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Dieses Thema hat 11 Antworten
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Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"  
Zettel

Beiträge: 20.200


19.02.2008 09:24
Sprache, Nationale Identität und Einwanderung Antworten

Zitat von Meister Petz
Erdogans Pläne dagegen laufen tatsächlich auf eine Kolonisierung raus, die der bereits anwesenden türkischen Bevölkerung die Mühen der Anpassung ersparen soll, und zwar bis hin zur Möglichkeit, die Sprache nicht zu lernen.

Und gerade in Deutschland ist die Sprache einfach das einzige nationale Identitätsmerkmal, das Sachsen und Rheinländer, Bayern und Schwaben (mehr oder weniger) gemeinsam haben. Ist schon historisch immer so gewesen. Deshalb hilft auch ein Vergleich mit den USA nichts, wo Englisch und Spanisch teilweise gleichrangig sind. Die amerikanische Gemeinschaft definiert sich eben nicht über die Sprache, die Deutschen schon. Und deshalb ist es nicht chauvinistisch, auf Sprachfähigkeit bei Einwanderern zu bestehen.

Lieber Meister Petz,

danke, daß Sie mir durch diesen interessanten Beitrag Anlaß gegeben habe, über Sprache und nationale Identität ein wenig nachzudenken!

in England sagt man gern: "What separates us from the Americans is our common language".

Auf den ersten Blick nur ein Witz, der von Oscar Wilde sein könnte (vielleicht ist er es auch; keine Ahnunng). Aber vielleicht doch mehr als nur ein Witz.

Gemeinsame Sprache muß nicht gemeinsame nationale Identität bedeuten. Und sie bedeutet es in mindestens zwei Fällen nicht:

Erstens, wenn sich innerhalb eines Sprachraums verschiedene nationale Identitäten gebildet haben. US-Amerikaner und Kanadier sind ein Beispiel. Die spanischsprechenden Nationen Lateinamerikas. Die Wallonen fühlen sich vielleicht nicht als den Flamen national zugehörig; aber als Franzosen fühlen sie sich sicher auch nicht. Und das für uns offensichtlichste Beispiel sind natürlich die Deutschschweizer und die Österreicher.

Zweitens kann es sein, daß innerhalb eines geographischen Raums die "gemeinsame" Sprache lediglich eine Verkehrssprache ist. Das Russische zum Beispiel in der Sowjetunion, das Türkische im Osmanischen Reich, das Englische in den englischsprechenden und das Französische in den Frankophonen Ländern Afrikas. Die meisten, die diese Verkehrssprache beherrschen, haben - wie auch in Indien - eine andere Muttersprache.



Was nun das Deutsche und die Einwanderer aus der Türkei angeht: Ich habe Erdogan so verstanden, daß er das Deutsche als eine Verkehrssprache betrachtet.

Er rät ja den Einwanderern, Deutsch zu lernen. Aber nicht, um Deutsche zu werden, sondern um als Fremde in Deutschland die Voraussetzungen für ein Leben in dieser Gesellschaft zu haben. Ungefähr so, wie die Wolgadeutschen Russisch lernten, wenn sie im Zarenreich oder der Sowjetunion erfolgreich sein wollten.



Sie weisen, lieber Meister Petz, zu Recht auf die besondere Bedeutung der Sprache für die deutsche Einigung hin. Mir ist das gerade wieder deutlich geworden, als ich nach Informationen über die sprachschöpferischen Leistungen des Turnvaters Jahn gesucht habe: Zumindest für den nationalen Aufbruch in Deutschland nach den Napoleonischen Kriegen spielte das Thema "Sprache" eine zentrale Rolle.

Und meines Erachtens kann man die Bedeutung der gemeinsamen Sprache für den Zusammenhalt von uns Deutschen in der Zeit der Teilung auch kaum überschätzen. Neben der Kirche waren es vor allem kulturelle Einrichtungen, die die Gemeinsamkeit aufrechterhielten. Und da spielte die Sprache eine zentrale Rolle. Bis hin zur gemeinsamen Arbeit in der unglückseligen Rechtschreibkommission.



Wie steht es mit multilingualen Nationen; Standardbeispiel Schweiz? Sie scheinen selten zu funktionieren. Man könnte vielleicht eher sagen: Ausnahmefall Schweiz. Gegenbeispiele sind in Europa Belgien, seit ihrer Befreiung die baltischen Staaten, Nachfolgestaaten Jugoslawiens.

Man kann natürlich argumentieren, dort seien die Sprachunterschiede immer nur ein Aspekt tieferliegender ethnischer, kultureller und/oder religiöser Unterschiede.



Historisch gibt es ja interessante Beispiele für die Lösung eines Sprachenkonflikts dadurch, daß eine gemeinsame Sprache entsteht, die Elemente beider Sprachen enthält. Das Englische ist der offensichtlichste Fall, wo gleich zweimal - während der römischen Besatzung und nach der normannischen Eroberung - Elemente romanischer Sprachen in eine an sich germanische Sprache aufgenommen wurden.

Im Fall der aus dem Vulgärlatein hervorgegangenen romanischen Sprachen scheinen andererseits die im selben geographischen Raum gesprochenen Sprachen - das Fränkische in Gallien zum Beispiel, das Gothische in Norditalien - weitgehend velorengegangen zu sein, als sich eine einheitliche Sprache bildete.

Herzlich, Zettel


Themen Überblick
Betreff Absender Datum
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RE: Zettels Meckerecke: Türkische Halbwahrheiten verquer12.02.2008 16:54
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RE: Zettels Meckerecke: Türkische Halbwahrheiten Meister Petz13.02.2008 00:19
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RE: Die Besonderheit der türkischen Einwanderung nach Deutschland Zettel21.02.2008 16:28
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