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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 13 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.02.2008 23:08
Lügen in der Politik Antworten

Dieser Artikel ist das Ergebnis eines - hoffentlich - produktiven Ärgers. Des Ärgers über einen Artikel im gedruckten "Spiegel", auf den hier auch schon Enha aufmerksam gemacht hat.

Dieser Artikel von Franz Walter ist nicht nur ärgerlich, weil er geschwätzig ist und weil er der durchsichtige Versuch ist, den möglicherweise bevorstehenden Wortbruch der Wiesbadener SPD sozusagen politologisch zu überhöhen. Sondern vor allem, weil seine These falsch ist. Das versuche ich zu zeigen.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

28.02.2008 10:32
#2 RE: Lügen in der Politik Antworten

Lieber Zettel,

immer wenn "Intellektuelle" anfangen, das Lügen zu loben, dann ist höchste Vorsicht angebracht! Dann wollen sie uns nämlich auf die eigene Lüge vorbereiten, die sie vorhaben, demnächst in die Welt zu setzen.
Ich habe die Anführungsstriche setzen müssen, weil jemand, der sich nicht der Wahrheit verpflichtet fühlt, in meinen Augen kein Intellektueller sein kann. Er ist einfach ein Lügner.

Herzlich, Thomas

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.02.2008 11:10
#3 RE: Lügen in der Politik Antworten

Zitat von Thomas Pauli
immer wenn "Intellektuelle" anfangen, das Lügen zu loben, dann ist höchste Vorsicht angebracht! Dann wollen sie uns nämlich auf die eigene Lüge vorbereiten, die sie vorhaben, demnächst in die Welt zu setzen. Ich habe die Anführungsstriche setzen müssen, weil jemand, der sich nicht der Wahrheit verpflichtet fühlt, in meinen Augen kein Intellektueller sein kann.

Das ist ein interessanter Punkt, lieber Thomas. Der Nichtintellektuelle kommt ja im allgemeinen nicht auf den Gedanken, das Lügen zu rechtfertigen oder gar über den grünen Klee zu loben, so wie das Franz Walter tut.

Mag sein, daß er ein großer Lügenbeutel ist, der Nichtintellektuelle. Aber dann gehört eben logischerweise dazu, daß er auch über sein Lügen lügt, daß er sich als anständig ausgibt.

Der Intellektuelle aber guckt hinter die Kulissen, er zieht den Vorhang beiseite, er ist ein Schlaumeier, der sagt, wie es wirklich ist. (Ich verzichte jetzt auf die Anführungszeichen, die in deinem Sinn aber hierher gehörten). Das ist seine Funktion. Er ist ja ein Welterklärer, ein Sinnverkäufer, der Intellektuelle.

Und er liebt das Paradox, er macht sich damit wichtig und interessant. Jeder, der mal a bisserl Oscar Wilde gelesen hat, kann diese Technik aus dem Ärmel schütteln: Man sagt das Gegenteil von dem, was alle sagen, und fügt ein "natürlich" hinzu. Das zeigt, welchen Durchblick man hat.

Das reicht für ein Aperçu, wenn es originell ist. Aber das Lügen zu loben ist ja noch nicht einmal originell. Machiavelli hat dazu alles gesagt, was man politisch sagen kann; Nietzsche hat die biologische, die psychologische Funktion der Lebenslüge entdeckt, ein Vorläufer Freuds auch in diesem Punkt.

Und dann kommt so einer wie dieser Walter daher und rennt mit großem Getöse diese Tür ein, die so sperrangelweit offensteht wie ein Scheunentor bei den Einwohnern von Brobdingnag.

Herzlich, Zettel


Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

28.02.2008 11:49
#4 RE: Lügen in der Politik Antworten
Lieber Zettel,

in diesem Fall sehe ich den Intellektuellen auch als den Großen Umdeuter, der bereit ist, aus der Lüge eine Tugend zu machen, wenn es ihm politisch in den Kram paßt. So wird an der Lüge nicht ihre Schäbigkeit sondern ihre Raffinesse betont, und, waren nicht alle Großen auch große Lügner? Sind wir nicht alle irgendwo Lügner?? So soll uns beigebracht werden, daß der politische Wortbruch der SPD ja eigentlich gar keiner ist, oder jedenfalls in einer großen Tradition steht. So wird auf vielen Seiten bedrucktem Papier die Farbe Schwarz zu Weiß umgedeutet - man muß schon wirklich was auf dem Kasten haben, um den Wald hinter den Bäumen verschwinden zu lassen!

Herzlich, Thomas
C. Offline




Beiträge: 2.639

28.02.2008 12:23
#5 RE: Lügen in der Politik Antworten
Zitat von Zettel
Dieser Artikel von Franz Walter ist nicht nur ärgerlich, weil er geschwätzig ist und weil er der durchsichtige Versuch ist, den möglicherweise bevorstehenden Wortbruch der Wiesbadener SPD sozusagen politologisch zu überhöhen.


Es hätte mich jetzt auch wirklich gewundert, wenn jetzt nicht scheibchenweise aus einer Wählertäuschung ein kluger Schachzug gezimmert werden würde.

Zitat von Zettel
Sie haben "Die Politiker lügen"? Prima. Gratuliere. Sie haben Ihr Ohr am Mund des Volkes. Sie wissen, was auch noch der Doofste über "die Politiker" weiß.


Du lässt allerdings offen, wie jetzt auch der Doofste oder auch das Volk zu diesem Eindruck kommt, vor allen Dingen diejenigen, die nicht aktiv am politischen Geschäft teilnehmen, sondern deren Teilhabe sich, wenn überhaupt, auf den Urnengang beschränkt. Ob jetzt Politiker lügen oder nicht, wird der Doofste in den seltenste Fällen durch eigen Anschauung feststellen können, sondern es wird ihm in aufbereitet nahegebracht, sowohl von Politikern als auch von der "vierten Staatsgewalt," den Medien. Es gibt Beispiel zuhauf (in wilder Reihenfolge):die Kosovolüge, die Rentenlüge, den Lügenausschuss, das Barschel-Ehrenwort, die jüdischen Vermächtnisse.

Allerdings macht es der Doofste in seinr Funktion als Wähler dem Politiker nicht leicht. Auf der einen Seite schätzt er Glaubwürdigkeit hoch ein (Ypsilanti galt nach Umfragen glaubwürdiger als Koch, Kochs Vorstoß in Sachen Kriminalität jugendlicher Migranten wurde in der Sache als richtig, aber als unglaubwürdig wahrgenommen), auf der anderen Seite straft er Ehrlichkeit in Wahlkämpfen trocken ab (wie die Ankündigungen der CDU zur Mehrwertsteuererhöhung).

Da Opposition, zumindest für die Volksparteien, "Scheiße" (Müntefering) ist, gilt es auf dem schmalen Grat der Täuschung und Glaubwürdigkeit zu wandeln. Ypsilanti hat ihren Glaubwürdigkeitsbonus verspielt und hat dringend Hilfstruppen nötig, wie eben Franz Walter, aber noch viele weitere der schreibenden Zunft, um den Schwenk zur Linken zu verkaufen. Was allerdings jetzt abläuft, ist nicht nur die Beleidigung von denen, die das alles schon vorher geahnt haben, sondern auch des Doofsten.
Mimus Vitae Offline



Beiträge: 1

28.02.2008 13:47
#6 RE: Lügen in der Politik Antworten

Bei allem Amusement über verschwurbelt formulierte Trivialitäten und dem zum Selbstzweck verkommenen Gebrauch von Fremdwörtern zum (sonst wohl als nicht erkennbar befürchteten) Beweis der Gelehrtheit zeigt Herr Walter exemplarisch, daß die fachliche Expertise auf dem Gebiet der Soziologie noch lange nicht ausreicht, um auf anderen Gebieten ebenfalls zu glänzen:

Wer tarnt, täuscht und ausweicht, betreibt Taktik, keine Strategie.

Hat wohl nicht an einer Militärakademie studiert, der gute Mann.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.02.2008 14:52
#7 RE: Lügen in der Politik Antworten

Lieber Mimus Vitae

Zitat von Mimus Vitae
Bei allem Amusement über verschwurbelt formulierte Trivialitäten und dem zum Selbstzweck verkommenen Gebrauch von Fremdwörtern zum (sonst wohl als nicht erkennbar befürchteten) Beweis der Gelehrtheit zeigt Herr Walter exemplarisch, daß die fachliche Expertise auf dem Gebiet der Soziologie noch lange nicht ausreicht, um auf anderen Gebieten ebenfalls zu glänzen:

Wobei man über diese fachliche Qualifikation auch streiten könnte. Die akademische Karriere von Walter ist etwas ungewöhnlich: Er war an derselben Fakultät derselben Uni (Göttingen) nacheinander Akademischer Rat auf Zeit, Wissenschaftlicher Assistent, wissenschaftlicher Oberassistent, apl. Prof und ist dort jetzt Lehrstuhlinhaber. Eine Hausberufung also, ohne daß er wenigstens mal als Gastdozent oder Lehrstuhlvertreter außerhalb gewesen ist. Üblich ist, daß man allenfalls nach einem auswärtigen Ruf an die Uni zurückkehrt, an der man sich habilitiert hat. Übrigens sind ja auch das niedersächsische Wissenschaftsministerium und der Präsident der Uni Göttingen offenbar nicht so ganz von Walters Qualifikation überzeugt.
Zitat von Mimus Vitae
Wer tarnt, täuscht und ausweicht, betreibt Taktik, keine Strategie. Hat wohl nicht an einer Militärakademie studiert, der gute Mann.

Stimmt. Was Walters Studium angeht - auf Lehramt in Berlin und Bielefeld.

Herzlich, Zettel

Ps: Willkommen im "Kleinen Zimmer"!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.02.2008 15:27
#8 RE: Lügen in der Politik Antworten

Zitat von Thomas Pauli
... in diesem Fall sehe ich den Intellektuellen auch als den Großen Umdeuter, der bereit ist, aus der Lüge eine Tugend zu machen, wenn es ihm politisch in den Kram paßt.

Ja, das ist das ist schon etwas peinlich. Die Nachtigall macht traps traps traps. Wer seine wissenschaftlichen Bemühungen so in den Dienst tagespolitischer Interessen stellt, der diskreditiert sich. Jedenfalls als Wissenschaftler.
Zitat von Thomas Pauli
So soll uns beigebracht werden, daß der politische Wortbruch der SPD ja eigentlich gar keiner ist, oder jedenfalls in einer großen Tradition steht.

Es hat schon Ähnlichkeit mit der Beflissenheit, mit der die Hofdichter ihrer kommunistischen Herren deren Winkelzüge jeweils propagandistisch rechtfertigten. Als Stalin mit Hitler paktierte, waren ganze Scharen von Publizisten in Frankreich damit beschäftigt, das als höhere Weisheit darzustellen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.02.2008 16:31
#9 RE: Lügen in der Politik Antworten

Zitat von C.
Zitat von Zettel
Sie haben "Die Politiker lügen"? Prima. Gratuliere. Sie haben Ihr Ohr am Mund des Volkes. Sie wissen, was auch noch der Doofste über "die Politiker" weiß.

Du lässt allerdings offen, wie jetzt auch der Doofste oder auch das Volk zu diesem Eindruck kommt, vor allen Dingen diejenigen, die nicht aktiv am politischen Geschäft teilnehmen, sondern deren Teilhabe sich, wenn überhaupt, auf den Urnengang beschränkt.

Ich denke, dear C., es ist wie mit allen Vorurteilen: Es ist ja was dran. Daß man nicht nur in der eigentlichen Politik, sondern in allen Gremien, bei jeder Verhandlung nicht blauäugig seine Meinung sagen darf, sondern sich taktisch verhalten muß, liegt doch auf der Hand. (Mir ist da meine Juso-Zeit gelegentlich schon mal zugute gekommen ).

Aber wie alle Vorurteile ist das eben nur das Offensichtliche, das auf der Hand Liegende. Was ebenso wahr - und wichtiger - ist, daß nämlich Politik ohne Vertrauen und Zuverlässigkeit nicht funktionieren kann, das ist in diesem Vorurteil nicht repräsentiert. So wie, sagen wir, bestimmte offensichtliche Eigenschaften vieler Franzosen - Freude am guten Essen, am guten Leben überhaupt usw. - in unserem Bild "vom Franzosen" enthalten sind; andere - die Hochschätzung der Bildung, die Bürokratie zB - aber viel weniger.

Übrigens ist mir im Nachhinein zu dem Artikel noch eingefallen, wie eigenartig Geheimdienste Vertrauen und Zuverlässigkeit betonen - ausgerechnet die! In internen Beurteilungen von IMs durch das MfS taucht das immer wieder auf - daß der Betreffende ehrlich und zuverlässig sei.

Noch nicht mal bei den Schlapphüten würde es funktionieren, wenn alle sich so verlogen verhielten, wie sich Walter die Politik vorstellt. (Vermutlich wird sein Bild von der Politik zu sehr von den Linken seiner Generation der Spät-Achtundsechziger geprägt, könnte man boshaft vermuten).
Zitat von C.

Ob jetzt Politiker lügen oder nicht, wird der Doofste in den seltenste Fällen durch eigen Anschauung feststellen können, sondern es wird ihm in aufbereitet nahegebracht, sowohl von Politikern als auch von der "vierten Staatsgewalt," den Medien.

Ich kann mich nicht erinnern, daß das vor den siebziger Jahren so gewesen wäre. Der Vorwurf der "Lüge" ist groß in Mode gekommen, als selbsternannte Moralisten sich in den Medien ausbreiteten.

Dabei wurde die Moral als Instrument im politischen Kampf mißbraucht. Nicht nur in Deutschland. Präsident Bush zB hat in Bezug auf den Irak-Krieg vermutlich weniger "gelogen" als die meisten Staatsmänner in vergleichbarer Situation. Aber dieser Vorwurf der Lüge wurde erfolgreich in den Mittelpunkt der Propaganda gegen ihn gestellt. In den USA und dann noch monströser in Deutschland.
Zitat von C.
Allerdings macht es der Doofste in seinr Funktion als Wähler dem Politiker nicht leicht. Auf der einen Seite schätzt er Glaubwürdigkeit hoch ein (Ypsilanti galt nach Umfragen glaubwürdiger als Koch, Kochs Vorstoß in Sachen Kriminalität jugendlicher Migranten wurde in der Sache als richtig, aber als unglaubwürdig wahrgenommen), auf der anderen Seite straft er Ehrlichkeit in Wahlkämpfen trocken ab (wie die Ankündigungen der CDU zur Mehrwertsteuererhöhung).

Stimmt, das ist ein interessanter Widerspruch. Ich glaube, das ist allerdings menschlich-allzumenschlich. Es ist wie in einer Beziehung: "Liebling, sag mir ehrlich, wie es mit uns steht. Aber sag nicht, daß du mich nicht mehr liebst".

Mundus vult decipitur. Man sieht das ja im Augenblick daran, wie Obama mit seinen Märchen von dem ganz anderen Amerika, wenn nur alle zusammenstehen, die Leute belabert.
Zitat von C.
Was allerdings jetzt abläuft, ist nicht nur die Beleidigung von denen, die das alles schon vorher geahnt haben, sondern auch des Doofsten.

Tja, dear C., ich hätte es auch schöner gefunden, wenn nur du und ich und die, die hier mitlesen, uns zu Recht beleidigt fühlen dürften.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.03.2008 11:44
#10 ´Der Fluch der bösen Tat Antworten

Zitat von Thomas Pauli
So soll uns beigebracht werden, daß der politische Wortbruch der SPD ja eigentlich gar keiner ist, oder jedenfalls in einer großen Tradition steht.

Und daß er auch eine große Tradition begründet.

Denn jetzt zeigt sich schon das, was ich in dem Artikel aus Untersuchungen zur Spieltheorie zitiert hatte: Anfangs kommt man mit Lügen durch. Aber wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

Zitat aus dem verlinkten Artikel in der FAZ:
Der Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn (SPD), sagte der F.A.S.: "Ich halte Kurt Becks Entscheidung, dass die Länder über den Umgang mit der Linkspartei entscheiden, für richtig. Das ist ein Prozess der Normalisierung, der in Ostdeutschland längst stattgefunden hat. Nun kommt es für Kurt Beck darauf an, glaubhaft zu machen, dass ein Bündnis mit der Linken im Bund ausgeschlossen bleibt."

Na, das dürfte doch einfach sein, das glaubhaft zum machen. Beck verspricht es einfach.

Beck könnte ja zum Beispiel sagen: "Wie meine Kollegin Ypsilanti in Hessen erkläre ich jetzt für den Bund feierlich: Bei meinem Nein zu Rot-Rot bleibt es auch nach dem Wahlabend. Garantiert."

Herzlich, Zettel


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.03.2008 16:13
#11 RE: Lügen in der Politik Antworten

Aktuelle Ergänzung:

Franz Walter bleibt seinem Verfahren treu, der Volksfront wissenschaftlichen Flankenschutz zu geben. Nach dem Lob der Lüge (Ypsilantis) ist es jetzt der Tadel des Mehrheitswahlrechts (das den Kommunisten in Deutschland wohl den Garaus machen würde).

Ich will nicht wieder gegen Walter polemisieren. Nur eine Anmerkung, weil es um Frankreich geht.

Walter schreibt über die Folgen eines Mehrheitswahlrechts: "Denn dann würde sich die Opposition unmittelbar und rigide in den Bereich der Gesellschaft verlegen, nicht selten in Form von Demonstrationen, auch Streiks, wie wir es bezeichnenderweise in schöner Regelmäßigkeit in Frankreich erleben, dessen Wahlsystem Roman Herzog den Deutschen ans Herz legt."

Die Demonstrationen und Streiks in Frankreich haben mit dem Mehrheitswahlrecht ungefähr so viel zu tun wie mit dem Droit de Seigneur. Nie wurde in Frankreich mehr gestreikt und demonstriert, als in der Vierten Republik mit ihrem Verhältniswahlrecht.

Streiks in Frankreich sind überwiegend Streiks des Öffentlichen Diensts; dort dürfen auch Beamte streiken. Und der Öffentliche Dienst ist umso streikbereiter, je schwächer die jeweilige Regierung ist, und je erpreßbarer durch die Gewerkschafen.

Deshalb wurde und wird in Frankreich dann viel gestreikt, wenn die Mehrheitsverhältnisse unklar sind (wie unter dem Verhältniswahlrecht der Vierten Republik), wenn eine Regierung schwach ist (wie zuletzt die Regierungen unter Chirac) oder wenn die Linke an der Macht ist (weil die auf die Unterstützung der Gewerkschaften angewiesen ist).

Also, die Streiks in Frankreich als Argument gegen das Mehrheitswahlrecht ins Feld zu führen ist schon a bisserl dreist. Ungefähr so wie ein Lob der Lüge.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.03.2008 04:02
#12 RE: Lügen in der Politik Antworten

Aktuelle Ergänzung: Nach dem Sturz von Stefan Aust als Chefredakteur des "Spiegel" wurde als erster der Leitenden Redakteure, die von ihm eingestellt worden waren, der liberalkonservative Matthias Matussek gefeuert. Seither ist er im Impressum als "Autor" verzeichnet.

In dieser Eigenschaft hat er im aktuellen (12/08) "Spiegel", rubriziert als "Debatte", eine Entgegnung auf Walters Artikel verfaßt, in der er - bei Matussek wundert mich das nicht - ähnlich argumentiert wie ich in dem Artikel in ZR. Der Text ist auch in Spiegel Online zu lesen.

Kaa Offline




Beiträge: 658

21.03.2008 11:24
#13 RE: Lügen in der Politik Antworten

Lieber Zettel

Danke für diesen Link. Diesen Artikel habe ich ausgedruckt. Das ist eine Premiere und wird so oft auch nicht vorkommen.

Das Experiment, das er darin vorschlägt, am Donnerstag zwischen 14 und 15 Uhr die Wahrheit zu sagen, könnte viel interessanter werden, als sich die meisten das jetzt vorstellen. Und es würde Nutzen unabhängig von der Anzahl der Teilnehmer bringen. Ich würde es nur dahingehend erweitern, jeden Donnerstag zwischen 14 und 15 Uhr nicht zu lügen.


Kaa

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

21.03.2008 18:40
#14 RE: Lügen in der Politik Antworten

Zitat von Kaa
Diesen Artikel habe ich ausgedruckt. Das ist eine Premiere und wird so oft auch nicht vorkommen.

Ja, Matussek denkt unabhängig und kann auch noch gut schreiben.

Das zweite hat ihm den Job als Kulturchef des "Spiegel" eingebracht. Das erste hat ihn diesen Job gekostet.

Herzlich, Zettel

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