Ich setze meine Gedanken fort. Begreifen, was der Tod ist, konnte ich erst mit dem 60. Lebensjahr. In der Studentenzeit, als meinen Freunden und mir (Wohngemeinschaft in München)alles wegschwand: der Glaube an ein Weiterleben nach dem Sterben, der Begriff Gottes als einer existierenden transzendenten Person, so dass wir uns mit Hegel und Feuerbach fragten,ob er mehr sei als der falsche Name für das Wesen des Menschen, riskierten wir leichtsinnige Bergabenteuer mit dem Risiko, das Leben zu verlieren. Wir wussten damals nicht, was der Tod ist. Gottlob war der Instinkt zum Überleben offensichtlich dennoch stärker.
Jetzt ist mir der Tod ein Trost: Wären wir langlebiger oder unsterblich, was wäre das für ein Leben? Alle Mozarts und Einsteins würden noch leben, wir Kleinen wären erdrückt durch die Genies. So aber haben wir einen Raum zur Entfaltung. Dass es Schildkröten gibt, die läner leben als der Mensch, dass Bäume länger leben, dass welche bis zu 3000 Jahren und 120 Meter hoch leben können, relativiert uns, aber das beleidigt uns nicht.Dafür leben manche Mücken nur ein paar Stunden. Es ist auch tröstlich, dass man nach 80-100 Jahren die Welt verlassen kann, denn sie hat sich dann so verändert, dass man sich nicht mehr wohlfühlt. Alles hat seine Zeit, heißt es in der Bibel. Dafür erlebt Dante nicht mein Jahrhundert. Er erlebte nur seines, aber er kannte alles vor ihm. Wir haben soviel nachzulesen, dass dieser Reichtum uns genügt. Ich werde den Versuch (bzw. das Scheitern) nicht mehr erleben, den Mars bewohnbar zu machen. Aber vielleicht werden wir Menschen es auch eine erhebliche Anzahl von Millionen Jahren schaffen zu überleben, wenn es die 'dummen' Saurier doch auch geschafft haben. Die Säugetiere und damit auch wir bekamen damals die Chance.
Nun fragen Sie mich: Sie sind doch katholischer Theologe, was denken Sie zum Glauben der Christen an das ewige Leben im Himmel, über die "Auferstehung des Fleisches"? Das gehört zu den nicht beweisbaren und hier und heute erfahrbaren Dingen. Darum mache ich nur eine Andeutung: Es gibt auch eine katholische Richtung (im Lexikon: Quietismus, Fenelon), nach der es erlaubt ist, zu denken: Ich will Gott umsonst lieben, nicht um eines Lohnes willen; auch wenn es keinen Himmelslohn gäbe. (Die Formel bezieht sich auf das Wort der drei Jünglinge im Feuerofen, Buch Daniel: König, wir beten dich nicht an, sondern lassen uns lieber verbrennen, selbst wenn Gott uns nicht rettet).
Grüße, Ludwig Weimer
|