Wie bei all Ihren Anmerkungen zur notleidenden deutschen Sprache stimme ich in Ihr "Gemecker" auch dieses Mal von Herzen ein, lieber Zettel. Bei meiner letzten Fahrt im IC habe ich mich allerdings über die Lautsprecherdurchsage "In ä fju minnits wie schäll arraiv Hämborg" mehr amüsiert als geärgert; ich war ja schon froh, dass das Mitglied des IC-"Teams" nicht "Hämcaßel" gesagt hat. Demgegenüber finde ich es gar nicht amüsant, wenn die sympathische Frauenstimme aus meinem frisch erworbenen Navigationsgerät verkündet: "In dreihundert Metern links abbiegen!", obwohl es doch "Nach dreihundert Metern" heißen müsste. Merkwürdigerweise wird eine so formulierte Aussage mittlerweile ebenso wenig als sprachlich inkorrekt empfunden wie etwa der Satz "Ich habe kein Vertrauen in die Justiz", der ja eigentlich "Ich habe kein Vertrauen zur Justiz" lauten müsste.
Es vermischt sich - und das ist nicht zu ändern, allenfalls zu bedauern. Da es aber nicht zu ändern ist, sollte man es vielleicht ignorieren oder etwas positives darin suchen.
Ich persönlich sage "Disaster" - unüberlegt, aber ich glaube, weil ich das selbe geschriebene Wort nicht mal so und mal so aussprechen will.
Kaa
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)
In Antwort auf:Sprache ist etwas Lebendiges und verändert sich nunmal.
Lieber Feynman, ist das wirklich so? Die Sprache tut gar nichts. Sie existiert nicht einmal, wenn es niemanden gibt, der sich ihrer in irgendeiner Form bedient. Erst Sprecher oder Gebrauch können etwas an ihr verändern. Die Sprache lebt nicht, sondern "wird gelebt". Wenn der Sprecher oder Schreiber wegen mangelnder Kenntnisse des bisher üblichen Sprachgebrauchs gegen vorhandene Regeln verstößt, kann man dies sicher mit dem "Eigenleben" der Sprache entschuldigen. Tatsächlich handelt es doch um mangelndes Wissen. Vor ca. einem Jahr wartete die "Tagesschau" mit dem "Trialog" auf, der aus dem falsch verstandenen "Dialog" gefolgert wurde, weil den Verfassern die Bedeutung der Vorsilbe "Dia" unbekannt war. Glücklicherweise verschwand diese "Sprachveränderung" sang- und klanglos. Auch hinsichtlich der Aussprache kommt eine Sprache ohne Grundwissen über Lautung und Betonung nicht aus. Erst die Anwendung dieses Wissens erlaubt eine leichtverständliche Kommunikation. Wie soll man den Inhalt verstehen, wenn man die Laute nicht identifizieren kann? Herzlich Enha
In Antwort auf:Sprache ist etwas Lebendiges und verändert sich nunmal.
Lieber Feynman, ist das wirklich so? Die Sprache tut gar nichts. Sie existiert nicht einmal, wenn es niemanden gibt, der sich ihrer in irgendeiner Form bedient. Erst Sprecher oder Gebrauch können etwas an ihr verändern. Die Sprache lebt nicht, sondern "wird gelebt".
Ja, das ist im Wesentlichen wirklich so. Was Sie ansprechen, dear Enha, daß Sprache kein Handelndes ist, ist auch richtig, doch es widerlegt das nicht, was Feynman meint.
Die Sprache wird genauso gelebt, wie der Aktienkurs gesteuert wird. Es sind in beiden Fällen Menschen die die Veränderungen vornehmen. Das bedeutet leider nicht, daß Menschen die Veränderungen steuern können.
Liebe Grüße Kaa PS: Der Trialog hätte auch bleiben können - auch aus falsch verstandener Sprache können gültige Worte hervorgehen.
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Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus. (Wörtlich nicht von mir)
Zitat von EnhaVor ca. einem Jahr wartete die "Tagesschau" mit dem "Trialog" auf, der aus dem falsch verstandenen "Dialog" gefolgert wurde, weil den Verfassern die Bedeutung der Vorsilbe "Dia" unbekannt war.
Das ist ein interessanter Hinweis, lieber Enha: Diese Mißverständnisse der Etymologie; hier also die Verwechslung des griechischen diá = durch, zwischen mit di = zwei. (Gut, daß dann das überzählige a nicht auch noch als Alpha Privativum verstanden wurde (obwohl das manchmal gar nicht so falsch wäre )).
Das wäre auch mal einen Beitrag zur Serie "Anmerkungen zur Sprache" wert. Man müßte mal a bisserl sammeln...
In Antwort auf:Das bedeutet leider nicht, daß Menschen die Veränderungen steuern können.
Liebe Kaa, wieso denn nicht? Das wird doch täglich durch die Medien praktiziert. Die pausenlose Wiederholung bestimmter Ausdrücke hat durchaus prägenden Charakter, allerdings in negativer Hinsicht. Angefangen von "Sch..."-Ausdrücken über die falsche adverbielle Verwendung des Wortes "echt" bis hin zum "Okey" nach jedem zweiten Satz. Wann verwendet schon mal ein TV-Kommentator nach "weil" die notwendige Inversion? Die Wortstellung in Nebensätzen gerät immer mehr in Vergessenheit. Das sind doch gesteuerte Veränderungen! Herzlich Enha
Zitat von KaaDie Sprache wird genauso gelebt, wie der Aktienkurs gesteuert wird. Es sind in beiden Fällen Menschen die die Veränderungen vornehmen. Das bedeutet leider nicht, daß Menschen die Veränderungen steuern können.
Wahr gesprochen, gut gesagt.
Diese Veränderungen sind so wenig "gesteuert", daß sie ja von den Linguisten mit ihrer "Eigengesetzlichkeit" beschrieben werden können. Die berüchtigten "Lautverschiebungen", alle die syntaktischen, phonologischen, semantischen Veränderungen, die Sprachen durchmachen.
Dagegen ist ja auch nichts zu sagen (wie könnte man gegen Vorgänge "etwas sagen", die sich nun einmal vollziehen?). Die Sprache ist so wenig unveränderbar, wie es die Kultur als Ganzes ist.
Wogegen ich, liebe Kaa, in der kleinen Serie mit den Anmerkungen a bisserl anschreibe, das sind die dummen Veränderungen. Solche, die die Sprache nicht bereichern. Solche, die nur Aufplusterei und Gedankenlosigkeit zeigen.
Herzlich, Zettel
PS: Wenn sie sich durchgesetzt haben, die Aufplustereien und Gedankenlosigkeiten, dann muß man sie halt hinnehmen. Wie die "Armbrust".
Auch die gute alte Sexualität ist ja inzwischen zur "ßexualität" mutiert, mit stimmlosem S am Anfang. Wohl weil es irgendwie sexy klingt, so wie das englische "Sex". Das meine Oma hingegen immer wie 6 auszusprechen pflegte. ("Die Lindenstraße schaue ich nicht gern, da kommt mir immer zu viel 6 vor.")
Zitat von Friedel B.Bei meiner letzten Fahrt im IC habe ich mich allerdings über die Lautsprecherdurchsage "In ä fju minnits wie schäll arraiv Hämborg" mehr amüsiert als geärgert; ich war ja schon froh, dass das Mitglied des IC-"Teams" nicht "Hämcaßel" gesagt hat.
Ja, mit den Städtenamen ist das auch so eine Sache.
Eigentlich sollte man ja meinen: In Deutschland benennt man die Städte deutsch; so, wie sie andernorts englisch, französisch usw. benannt werden.
Aber zum einen gab es ja - gibt es teilweise wohl auch noch - Quasi-Verbote, bestimmt Städte deutsch zu benennen. Moskau, das ist korrekt, nicht Moskwa. Warschau, das geht auch noch. Aber Königsberg, Danzig, Breslau, das ging bzw. geht nicht.
Andere deutsche Versionen von Städtenamen sind aus der Mode gekommen, ohne daß sie mit einem Tabu belegt worden wären; z.B. Neuyork, Neu Delhi, Stambul.
Und andererseits gibt es ein nachgerade zwanghaftes Bemühen, nur ja alle ausländischen Namen "richtig auszusprechen". Selbst wenn man die betreffende Sprache gar nicht beherrscht.
Ich habe Leute erlebt, die so wenig Polnisch können wie ich, die sich aber beid dem Namen "Walesa" fast den Mund verrenkt haben. "Erdogan" ist auch so ein Fall - warum kann man den nicht aussprechen, wie man ihn schreibt? Wer kann schon Türkisch?
Vor ein paar Jahren gab es mal in Deutschland eine ernsthafte Diskussion darüber, wie man den Namen des damaligen UN-Generalsekretärs Annan "richtig ausspricht" - "Ännän" oder "Annan"? Ein deutscher Reporter war doch tatsächlich mit dieser Frage zu ihm vorgedrungen. Annan lachte und antwortete mit einer Version, die genau dazwischenlag.
Zitat von Friedel B.Demgegenüber finde ich es gar nicht amüsant, wenn die sympathische Frauenstimme aus meinem frisch erworbenen Navigationsgerät verkündet: "In dreihundert Metern links abbiegen!", obwohl es doch "Nach dreihundert Metern" heißen müsste. Merkwürdigerweise wird eine so formulierte Aussage mittlerweile ebenso wenig als sprachlich inkorrekt empfunden wie etwa der Satz "Ich habe kein Vertrauen in die Justiz", der ja eigentlich "Ich habe kein Vertrauen zur Justiz" lauten müsste.
Ja, da assimilieren sich grammatische Konstruktionen. "In 2008" ist auch ein Beispiel.
Das für mich schlimmste Beispiel ist nach wie vor: "XYP gewann den Nobelpreis", statt "Der Nobelpreis wurde ihm zuerkannt". So als hätte ihm eine Lotterie diesen Preis beschert.
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