Zitat von Kaa
Artikel aus Cicero
Liebe Kaa, ich glaube, über Heinsohn haben wir hier schon einmal diskutiert, wenn auch nach meiner Erinnerung nur kurz.
Seine Thesen - sie sind nicht von ihm, aber er vertritt sie in Deutschland am vehementesten - haben etwas Bestechendes. Den Kern entwickelt er ja auch wieder in diesem Artikel:
Gesellschaften werden aggressiv, nach innen und außen, wenn es einen Überschuß an jungen Männern gibt, argumentiert er. Einen Überschuß in dem Sinn, daß sie zahlreicher sind als ihre Vätergeneration und sich für sie im Land kein Auskommen findet (sie also nicht den Hof erben, das Geschäft übernehmen können usw.). Das sind vor allem die dritten und vierten und weiteren Söhne einer Familie.
Was machen die? Sie sind, argumentiert Heinsohn, für das Kriegshandwerk prädestiniert. Früher einmal wurden sie Berufssoldaten, Söldner, dergleichen. Heute werden sie beispielsweise Dschihadisten oder Angehörige der Truppen von War Lords in Afrika.
Dieses Erklärungsmuster wendet Heinsohn nun auf so ungefähr jedes politische Thema an. Manchmal paßt es verblüffend (zB ist dank der Hilfen von außen die Fertilität in der Palästinensergebieten ungewöhnlich hoch; gleichzeitig gibt es dort keine Jobs für junge Männer - also gehen sie zur Hamas).
Meine (vorläufige, ich habe mich nicht ernsthaft mit der Sache befaßt) Meinung ist, daß es wie mit allen monokausalen Erklärungen ist: Heinsohn trifft einen Faktor, der relevant ist. Aber er tendiert dazu, in ihm den überhaupt einzigen Faktor zu sehen.
Zum Beispiel hat die deutsche Zurückhaltung, Kampftruppen nach Afghanistan zu schicken, wohl mehr mit der aktuellen innenpolitischen Situation und mit der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert zu tun, als mit unserer (in der Tat freilich katastrophalen) demographischen Entwicklung.
Herzlich, Zettel