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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 24 Antworten
und wurde 3.371 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 02:08
Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Kaum eine politische Frage beschäftigt mich so wie die, warum die Hoffnungen, die wir - die jedenfalls viele von uns - an die Wiedervereinigung geknüpft haben, sich nicht erfüllten.

Im ersten Teil der OsterfragerEi gebe ich diese Frage an Sie, an Euch weiter.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

16.03.2008 07:49
#2 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Guten Morgen,

es gibt vermutlich nur ein sehr dickes Bündel an höchst unterschiedlichen Gründen. Einer der Gründe ist hier zu sehen:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,gro...-270530,00.html
Dazu der Artikel unter http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,270530,00.html

Die Intelligenz der 18-22 Jahre alten Männer (2003) in Sachsen und Thüringen ist durchschnittlich, regional überdurchschnittlich, in den anderen drei ostdeutschen Bundesländern "weit unterdurchschnittlich". Das ist m. E. eine Teilerklärung für die Wahlergebnisse und auch die wirtschaftliche Entwicklung.

Gruß,
Gansguoter

Kane Offline




Beiträge: 133

16.03.2008 09:34
#3 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten
Eine Erklärung könnte sein, dass durch das viele Geld das ähnliche passiert ist, wie bei der Entwicklungshilfe an die Dritte Welt.

Es fließt zuviel Geld rein ohne eine Gegenleistung (wirtschaftlich und politisch).

Ein andere Punkt ist die zu große Macht bestimmter Interessenverbände (Gewerkschaften, Berufsverbände usw).
Nach dem II. Weltkrieg ware ja nicht nur die Industrie Westdeutschland zerstört, sondern auch die Interessenverbände waren ja zerschlagen. So konnte sich die Marktwirtschaft realativ unbehindert ausbreiten und sich "rational" verhalten ohne durch ökonomische Analphabeten wie Gewerkschaften gestört zu werden.
Eltov Offline




Beiträge: 152

16.03.2008 12:16
#4 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Da mich dein historischer Analphabetismus tief betroffen macht, habe ich dir ein kleines CARE-Paket aus Fakten zusammengestellt.

Ein paar aus Wikipedia abgeschriebene Gründungsdaten zufällig ausgesuchter Gewerkschaften:
IG Bergbau : 1946
IG Chemie : 1946
Marburger Bund (Ärzte) : 1947
IG HBV (Handel, Banken, Versicherungen): 1948
IG Druck und Papier : 1948
IG Metall 1949
DAG (Angestellte) : 1949
ÖTV (Öffentlicher Dienst, Transport, Verkehr): 1949
IG BSE (Bauarbeiter) : 1949

Der Beginn des Wirtschaftswunders wird grob auf 1955 datiert.
Mit der Gründung des DGB 1949 kann der Wiederaufbau der Gewerkschaften schon als abgeschlossen gelten. Er ging dem Wirtschaftswunder also voraus.

In Antwort auf:
"Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal die Fresse halten Besser informieren!"

Chripa Offline



Beiträge: 132

16.03.2008 14:20
#5 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Lieber Zettel,
mich beschäeftigt dieses Thema auch sehr.
Hier ein paar ungeordnete Ansätze:
-1989 stand die alte Bundesrepublik schon nicht
mehr so gut da, wie man glaubte. Dennoch hat man
das ganze bürokratische System auf die neuen Länder
übertragen.
-Die demografische Situation war der in den 50er Jahren
nicht vergleichbar, es gab nicht so viele junge Leute,
die etwas Neues schaffen wollten. Es wurde oben ja schon
angedeutet, dass gerade die intelligenten und ehrgeizigen
Leute weggezogen sind.
-Zeitgleich verstärkte sich die Globalisierung, Ostdeutschland
musste mit Asien, Osteuropa etc. konkurrieren.
- Man hat nach dem Fall der Mauer nur die oberflächlichen
Probleme (Rumpelstraßen,vergammelte, hässliche Häuser)gesehen,
die der Sozialismus hinterlassen hatte. Viel schlimmer waren
aber ja die geistig-moralischen Folgen. Deshalb war es ein Fehler,
über Steuersubventionen so viel Geld in Immobilien zu pumpen,
das Geld hätte man besser anlegen können.
-Gerade weil so viele Gelder geflossen sind, haben viele Leute
geglaubt, das Wirtschaftswunder würde quasi von alleine kommen.
Ich hab von Stadtverwaltungen der Nachwendezeit gehört, die
Vertreter großer Konzerne nach Gutsherrenart behandelt haben
("wer hier investiert, entscheide ich").
Zur Wendezeit soll mal eine Frau im Fernsehen gesagt haben, jetzt
wolle man am liebsten erstmal in Urlaub fahren, derweil die Wessis
das Land aufbauen..
-Wieso die Marktwirtschaft in der Ex-DDR so viel schlechter angesehen
ist als zB in Tschechien oder Polen weiß ich auch nicht. Dort haben
ja zumindest zum Teil wirkliche Liberale/Konservative das Sagen, etwa
Vaclav Klaus.
-Ich finde, der Begriff der "blühenden Landschaften" ist falsch
aufgefasst worden als "Paradies auf Erden". Gemeint hat Kohl, denke
ich, dass das Land trotz bestehender Probleme eine gute Entwicklung nimmt.
-Insgesamt hat sich in den letzten Jahren doch auch viel gebessert.
Trotz des Erfolgs der PDS sind die Animositäten zwischen Ost- und Westdeutschen
zurückgegangen. Viele Unternehmen haben sich am Markt etabliert, das verarbeitende
Gewerbe verbucht beeindruckende Zuwachsraten. Das Problem mit dem steigenden
Anteil nicht integrierter Einwanderer wäre ohne die Wiedervereinigung noch
schlimmer. Durch die hohen Kosten, die die Wiedervereinigung verursacht hat,
musste sich das Land zumindest zum Teil den Herausforderungen der Zukunft stellen.
Anderenfalls hätte man dies noch viel länger auf die lange Bank schieben können.
Herzlich,
Chripa

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 14:59
#6 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Zitat von Eltov
Der Beginn des Wirtschaftswunders wird grob auf 1955 datiert.

Soso. Von wem denn? Glaub's ihm nicht, lieber Eltov. Diese Entwicklung begann am 21. Juni 1948. Das Wort "Wirtschaftswunder" ist übrigens viel älter.
Zitat von Eltov
Mit der Gründung des DGB 1949 kann der Wiederaufbau der Gewerkschaften schon als abgeschlossen gelten. Er ging dem Wirtschaftswunder also voraus.

Ja, natürlich tat er das. Und?

Herzlich, Zettel

Kane Offline




Beiträge: 133

16.03.2008 18:04
#7 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten
@Eltov

Da habe ich wohl einiges an Denkleistung zuviel vorausgesetzt.Ich wollte keine seitenlangen Abhandlungen schreiben.

Wer keinen Unterschied zwischen der Macht der Interessenverbände kurz nach dem Krieg, nach oder während der Entnazifizierung und der Macht der Interessenverbände Ende der achtziger sieht...tja...


Zum anderen bitte ich höflichst um bessere Umgangsformen.
Kaa Offline




Beiträge: 658

16.03.2008 18:36
#8 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Hallo Gansguoter

Das mit der unterdurchschnittlichen Intelligenz ist ja eine Folge oder ein anderer Aspekt des Phänomens. Die Klugen sind vermehrt abgewandert.

Kaa
______

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

16.03.2008 19:41
#9 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Lieber Zettel und liebe Mitposter,

ich gehe zu einem späteren Zeitpunkt auf das Thema Wiedervereinigung ein, aber dieser Schreibstil passt nach meiner Meinung nicht in dieses Forum:

In Antwort auf:
--------------------------------------------------------------------------------
"Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal die Fresse halten Besser informieren!"

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

16.03.2008 19:41
#10 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Für die Osterzeit sind Sie aber empfindlich zu früh.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

16.03.2008 19:57
#11 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Der Vergleich mit der Entwicklungshilfe war auch mein erster Gedanke. Warum entwickelten sich die Staaten, die weder Entwicklungshilfe erhielten noch Rohstoffe besitzen (wie Taiwan, Südkorea) und die anderen nicht? Durch das Geld von aussen schafft man die Anreize, sich um eben jenes zu bewerben, also jenes zu verwalten, von ebenjener Unterstützung zu leben oder - falls gut qualifiziert - für eine NGO zu arbeiten. Das heisst aber eben auch nicht produktiv zu sein, im Sinne von zu der lokalen Wirtschaft beitragen. Das Geld von aussen konkurriert mit den Armen um die Arbeitskraft der besser qualifizierten.

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

16.03.2008 22:03
#12 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Das sehe ich auch so, auch die von "dirk" und "chripa" beschriebenen Gründe treffen meiner Meinung nach zu.

Am wichtigsten scheint mir einer der "Entwicklungshilfe-Aspekten" zu sein: Wenn klar ist, daß mir Keiner hilft, muß ich selber loslegen, kann dann schon ein wenig Stolz auf das Erreichte sein, bekomme noch mehr Kräfte. Diese Dynamik ist durch nichts zu ersetzen. Fremdes Geld wirkt da immer demotivierend, ob als "Geschenk", oder als übermächtige Konkurenz. Es ist ja nicht möglich, sich mit vollem Einsatz gleichzeitig eigener Arbeit und dem Erfüllen von "Subventionsbedingungen" zu widmen. Ich kann ja nicht gleichzeitig "erfolgreich" und "arm" sein wollen.

(Gut, es mag solche Leute geben, die beides können. Aber die sind dann nur an dem Geld interessiert, nicht an der Sache, um die es geht. Die kann ich aber nicht verstehen, und unsympatisch sind mir zusätzlich ;-)

Ungelt

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

16.03.2008 22:26
#13 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Hallo Kaa,
die unterdurchschnittliche Intelligenz ist nicht unbedingt eine Folge oder ein anderer Aspekt - denn es wäre die Frage, wann diejenigen abgewandert sind, die den Durchschnitt gehoben hätten bzw. wie es dazu gekommen ist. Waren die Märker schon immer weniger intelligent als der deutsche Durchschnitt? Oder sind schon vor 1961 soviele abgewandert, dass die durchschnittliche Intelligenz gesunken ist? Dann wären 1989/90 schon nur durchschnittlich weniger Intelligente vor Ort gewesen, um das Land aufzubauen. Oder hat die Bildungs- und Gesellschaftspolitik über die Jahrzehnte zu einem Absinken der Intelligenz geführt (Intelligenz erblich oder umweltbedingt?)? Das Ergebnis wäre dasselbe. Oder ist die entscheidende Abwanderung erst nach 1989 erfolgt? Gleichwie, in dieser Situation sehe ich einen Grund dafür, dass die Linken derart starken Zuspruch haben, als auch für die unerfreuliche wirtschaftliche Entwicklung.
Gruß,
Gansguoter

Wamba Offline



Beiträge: 295

16.03.2008 22:29
#14 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Zitat von Kane
Zum anderen bitte ich höflichst um bessere Umgangsformen.

Lieber Kane,

einen weiteren Beitrag von Eltov, der noch etwas unhöflichere Formulierungen enthielt, habe ich gelöscht und Eltov verwarnt. Bei einem weiteren derartigen Beitrag erlischt die Mitgliedschaft von Eltov.

Vielleicht hätte ich auch auf den von Ihnen zu Recht monierten Beitrag schon so reagieren sollen; es war für mich ein Grenzfall.

Herzlich, Wamba/Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.03.2008 23:48
#15 Ostertage Antworten

Zitat von str1977
Für die Osterzeit sind Sie aber empfindlich zu früh.

Hm, lieber str1977. Ich glaube, dieser Punkt läßt sich leichter klären als das, womit sich dieser Thread beschäftigt.

Sehen Sie sich mal in der Wikipedia den Artikel "Palmsonntag" an. Sie finden dort dies:

"m Hessischen Ried und im Odenwald ist es Brauch, dass an Palmsonntag der sogenannte Palmhase kommt. Er bringt meist ein bis zwei Ostereier und eine kleine Nascherei, immer häufiger auch kleine Geldgeschenke. Er ist ein kleiner Vorgeschmack auf den Osterhasen."

Und entgegen diesem eindeutigen Beweis wollen Sie bestreiten, daß heute die Osterzeit begonnen hat?

Herzlich, Zettel

Kaa Offline




Beiträge: 658

17.03.2008 11:51
#16 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Hallo Gansguoter

In dem von Ihnen verlinkten Artikel steht, daß die Klugen nach Westen abgewandert sind. Was die Untersuchung mißt ist die Intelligenz junger Männer, Rekruten (17 bis 20 würde ich annehmen). Ich vermute mal, diese Abwanderung ist nach 1989 erfolgt.

Und ich finde das mit der unterdurchschnittlichen Intelligenz sehr interessent und auch, daß es so schnell gehen kann, es ist ja in weniger als 20 Jahren passiert. Und in Ostfriesland ist es ähnlich. Und nun kann man sagen, weil zu viele Kluge und Unternehmungslustige weg sind, gab es kein Wirtschaftswunder. Oder man kann vermuten, es gab eine Ursache (ein Ursachengefüge), die dazu führte, daß viele Kluge/Unternehmungslustige ausgewandert sind und die daheimgebliebenen nicht intensiv was aufbauen konnten.

Viele Grüße

Kaa

Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

17.03.2008 13:56
#17 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten
Die Wiedervereinigung wurde auf beiden Seiten als eine Korrektur irregulärer Verhältnisse angesehen.
Im Freudentaumel wurde dabei völlig übersehen, dass sich da 2 Staaten aus den Trümmern des WK2 völlig
unterschiedlich entwickelt haben.

Die westdeutsche Politik meinte, dass sich alles von selbst richten würde. Ein paar mehr Staatsbürger,
ein paar km² mehr Staatsgebiet. 100 DM Begrüßungsgeld und die deutsche Wirtschaft würde dermaßen angekurbelt,
dass sie das "neue Gelände" freudig ökonomisieren wird, um die Nachfrage (auch aus Osteuropa, Verträge bestanden
ja noch) befriedigen zu können. Blöd war, dass die Osteuropäer keine Devisen dafür übrig hatten.

Die enthusiasmierten Neu-Bundesbürger haben nur gesehen, dass sie jetzt auch den "Adler-Pass" bekommen und
zukünftig in DM bezahlt werden würden. Endlich würde man von Politikern regiert, die nicht nur versprechen,
sondern auch (wirtschaftlich potent) "was ankurbeln könnten".

Das Ende vom Lied war dann ein Kurzaufschwung für Einzelhandel und Gebrauchtwagenhändler, wie auch der Export
diverser westdeutscher Beamter (die man wahrscheinlich in der Heimat jahrelang unter Verschluss gehalten hatte),
um die Zone auf bundesdeutschen Verwaltungsstandart zu bringen (schön schmackhaft mit "Buschzulage").

Der Ex-DDR ist das "Tal der Tränen", durch das die osteuropäischen Staaten gehen mussten, die kein Vereinigungs-
volk hatten, welches sie "aufnehmen" konnte, erspart geblieben. Die "Abwicklung" der ostdeutschen Industrie
wurde wenigstens finanziell etwas abgefedert. Es konnten also kurzfristig die ärgsten kapitalistischen
"Gemeinheiten" kaschiert werden ... "die DDR-Propaganda hatte Unrecht, die Politik hat die Sache im Griff,
wir lassen euch nicht alleine ... gebt uns eure Stimme!"

Langfristig ging die Kiste allerdings extrem in die Hose. Zuerst wurde die ostdeutsche Wirtschaft durch die
Währungsunion in einen Weltmarkt geworfen, in dem sie trotz geringerer Löhne nicht bestehen konnte, da sie
gezwungen war, auch sämtliche Gesetze und Verordnungen zu befolgen, die schon den West-Industrien riesige
Investitionen (auch in Automatisierung) abverlangte. Was sollte da ein Ex-VEB mit maroden Strukturen und
der Zwangsbeschäftigung von vielen Werktätigen machen? Und die Gemeinden? Jedes Dorf hatte innerhalb kurzer Zeit
ein erschlossenes Gewerbegebiet. Und Kläranlagen wurden völlig überdimensioniert in die Landschaft gestellt.
Musste so sein, die Beamten haben in die Zukunft gesehen und es so verfügt.

Verlängerte Werkbank? Im Kleinen vielleicht, aber meist stand nach dem Kauf die Abwicklung. Es gibt auch Ausnahmen.
Konnte ein "Ost-Betrieb" mit dem Weltmarkt konkurrieren? Bei diesen Altlasten? Bei dieser durchgehenden
Verordnungsstruktur, diesen Gesetzen, dieser starken Währung?

Man schaue sich mal die Entwicklung der asiatischen "Tigerstaaten" an. Erstmal Abschottung des eigenen Marktes
und der eigenen Währung. Gesetze, die der eigenen Entwicklung entsprechen, erstmal verlängerte Werkbank sein,
bevor man zum großen Sprung ansetzt. Erst Protektion und Ausbeutung der "human ressources", bevor man respektierter
Mitspieler wird. Diese Option stand hier nie zur Debatte.

Was haben wir verpasst? Die DDR hatte ein Bildungssystem, welches von den Skandinaviern kopiert wurde und heute
die PISA-Sieger hervorbringt. Die Ausbildung erfolgte (neben dem Staatsbürgerkundeunterricht) polytechnisch strikt in Richtung
Naturwissenschaften. Unangenehme Fächer abwählen? Nix da ... jeder bekommt seine Grundausbildung in Deutsch, Mathe,
Geschichte, Physik, Chemie, Biologie, etc.
Ab der siebten Klasse wurden schon Einblicke in die Industrie/Automatisierung gegeben (Stromkreise, Logik-Schaltpläne,
regelmäßige Einsätze in Betrieben im Rahmen des Unterichts etc.)
Es gibt Berichte im Internet von Kindern, die mit ihren Eltern in "den Westen" gegangen sind, und sich dort
in der Schule mindestens 1-2 Jahre langweilten, weil ihre Mitschüler ihnen gegenüber um dieselbe Zeit zurücklagen.

Da wurde m.E. ein riesiges Potential verschleudert. Der langfristig bessere Weg wäre der gewesen:
Keine verfrühte Währungsunion, was natürlich eine Visa-Pflicht und Aufenthaltskontrolle durch die BRD gebraucht hätte.
Sonderwirtschaftszone EX-DDR mit eigenen Zöllen, Steuern, Gesetzgebungen.
Kein plötzliches Aufgehen im BRD-Föderalismus.
Bildungshoheit.

Mir ist schon klar, dass sowas damals niemals umsetzbar gewesen wäre, aber in der Rückschau wäre dies eventuell
der Weg für ein neues "Wirtschaftswunder" gewesen. Die DDR-ler waren es gewohnt, zu improvisieren und sich selbst
zu kümmern, um mit "dem Arsch an die wand" zu kommen. Die Rückholung in die "Gemeinschaft aller Deutschen" hat
lediglich eine trügerische Sicherheit vorgespiegelt um gleichzeitig alle wirtschaftlichen Tugenden der DDR-ler für
unnütz zu erklären.

Wo stehen wir jetzt? Wenn ein Politiker Wählerstimmen haben möchte, hält er die Gießkanne über irgendwelche
Gebiete, die heute nicht mal mehr unbedingt im Osten sein müssen. Bildungspolitik? Ein föderal zerriebenes
Trauerspiel, in dem man missliebige Fächer abwählen kann, dafür aber toll in Sozialkunde und Theaterspielen
unterwiesen wird, wenn man nicht grade 68-er Kultliteratur analysiert.

Mit den Ostlern, von damals hätte man was reißen können, aber sie wurden entweder abgewürgt,
desillusioniert oder waren nicht angepasst genug ... oder sie haben sich angepasst und hecheln jetzt den neuen
Anforderungen des Selbstmarketings hinterher. Die Nachkommenschaft ist zumeist gezwungen, einem adäquaten Job zu folgen
und sich in die Altbundesländer aufzumachen.

Auf die eine oder andere Weise werden sich aber die alten und die neuen Bundesländer angleichen ... traurig, aber wahr.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.03.2008 16:36
#18 Wirkungsgefüge und Analyseebenen Antworten

Zitat von Kaa
Und nun kann man sagen, weil zu viele Kluge und Unternehmungslustige weg sind, gab es kein Wirtschaftswunder. Oder man kann vermuten, es gab eine Ursache (ein Ursachengefüge), die dazu führte, daß viele Kluge/Unternehmungslustige ausgewandert sind und die daheimgebliebenen nicht intensiv was aufbauen konnten.

Das ist, glaube ich, der Knackpunkt, liebe Kaa.

Es gibt nicht nur viele Ursachen für solch ein Phänomen, sondern die betreffenden Faktoren interagieren aucn noch. Mal verstärken sie gegenseitig ihre Wirkung, mal dämpfen sie sie vielleicht auch einmal.

Weil die Wirtschaft schlecht läuft, gibt es weniger Arbeitsplätze. Weil es weniger Arbeitsplätze gibt, wandern die Qualifizierten und Leistungsbereiten ab. Dadurch sinkt die Kaufkraft. Dadurch nimmt der Anteil der PDS-Wähler zu. In einer Region mit geringer Kaufkraft und einer PDS-Regierung (auf Kommunalebene ja weit verbreitet) investiert niemand. Und so weiter. Nur als beliebiges Beispiel.

Dann kommt noch hinzu, was die Wissenschaftstheoretiker "levels of analysis" ode "levels of explanation" nennen: Man kann denselben Sachverhalt auf unterschiedlichen Ebenen analysieren. Man kann zum Beispiel sagen: Stahl ist härter als Knet. Man kann auch sagen: Die Bindekräfte zwischen den Molekülen sind unterschiedlich stark. Beides stimmt.

So kann man hier sagen: Daß der Aufbau Ost nicht wie erhofft vorankommt, liegt an den Nachwirkungen des Kommunismus. Oder man kann sagen: Daß die Arbeitslosigkeit in der Stadt X so hoch ist, liegt daran, daß der Investor Y abgesprungen ist, weil .... usw.

Also, es ist halt nicht einfach, das aufzudröseln. Umso wichtiger finde ich es, in diesem Thread einmal die Aspekte a bisserl zusammenzutragen. Das mit der Intelligenz war mir zB völlig neu gewesen.

Herzlich, Zettel

C. Offline




Beiträge: 2.639

17.03.2008 17:10
#19 RE: Wirkungsgefüge und Analyseebenen Antworten

Hinterher ist man meistens schlauer, was allerdings recht selten für die Zukunft gilt. Aus meiner Sicht wurde die wirtschaftliche Leistungskraft außerhalb der Laborbedingungen des Warschauer-Pakt-kKommunismus bei weitem überschätzt, dafür das Ausmaß der Infrastrukturmängel und Umweltsauereien unterschätzt.

[quote=BpB"]Für jede DM, die von privater Seite für den Kauf eines ostdeutschen Unternehmens aufgewandt wurde, mussten drei DM von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, um Altschulden abzutragen oder Umweltschäden zu beseitigen. Ohne diesen öffentlichen Beitrag hätte es kaum Interessenten für die meisten DDR-Unternehmen gegeben, da sich die Erwerbungen sonst in der Regel betriebswirtschaftlich nicht gerechnet hätten. Jeder Privatisierungserfolg vergrößerte daher zugleich das finanzielle Defizit der Treuhand. [/quote]


http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=XGTYH6

Damit will ich der kommunistischen Propaganda ein großes Lob aussprechen. Vielleicht war auch die richtige Einschätzung der Situation nicht sehr sinnvoll, denn sie hätte ja nichts an den Sachzwängen geändert, die sich aus dem Fall der Mauer ergab. und so schlecht sieht ja die Bilanz gar nicht aus:

Zitat von netzeitung
Schroeder kommt dem Bericht zufolge zu dem Ergebnis, dass die ostdeutschen Haushalte materiell sehr viel besser dastehen als häufig angenommen. Zu Beginn der Vereinigung hätten sie kaufkraftbereinigt auf dem Niveau eines durchschnittlichen westdeutschen Haushalts am Ende der Fünfziger Jahre gelegen. Mitte der Neunziger seien sie dann auf dem westdeutschen Niveau von 1992 angelangt gewesen. Das bedeute einen «Wohlstandssprung» von drei Jahrzehnten innerhalb weniger Jahre.

Auch die Geldvermögen hätten binnen kurzer Zeit gewaltig aufgeholt: Die ostdeutschen Geldvermögen seien 1990 ein Fünftel so groß wie die westdeutschen gewesen, heute seien sie bei mehr als der Hälfte angekommen
.

Kosten der Einheit viel höher als bisher gedacht





Calimero Offline




Beiträge: 3.280

17.03.2008 23:52
#20 RE: Wirkungsgefüge und Analyseebenen Antworten

In Antwort auf:
Für jede DM, die von privater Seite für den Kauf eines ostdeutschen Unternehmens aufgewandt wurde, mussten drei DM von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, um Altschulden abzutragen oder Umweltschäden zu beseitigen. Ohne diesen öffentlichen Beitrag hätte es kaum Interessenten für die meisten DDR-Unternehmen gegeben, da sich die Erwerbungen sonst in der Regel betriebswirtschaftlich nicht gerechnet hätten. Jeder Privatisierungserfolg vergrößerte daher zugleich das finanzielle Defizit der Treuhand.


Altschulden hatten die Betriebe wohl eher nicht, das wurde ja "volkswirtschaftlich" geregelt. Schulden hatte da wohl eher "der Staat" (und über dessen Verbindlichkeiten war die Politik ja gut unterrichtet, siehe FJS). Und was die Altlasten der Betriebe angeht: Die waren eine Frage der Sichtweise ... nach DDR-Standart (vgl. China heute, light-Version) nix, nach bundesdeutschem Standart sehr viel. Aber, sorry ... welcher Unternehmer informiert sich vor einem Kauf nicht umfassend?

Hier wurde einfach viel Geldbedarf errechnet und auf den Steuerzahler abgewälzt ... es war so einfach: Guten Willen vortäuschen, für 'ne Mark kaufen, Förderung kassieren, Hände über'm Kopf zusammenschlagen, Abwickeln und Restwert versilbern.

Da haben Viele einige Zeit sehr gut davon gelebt. Die Treuhand hatte Arbeit, die Juristen hatten Arbeit, die Beamten hatten Arbeit, clevere BWL-er konnten Buchgewinne zusammenrechnen ... und die Arbeitsämter konnten sich repräsentative Dependancen in die Innenstädte stellen lassen, woran das Baugewerbe partizipierte...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.03.2008 01:25
#21 RE: Wirkungsgefüge und Analyseebenen Antworten
Zitat von Calimero
Hier wurde einfach viel Geldbedarf errechnet und auf den Steuerzahler abgewälzt ... es war so einfach: Guten Willen vortäuschen, für \'ne Mark kaufen, Förderung kassieren, Hände über\'m Kopf zusammenschlagen, Abwickeln und Restwert versilbern.

Ja, so war es wohl, lieber Calimero.

Was ich mich oft gefragt habe: Was hätte man realistischerweise anders machen können?

Das gilt zB auch für die vorschnelle Einführung der D-Mark. Vokswirtschaftlich nicht vertretbar; Tietmeyer, der es wissen mußte, hat das ja klar gesagt. Aber politisch vermutlich unumgänglich.

Die Stimmung in der DDR in der ersten Hälfte 1990 war so, wie ich das nie zuvor oder danach erlebt habe. Wir waren zu Ostern dort, dann wieder wochenlang im Sommer. Zu Ostern gab es damals in Frankfurt/Oder irgendein Stadtfest. Da waren Verkäufer aus dem Westen en masse da - alles wurde von fliegenden Händlern angeboten und ihnen aus den Händen gerissen. Man konnte bereits mit D-Mark bezahlen, aber die meisten zahlten noch mit Mark der DDR (zu welchem Kurs, weiß ich nicht mehr).

Es war klar, daß man diesen Zustand nur mit Gewalt hätte aufrechterhalten können. Die Leute in der DDR wollten die DM so, wie jemand, der nah am Verdursten war, sich nicht vom Trinken abbringen läßt, wenn er an einer Quelle angekommen ist.

Und, lieber Calimero, war es mit den Betrieben nicht ähnlich? Hätte man sie ihn ihrem nicht wettbewerbsfähigen Zustand weiterbestehen lassen sollen?

Das sind keine rhetorische Fragen. Ich weiß es wirklich nicht und bin deshalb gespannt auf Ihre Antwort und die derer, die von Volkswirtschaft mehr verstehen als ich.

Herzlich, Zettel

PS: Willkommen im kleinen Zimmer! Ihren ersten Beitrag habe ich mit viel Interesse gelesen.
Calimero Offline




Beiträge: 3.280

18.03.2008 15:29
#22 RE: Wirkungsgefüge und Analyseebenen Antworten

Hallo Zettel,

ich war zur damaligen Zeit auch dort (und auch die vorhergehenden 16 Jahre meines Lebens ).

Wie ich mich an diese turbulente Zeit erinnere, war zum Zeitpunkt der "fliegenden Händler" der Drops schon gelutscht. Der einprägsame Slogan damals: "Kommt die D-Mark, bleiben wir. Kommt sie nicht, gehn wir zu ihr!"
Die Richtung war klar, das Zeitfenster für Experimente hatte sich geschlossen. Im Westen wurden kritische Stimmen als pessimistische Spielverderber angesehen, im Osten wurden sie zu Ewiggestrigen und roten Socken erklärt.

Die Weichen mussten also in Richtung Wiedervereinigung gestellt werden, etwas anderes wurde zunehmend unwahrscheinlicher, irgendwann unmöglich.
Ohne den Beitritt der fünf neuen Bundesländer wäre eine Entwicklung wie in Tschechien oder Ungarn zu erwarten gewesen, vielleicht auch etwas besser, wegen der engen Verbundenheit zur Bundesrepublik.

Dies hätte aber einer konsequenten Zurückhaltung Westdeutschlands bedurft, sowohl was die Einreise und Arbeitsgenehmigung für "DDR"-Bürger angeht, als auch bezüglich einer Konkurrenzsituation mit dem Osten Deutschlands. Wenn im Osten niedrige Löhne, niedrige Steuern, unkomplizierte Genehmigungsverfahren sowie laschere Standarts geherrscht hätten, wäre es in Verbindung mit der gemeinsamen Muttersprache und den kurzen Transportwegen sicherlich verlockend für so manchen Unternehmer gewesen, sich dort anzusiedeln.

Wie es letztendlich gekommen ist, sehen wir uns ja nun seit mittlerweile 18 Jahren an. Die deutsche Wirtschaft konnte das Anschlussgebiet locker mit den bisherigen Kapazitäten versorgen. Ein Wirtschaftswunder blieb aus.

Ich denke übrigens, dass das deutsche Wirtschaftswunder ein singuläres Ereignis bleiben wird. Die Voraussetzungen dafür waren ziemlich einmalig.
Ganz Europa war gerade aus Trümmern wiederauferstanden, die Startbedingungen waren für ganz Westeuropa in etwa gleich, das Know-how der Ingenieure entsprach in etwa dem der Nachbarn. Dazu kam noch die besondere Bedeutung der Bundesrepublik für die USA, die hier ein starkes Bollwerk an der Front zum Kommunismus wollten und eine kluge Politik, die Ökonomie und soziales miteinander verbinden konnte.

Die Voraussetzungen im "Anschlußgebiet" waren aber völlig andere. Das Modell Bundesrepublik, welches in den späten 80-ern schon nicht mehr das Frischeste und Dynamischste war, wurde den neuen Ländern einfach übergestülpt. Dass die deutsche Wirtschaft da ein wenig zurückhaltend agierte, während sich Neugründer in diversen betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und finanziellen Fallstricken verhedderten und so kaum gegen die erfahrene Konkurrenz bestehen konnte, durfte kaum überraschen.

Mittlerweile sollte man aber nicht mehr so schwarz malen. Dort, wo sich Industrie ansiedelt wird auf höchstem Standart produziert. Solche Cluster bewirken auch wieder Ansiedlungen von Zulieferen, Logistik und Dienstleistungsgewerbe. Es gibt diese Leuchttürme bspw. in Potsdam, Dresden, Leipzig oder Jena (und noch einige mehr!). Man sollte den Osten nicht abschreiben und auf irgendwelche Statistiken gucken, da wird auch einiges verzerrt wiedergegeben.

Gruß, Calimero

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

19.03.2008 09:56
#23 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Guten Morgen,

auch mir fällt es schwer, die Osterzeit wahrzunehmen, wenn ich aus dem Fenster auf die geschlossene Schneedecke draußen schaue.

Ich glaube, dass ein psychologischer Faktor ebenfalls einen Einfluss hat, warum es nach dem Krieg das Wirtschaftswunder gegeben hat und nach der Wiedervereinigung nix annähernd vergleichbares.

Die BRD nach 45 konnte sich gegen den Systemwechsel nicht wehren, und zwar weder theoretisch noch praktisch. Praktisch nicht, weil das Land in Trümmern lag und nach jahrelangem schweren entbehrungsreichen Krieg jede Wiederherstellung geordneter Zustände eine eindeutige Verbesserung war. Aber auch theoretisch nicht, weil man in der Öffentlichkeit (auch vor "68") den Systemwechsel von den Nazis zur BRD nicht bedauern konnte. Irgendwie war doch wohl jedem bewusst, dass das deutsche Volk selber daran schuld war, dass das Land in Trümmern liegt, eben weil es dem Führer hinterhergelaufen ist. Und gerade die größten Verlierer des Systemwechsels (nämlich die alten Nazis) haben besser daran getan, dem Reich nicht allzu laut nachzutrauern.

Wie anders war es in der DDR! Die DDR-Bürger konnten von Anfang an eine offene Debatte darüber führen, welches System besser ist, und die Wortführer in der Debatte waren die Verlierer. Die ehemaligen kleinen und mittleren Funktionäre, die Facharbeiter, die seit Jahren in unrentablen Betrieben ein bequemes Auskommen hatten und der Einführung des freien Wettbewerbs zum Opfer fielen. Daraus entwickelte sich eine doppelte Anspruchshaltung an Zahlungen aus dem Westen: 1. "Euch ging es die ganze Zeit besser wie uns, darum müsst ihr uns jetzt auch was geben"; 2. "Ihr habt uns geschluckt, darum müsst ihr uns jetzt auch was geben". Dazu kam wie schon erwähnt, die Abwanderung der Gewinner in den Westen, so dass vorrangig Verlierer des Systemwechsels die Stimmungslage im Osten prägten und (gerade im Norden) immer noch prägen.

Zettel Offline




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20.03.2008 23:28
#24 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Zitat von Gansguoter
die unterdurchschnittliche Intelligenz ist nicht unbedingt eine Folge oder ein anderer Aspekt - denn es wäre die Frage, wann diejenigen abgewandert sind, die den Durchschnitt gehoben hätten bzw. wie es dazu gekommen ist. Waren die Märker schon immer weniger intelligent als der deutsche Durchschnitt? Oder sind schon vor 1961 soviele abgewandert, dass die durchschnittliche Intelligenz gesunken ist? Dann wären 1989/90 schon nur durchschnittlich weniger Intelligente vor Ort gewesen, um das Land aufzubauen. Oder hat die Bildungs- und Gesellschaftspolitik über die Jahrzehnte zu einem Absinken der Intelligenz geführt (Intelligenz erblich oder umweltbedingt?)? Das Ergebnis wäre dasselbe. Oder ist die entscheidende Abwanderung erst nach 1989 erfolgt?

Berechtigte Fragen, liebe Gansguoter.

Und dann wäre auch noch eine triviale Möglichkeit zu bedenken:

Gemessen wurde die Intelligenz von Rekruten, also von jungen Männern, die nicht den Wehrdienst verweigert haben. Vielleicht gehen ja im Osten nur die Dummen zum Bund?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




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25.03.2008 19:57
#25 RE: Zettels OsterfragerEi (1): Scheitern der Wiedervereinigung? Antworten

Zitat von Ungelt
Wenn klar ist, daß mir Keiner hilft, muß ich selber loslegen, kann dann schon ein wenig Stolz auf das Erreichte sein, bekomme noch mehr Kräfte. Diese Dynamik ist durch nichts zu ersetzen. Fremdes Geld wirkt da immer demotivierend, ob als "Geschenk", oder als übermächtige Konkurenz. Es ist ja nicht möglich, sich mit vollem Einsatz gleichzeitig eigener Arbeit und dem Erfüllen von "Subventionsbedingungen" zu widmen. Ich kann ja nicht gleichzeitig "erfolgreich" und "arm" sein wollen.

Das leuchtet mir ein, lieber Ungelt.

Und löst natürlich die Frage aus: Wie stellt man es dann an, so zu fördern, daß dieser Effekt ausbleibt, oder wenigstens geringfügig wirkt?

Es gibt ja Gegenbeispiele. Irland ist - wesentlich dank der EU-Fördermittel - von einem armen Land zu einer der Wachstumsregionen der EU geworden. In zumindest Teilen Mittel- und Osteuropas bahnt sich jetzt dasselbe an. In Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Polen.

Liegt es vielleicht daran, daß dort die Mittel wirklich Investitionsmittel waren und sind, während ein großer Teil der Transferleistungen in die Ex-DDR in den Konsum geflossen ist?

Liegt es daran, daß diese Länder wußten, daß sie es letztlich aus eigener Kraft schaffen mußten, während in der DDR dieser, sagen wir, Stachel fehlte?

Herzlich, Zettel

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