Ich attestiere, dass es den menschlichen Kulturen in der überwiegenden Zahl eigen ist, weder Menschenfleisch zu verzehren, noch mit den Leichen verstorbener mehr anzustellen, als sie anständig zu bestatten. Die Pietät ist auch heute, nicht in Riten, sondern in der Anwendung, in Herz und Kopf, eine beachtenswerte, menschliche Errungenschaft. Wenn das also unser Ziel ist: Einverstanden.
Aber dann, andererseits, spricht wieder ein gewichtiges Argument für den Hagens-Tamtam: Wenn nämlich dieses ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur ist und aber die menschliche Vernunft und Augeklärtheit das Wesen unserer Kultur ebenfalls ausmacht, so muss gerade diese Infragestellung doch stattfinden! Dann hat sie nämlich die Berechtigung, als die sie immer ausgegeben und auch medial diskutiert wurde: Ein Tabubruch.
Wenn ich als Teilzeit-Agnostiker also zum Beispiel eine gewaltlose Empörung Betroffener über dänische Mohammed-Karikaturen verstehen kann, so erwarte ich doch ebenso eine von der Vernunft gesteuerte Akzeptanz für ebendiesen Tabubruch. Wenn, einen Schritt weiter, ich Holocaust-Karikaturen ablehne, dann in der Erwartung und mit der Sicherheit, dass meine Kultur, meine Gesellschaft, diese Ablehnung rational begründen kann.
Nur Tabubrüche führen zu dieser Erkenntnis und zu einem kulturellen Selbstverständnis. Da das Aufhängen von plastinierten Leichen nicht zu der Aufhebung des Wertes "Pietät" geführt hat, hat es vielleicht das Nachdenken einzelner über die Rolle von Leben und Tod ermöglicht, am Ende gar eine stärkeren Verankerung von Pietät als eine kulturelle Grundlage?
Nun muss ich von Hagens verteidigen und wollte das gar nicht. Denn mir ist es lieber, wenn jeder für sich und einzeln erklärt: Ich will das nicht sehen. Oder die anderen, wenn einer es sehen will, fragen: Warum?
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