Zitat von zwerg im Beitrag #368Das Verfassungsgericht hat doch klar gesagt, dass man in einer Notsituation handeln darf. Grundrechte sind immer in Abwägung zueinander, da sie stets mit anderen Grundrechten in Konflikt stehen. Damit ist diese Absolutheit, die hier in ZR da i.a. vertreten wird, nicht angebracht. Ausgangssperren und ähnliches gibt es auch von Polizei bei akuten Attentaten wegen Ermittlungen oder Gefahr im Verzug. Und es wäre Quatsch zu verlangen, dass Handelnde nur die im Nachhinein minimal möglichen und optimal wirkenden Maßnahmen treffen dürfen, weil vorher weiß man nicht nicht das hinterher.
Zunächst mal die Trivialweisheit: Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat, nicht gegen andere Bürger. Ein Grundrecht einzuschränken oder aufzuheben, weil jemand anders nicht gefährdet ist sondern gefährdet sein könnte, ist in der BRD ein Novum. Wenn die Polizei eine Ausgangssperre bei einem akuten Attentat ausspricht (beispielsweise auch bei viel harmloseren Vorgängen wie Bombenentschärfungen), dann hat das einen konkreten, exakt umrissenen Anlaß und eine exakte Begrenzung. Diffuses Einsperren in der Hoffnung damit einen Virus aufzuhalten gehören nicht dazu. Die Verfassung der BRD ist nicht mit einem Kriegsrecht kompatibel. Zum zweiten: Zum Zeitpunkt des Beschlusses der Bundesnotbremse war man bereits im Nachhinein. Im März wäre das eine andere Situation gewesen, Ende Juni war der Zug schon lange abgefahren.
Zitat Dass viele hier vielleicht zurecht das Verfassungsgericht als parteiisch kritisieren, ist nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass die bei den Fragen erstmal das Sagen haben und ob der europäische Gerichtshof da besser ist, ist stark zu bezweifeln.
Schöner hätte man die Machtergreifung oder die reale DDR Justiz auch nicht beschreiben können. Natürlich haben die das Sagen. Das gilt in jeder Diktatur ebenso. Und wer sich mit einem totalitären Staat anlegt, der wird auch die Folgen spüren. Das ist alles trivial. Ich glaube nur, dass man sich es mit diesem Standpunkt bei weitem zu einfach macht. Auch hier muss ich auf einen weiteren Beitrag verweisen, den ich noch versuche besser zu schreiben, aber ganz roh möchte ich meine Gedankenwelt einmal abbilden: Ich bin, und dieses Urteil hat daran maßgeblichen Anteil, fertig mit diesem Land. Aus meiner Sicht ist der Gesellschaftsvertrag aufgekündigt, der Rechtsstaat ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Das muss Sie nicht jucken. "Was bläst der die Backen auf? Was will er denn machen?" Nicht viel. Zum Beispiel kein Blut mehr spenden. So klein das auch ist. Nichts mehr ehrenamtlich arbeiten. So lächerlich das ist. Die Gesellschaft nicht mehr unterstützen. So schwach wie das ausfällt. Das merken Sie alles nicht. Genauso wenig wie Sie es merken wenn der eine oder andere den Koffer packt (alleine in meiner direkten Bekanntschaft zwei Leute). Merken tut man das erst wenn es hunderttausende tun. Und vielleicht selbst dann nicht sofort. Das Gift der letzten Jahre, das aus diesem Urteil heraus trieft, ist ein ganz langsames, aber umso tödlicheres. Die deutsche Gesellschaft hat deshalb jahrzehntelang besser funktioniert als andere, weil man viele Dinge "eben so macht". Der Deutsche geht Blut spenden. Der Deutsche arbeitet ehrenamtlich. Der Deutsche spendet. Der Deutsche ordnet sich unter und arbeitet auch für die Gemeinschaft. Das ist am Ende eine Erziehungs- und Mentalitätsfrage. Dieser Konsens sieht vor, dass man unterschiedlicher Meinung sein kann, aber nie einen bestimmten Korridor verlässt und dieser Korridor war mit dem Grundgesetz vereinbart, respektive vorgegeben und Karlsruhe hat jahrzehntelang sehr gut darüber gewacht (entgegen solchen Bestrebungen wie heute, die es auch damals schon gab, nur damals eben erfolgreich). Und dieser Konsens ist für mehrere Millionen Menschen aufgekündigt worden, vollkommen egal in welche Legitimation Sie das verpacken wollen. Deswegen werfen die morgen noch keine Steine. Aber am Ende haben Sie eine Republik mit der Konsistenz einer DDR, wo keiner mehr hinter dem Staat steht und die Gesellschaft innerlich längst nekrotisch geworden ist. Aber Sie haben recht: Die haben erst einmal das Sagen.
Und vielleicht ein kleiner Gedanke noch hinterher: Die Gesellschaft "braucht" keine "Impfgegner" (ich finde den Begriff immer lustig, angesichts der Tatsache, dass ich locker doppelt so viel geimpft bin wie der durchschnittliche Deutsche). Paar Millionen, so what? Bischen Schwund ist immer. Das ZDF hat das ja gerade unnachahmlich schön dargestellt. Wer braucht die schon? Sie braucht aber auch keine Liberalen (bezogen auf die, die noch übrig sind). Oder Leistungsträger. Oder Leute, die gerne gegen den Staat protestieren. Sie braucht das das alles nicht. Und wenn man zu Ihnen kommt, lieber zwerg, dann werden vielleicht auch Sie feststellen, dass man Sie nicht braucht. Und vielleicht kommt dann jemand und erklärt Ihnen, dass das nichts daran ändert, dass Sie nicht das Sagen haben. Ja, dem ist wohl so.
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