Ihr Beitrag, lieber Zettel, hat für mich eine schlechten Beigeschmack. Da gelingt es einem bigotten alten Professor und einigen ähnlich geistlosen Kumpanen (oder wie soll man solche nennen, die über die angebliche Laizität der Wissenschaft schwadronieren?) eine Rede zu verhindern und ihre Haltung dazu ist doch sehr verhalten. Sind die Übeltäter nicht kommunistisch genug? Es ist nur wieder ein Beispiel, das es Liberale mit der Freiheit anderer nicht immer so genau nehmen.
In Antwort auf:Was Zander vor allem verschweigt, das ist die juristische "Grundlage" des Prozesses.
Es wurde in diesem Prozeß überhaupt nicht thematisiert, welche wissenschaftlichen Gründe für und gegen das Kopernikanische System sprechen. Sondern man nahm Bezug auf ein eine angebliche Ermahung Kardinal Bellarminos vom 26. Mai 1616 an Galilei, die es ihm verbot, das Kopernikanische System zu "vertreten", und zwar mit der Begründung, es sei durch die Bibel widerlegt, der zufolge Josua der Sonne geboten habe, stillzustehen. Also bewege sie sich um die Erde.
Keine Spur von einer wissenschaftlichen Erörterung oder Bewertung, weder in dem angeblichen Dokument von 1616, noch in dem Prozeß 1633.
Wenn man schon auf die historischen Fakten schaut (die jener Physikprofessor natürlich nicht kennt), dann sollte man es ganz tun und nicht nur zum Teil.
Galileo wurde eben nicht verboten, "das Kopernikanische System zu vertreten" - es wurde ihm (wenn die Aktennotiz denn echt ist und nicht nur eine goldene Brücke, die man ihm bauen wollte, um den Häresievorwurf zu vermeiden)verboten, das System als Faktum und als einzige Wahrheit zu vertreten, und das mit Hinweis darauf, nicht daß "die Bibel widerlegt werde", sondern das es eben nicht sicheres Faktum sei, dem Augenschein widerspreche und man, träfe Kopernikus zu, den Josuavers eben anders interpretieren müsse. Übrigens hat sich Galileo selbst auf das Gebiet der Bibelinterpretation vorgewagt, was eben durch den Protestantismus zu einem sehr heiklen Unterfangen geworden war.
Einen Beweis für seine These hatte er übrigens nicht (außer der - falschen - Behauptung, die Gezeiten gingen auf die Erdbewegung zurück). Das Kopernikanische System war damals bei weitem noch nicht über eine interessante aber unbewiesene und mit zig Probleme behaftete Hypothese. Erst Kepler kam z.B. ohne Epizyklen aus.
In Antwort auf:Galilei erklärte, er hätte das Kopernikanische Weltbild zwar neben dem ptolemäischen gelehrt, dh seine Studenten darüber in Kenntnis gesetzt, es aber nicht als allein richtig "vertreten". In der Tat hat er - das genaue Gegenteil von dem, was Zander suggeriert - niemals dogmatisch die´Richtigkeit dieses Weltbilds behauptet, sondern es nur als das im Lichte der Fakten wahrscheinlichere bezeichnet.
Das, lieber Zettel, ist nun das Gegenteil der Wahrheit. Natürlich hat Galileo den Geozentrismus als die einzig vertretbare Position hingestellt und jede gegenteilige Meinung mit Spott übergossen. Und auch jene, die nicht ganz mit ihm übereinstimmten oder ihm eben wissenschaftlich nicht das Wasser reichen konnten. Inklusive - und da lag der "tragic flaw" dieses tragischen Helden - seinen Förderer, Papst Urban VIII. Ein Streit unter Freunden wird oftmals umso heftiger.
Die Wahrheit ist nunmal, Galileo wurde nicht aus politischen Gründen verurteilt sondern aus persönlichen Anlässen und aus theologischen Gründen und zwar für eine wissenschaftliche Meinung, die sich später (wenn auch etwas anders) als die "wahrere" herausstellte.
Aber Zander kann ich nicht ganz zustimmen, wirft er doch Galileo Ketzerei vor, was aber hinten und vorne nicht zutrifft.
Er war auch nicht "ein Opfer einer damals freiheits- und wissenschaftsfeindlichen katholischen Hierarchie", denn
1. hat ihn diese Hierarchie und insbesondere dieser Papst wieder und wieder gefördert 2. waren es seine akademischen Kollegen (und nicht irgendwelche Kardinäle), die sich weigerten durchs Fernrohr zu schauen. 3. war es eben nicht so, daß er überall sonst willig Aufnahme fand 4. sollte man bei dem Anlaß nicht vergessen, wer die Universität um die der Ärger geht denn gegründet hat. Wissenschaftsfeindlich?
Das immer noch die gleiche Schauermärchen aus dem finsteren 18. Jarhundert wiederholt wird, finde ich wiederum empörend.
In Antwort auf:Brecht und viele Kommunisten haben Galilei zu einem edlen Kämpfer gegen die Reaktion stilisiert; was Kappes ist.
So so, Kappes ist das? Ja, das stimmt. Aber Brecht der Kommunist sagte nichts anderes als Liberalisten vor ihm und das war auch schon Kappes.
Aber letztlich ist das auch nicht die entscheidende Frage bezüglich des Ereignisses. Hier hat ein akademischer Mob mit und ohne Lehrstuhl, der aber nur eine ganz kleine Minderheit vertritt, ihre Ideologie gewaltsam durchgesetzt.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.