Zitat Wenn es dann später Neuwahlen gibt, dann kann die SPD mit ihren harten Forderungen in den Wahlkampf ziehen. Und argumentieren: Dass wir damit bei den Verhandlungen im September nicht durchgekommen sind, lag an unserem schlechten Wahlergebnis. Wähler, gib uns mehr Stimmen, dann können wir das gegen die Union durchsetzen. Man hat dann ein NARRATIV, mit dem man im linken Lager punkten kann und einige zusätzliche Prozente bekommen wird.
Die SPD hat sich nun aber hingestellt und gesagt: wir gehen auf jeden Fall in die Opposition. Ganz egal, was uns die Union anbieten würde, wir machen da nicht mehr mit. Welches positive Narrativ will man damit erreichen? "Wählt uns - die zukünftige Oppositionspartei ohne Gestaltungswillen"? Irgendwie nicht sehr sexy. Wer ernsthaft linke Fundamentalopposition will, wird auch heute schon die Linkspartei gewählt haben. Wer eine "mittig-linke realistische Politik" will (und dafür bisher die SPD wählen konnte), der wird durch diesen Kurs dazu genötigt, Union zu wählen.
Mir fällt es zwar nicht leichter, mich in ein SPD-Hirn reinzuversetzen, aber dafür - auch dank der Lektüre dieses Forums - in das bundesdeutsche Wählerhirn. Und da stehen "zukünftige Oppositionsparteien ohne Gestaltungswillen" verdammt hoch im Kurs.
Die SPD hat folgende Wähler verloren: 380k -> Linke 400k -> Grüne 430k -> FDP 500k -> AfD
Gehen wir mal davon aus, dass die 500k AfD-Wähler nicht über Nacht zu völkischen Nationalisten mutiert sind, sondern vermutlich enttäuschte "Merkel-muss-weg"-Wähler. Genauso sind die 430k FDP-Wähler nicht über Nacht wirtschaftsliberal geworden sind, sondern eher enttäuschte "Merkel-muss-weg"-Wähler vom rechten Rand der SPD. Gibt es nun Neuwahlen, ist entweder Merkel gleich weg (wobei das spätsozialistische Bejubeln im Konrad-Adenauer-Haus nicht mal das sicher macht), oder man kann aus der sofort erklärten Opposition heraus gegen sie Wahlkampf machen.
Nun zu den Linken und Grünen: Die 380k Linke sind in der Regel enttäuschte Hartz-4-Gegner, denen kann man wunderbar erzählen, dass man den ganzen neoliberalen Merkelkram nicht mehr mitmacht und überhaupt geläutert zu den Wurzeln zurückkehrt. Und den 400k Grünen kann man erzählen, dass ihre Partei so machtgeil ist, dass so sogar mit der pöhsen FDP Koalitionsverhandlungen geführt hat (ich sehe hier einen spannenden Kindergartenwahlkampf, in dem jeder laut plärrt, wer mit wem und mit wem nicht spielen will).
In jedem Fall halte ich diesen Schachzug geradezu prädestiniert für eine bessere Ausgangsposition bei Neuwahlen. Schulz hat das ja recht unverblümt durchblicken lassen, indem er vorausgesagt hat, dass CSU, Grüne und FDP inkompatibel sind. Und das große Wahlkampfmotto wird sein, jedem der anderen vorzuhalten, dass sie es ja nur um der Macht willen versucht haben, mit den anderen Parteien zusammenzuarbeiten.
Und für die Links- und Grünabweichler zieht bestimmt auch noch die Story vom "Bollwerk der Demokratie" gegen die braunen Horden, nicht umsonst wurde mehrfach tränendrüsig der Geist des 23. März 1933 heraufbeschworen.
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