 1945 gab es in jeden dieser Länder EINE dominante konservative Partei und EINE dominante sozialdemokratische Partei, die zusammen typischerweise über 80% der Parlamentssitze hatten. Manchmal hatte eine dieser Parteien eine absolute Mehrheit, manchmal hatte sie einen Koalitionspartner. Alles sehr stabil.
Diese Zeiten sind in vielen Ländern vorbei. Und dafür gibt es sicher auch Gründe.
Interessanterweise ist dieser Umbruch aber in den meisten europäischen Ländern schon vor Jahrzehnten passiert (z.B. in Italien und Österrecih). Und sofern es in jüngerer Vergangenheit gab es dafür auch nachvollziehbare Gründe. Griechenland und Spanien durchleben zum Beispiel schwere Rezessionen. Dass da Extremisten sprießen ist nachvollziehbar.
Deutschland ist anders gelagert.* Da war bis in die sehr junge Vergangenheit das Volksparteien-Modell noch quicklebendig. (Klar, es gab Abschmelzungen. Aber eben von 99% für Union+SPD+FDP auf 84%. Also auch nach 2000 immer noch sehr hohe Stimmenanteile für die alten Nachkriegsparteien). Und es gibt keine wirtschaftliche Krise. Ganz im Gegenteil: Die Indikatoren Beschäftigungsquote, Inflation, Staatsdefizit sind alle so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Dass die Traditionsparteien nun ausgerechnet jetzt in Deutschland so massiv erodieren, dafür gäbe es eigentlich keinen Grund. Abgesehen natürlich von jenen Gründen, die die Regierungen unter Merkel selbst produziert haben.
*Zugegeben: Es gibt noch zwei weitere westliche Demokratien, wo es ebenso eine selbstverschuldete, nicht durch Wirtschaftskrise provozierte, Krise der Traditionsparteien gibt. Nämlich Großbritannien und die USA.
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