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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 15 Antworten
und wurde 893 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.05.2008 03:30
Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Nachdem die geschätzte Journalistin Miriam Lau den Dalai Lama live erlebt und ihn genauso beschrieben hat, wie ich ihn in TV-Auftritten wahrgenommen habe, habe ich mich entschlossen, das über ihn zu schreiben, was ich schon lange über ihn denke.

Pelle ( Gast )
Beiträge:

17.05.2008 12:11
#2 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Sehr geehrter Herr Zettel,

man kann nur annehmen, dass es zum Einen das Englische ist, was dem Dalai offenbar nicht sonderlich liegt und dass er ferner sich in seiner Muttersprache doch ein wenig mehr intellektueller ausdrücken kann, so dass der Ruf, den er inne hat, wenigstens zum Teil gerechtfertigt ist.

Vielleicht ist es auch einfach nur die Symbolfigur, die er darstellt, wobei man dabei die Situation bedenken muss, in der sich Tibet und China befinden. Die "Bedrohung" oder besser Besatzung duch China wird man wohl ohne Zweifel als "Verstärkungsfaktor" für die Bekannt- und Beliebtheit des Dalai ansehen müssen. Je mehr Druck China also auf den Dalai ausübt, desto stärker steigt auch seine Beliebtheit.

Aber wahrscheinlich ist es in der Tat so, dass die Person des Dalai fast beliebig austauschbar ist.

Viel befremdlicher finde ich ja das aktuelle "Wegtauchen" bekannter und prominenter Politiker aus der Regierung, ganz offensichtlich nur vor dem Hintergrund, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China nicht zu gefährden.
Wer da mehr Druck ausgeübt hat, kann man nur vermuten: Die Chinesen selbst oder die Wirtschaftsverbände bei uns im Land. Wahrscheinlich beide gleichermaßen.

Jedenfalls heiße ich das Verhalten unserer Regierung in diesem Fall nicht gut.

Herzlichst,

Pelle

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.05.2008 14:09
#3 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von Pelle
Viel befremdlicher finde ich ja das aktuelle "Wegtauchen" bekannter und prominenter Politiker aus der Regierung, ganz offensichtlich nur vor dem Hintergrund, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China nicht zu gefährden.

Das sehe ich auch so, lieber Pelle.

Und ich habe mir deshalb auch überlegt, ob ich den Artikel so schreiben sollte, weil er ja leicht so mißverstanden werden kann, als würde ich sozusagen ins Horn der chinesischen Propaganda stoßen.

Aber dann habe ich mir gesagt, daß es eben das Schöne am Bloggen ist (und auch am Journalismus sein sollte), daß man schreiben kann, was man für zutreffend hält, ohne das in den Dienst politischer Ziele stellen zu müssen. Und zur Sicherheit habe ich ja, noch den Schlußsatz angehängt.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

17.05.2008 18:27
#4 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Der Dalai Lama ist ein sehr bekannter und ungewöhnlicher beliebter Mann. Unter diesen Umständen kann man aus der Beobachtung, daß er nur in Platitüden spricht, nicht viel über ihn ableiten. Offenbar macht er seine Sache gut. Auch der Theologe Benedikt XVI. kommt in die Tagesschau, wenn er, sagen wir, "zum Frieden mahnt", und nicht wenn er irgendetwas Kompliziertes von sich gibt. Das bringt ihm, wenn es an die Öffentlichkeit dringt, allenfalls Ärger ein. (Regensburger Rede.)

Die berühmteste Aussage des Dalai Lama, jeder solle am besten in seiner Religion bleiben und nicht etwa Buddhist werden, finde ich übrigens gar nicht so platt. Etwas Vergleichbares habe ich noch von keinem christlichen geistlichen Führer gehört.

Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.05.2008 11:54
#5 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von Kallias
Der Dalai Lama ist ein sehr bekannter und ungewöhnlicher beliebter Mann. Unter diesen Umständen kann man aus der Beobachtung, daß er nur in Platitüden spricht, nicht viel über ihn ableiten.

Ein ungewöhnlich beliebter Mann, das mag ja sein, lieber Kallias. Auch Guildo Horn war mal ein ungewöhnlich beliebter Mann, wenn auch nur kurz.

Aber viele halten ihn - ich meine jetzt den Dalai Lama - ja auch für einen ungewöhnlichen Mann. Das ist es, woran ich Zweifel anmelden wollte.
Zitat von Kallias
Offenbar macht er seine Sache gut. Auch der Theologe Benedikt XVI. kommt in die Tagesschau, wenn er, sagen wir, "zum Frieden mahnt", und nicht wenn er irgendetwas Kompliziertes von sich gibt. Das bringt ihm, wenn es an die Öffentlichkeit dringt, allenfalls Ärger ein. (Regensburger Rede.)

Ja, und so etwas wie die Regensburger Rede habe ich eben nie vom Dalai Lama gehört oder gelesen. Nichts, was darauf hindeutet, daß er auch anders kann als nur schlichte Worte finden.
Zitat von Kallias
Die berühmteste Aussage des Dalai Lama, jeder solle am besten in seiner Religion bleiben und nicht etwa Buddhist werden, finde ich übrigens gar nicht so platt. Etwas Vergleichbares habe ich noch von keinem christlichen geistlichen Führer gehört.

Aber Sie können es von jedem Buddhisten hören.

Der Buddhismus ist - wie das Judentum, wie der Shintoismus, wie der Taoismus - keine Religion, die auf Missionierung aus wäre. Das ist eine Besonderheit des Christentums und des Islam.

In den diversen Formen des Mahayana, Zen zum Beispiel, ist er ja eigentlich überhaupt keine Religion, sondern mehr eine Philosophie. Die zu lehren bietet man an, statt daß man sich aufmacht, sie den Leuten aufzudrängen.

Und, ehrlich gesagt, wenn ich etwas über den Buddhismus lernen wollte, dann würde ich mir nicht den Dalai Lama als Lehrer aussuchen.

Herzlich, Zettel

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

18.05.2008 12:58
#6 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Vielleicht könnte man die Frage ja auch anders stellen.

Welche Vertreter ihrer Religionen richten Schaden bei den Menschen an, indem sie Gewalt propagieren, fanatische Auswüchse unterstützen oder selbstherrliche Missionierung betreiben? Dann, ja dann sind mir die „Platitüden“ des Dalai Lama doch willkommen.

Vielleicht erwarten wir auch zuviel von einer Religion, gerade in dieser Zeit, wo es eben darum geht die menschlichen Werte wieder in Erinnerung zu bringen und zwar so, dass sie in diese Zeit auch integriert werden können.

Eigentlich wäre es für unsere Christliche Konfession – gerade jetzt – eine gute Chance dem gläubigen Menschen wieder die Inhalte zu geben.

♥liche Grüße Nola

C. Offline




Beiträge: 2.639

18.05.2008 13:00
#7 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von Dalai Lama
We do not need to become religious, nor do we need to believe in an ideology. All that is necessary is for each of us to develop our good human qualities.


Religious Harmony

Ist doch gar nicht sooo schlecht, oder? Verglichen mit Religions- und Ideologiefetischisten, die das Seelenheil anderer im dieseits und im jenseits im Auge haben, sogar ein herausragender intellektueller Ansatz.

Und weil wir gerade Sonntag haben, nutze ich die Gelegenheit auf die "Platitüden" Salomos hinzuweisen:

Zitat von Der prediger
Ich sprach in meinem Herzen und sagte: Siehe, ich habe Weisheit vergrößert und vermehrt über alle hinaus, die vor mir über Jerusalem waren, und mein Herz hat Fülle von Weisheit und Erkenntnis gesehen;
17 und ich habe mein Herz darauf gerichtet, Weisheit zu erkennen, und Unsinn und Torheit zu erkennen: ich habe erkannt, daß auch das ein Haschen nach Wind ist.
18 Denn bei viel Weisheit ist viel Verdruß: und wer Erkenntnis mehrt, mehrt Kummer.


Es sind nun mal die kleinen Dinge, die Freude bereiten


Facoly Offline



Beiträge: 3

18.05.2008 17:43
#8 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Warum ist der Dalai Lama so beliebt? Aus meiner Sicht hängt das mit der wachsenden Begeisterung vieler Bevölkerungsgruppen für "neue" religiöse Ansätze zusammen, nachdem man sich vom althergebrachten christlichen Glauben und Weltbild ebenso verabschiedet hat wie von den (als ähnlich unakzeptabel eingeschätzten) anderen monotheistischen Religionen.

Der moderne Europäer sehnt sich aber dennoch und vermehrt nach Dingen wie Religiosität, Spiritualität und betreibt eine Sinnsuche. Dafür scheint der Buddhismus ideal geeignet, besonders in der Form, wie ihn der Dalai Lama kommuniziert: tolerant bis über jede Grenze (jeder soll in seiner Religion bleiben!), ohne zentrale Gottheit, ohne komplizierte theologische Lehren, aber mit einem willkommen Angebot an praktischer Lebenshilfe (Meditation etc.). Also: anspruchslos, nicht polarisierend, beinahe beliebig, immer freundlich und friedlich und nicht konfrontativ: so erträumen sich viele Menschen das Dasein, und im Dalai Lama finden sie dies alles verkörpert.

Ein intellektueller Anspruch, ausgefeilte Theologie bzw. religiöse Praxis, das wäre dabei nur kontraproduktiv.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.05.2008 21:40
#9 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von Kallias
Der Dalai Lama ist ein sehr bekannter und ungewöhnlicher beliebter Mann. Unter diesen Umständen kann man aus der Beobachtung, daß er nur in Platitüden spricht, nicht viel über ihn ableiten. Offenbar macht er seine Sache gut.


Aber das kann man doch nicht sagen, daß er seine Sache gut macht. Was ist denn seine Sache?

Ja, er ist wohl der beste Dalai Lama den es derzeit gibt und auch der beste führende tibetische Lama - denn der andere, der tatsächlich religiös höherstehende befindet sich im Schisma: der zuerst gefundene ist irgendwo in China in Haft, der nun amtierende eine Marionette.

Zitat von Kallias
Auch der Theologe Benedikt XVI. kommt in die Tagesschau, wenn er, sagen wir, "zum Frieden mahnt", und nicht wenn er irgendetwas Kompliziertes von sich gibt. Das bringt ihm, wenn es an die Öffentlichkeit dringt, allenfalls Ärger ein. (Regensburger Rede.)


In die Tagesschau ja. Aber es gibt Interviews mit ihm, die ja wirklich weit entfernt sind von Platitüden (egal ob Sie nun mit ihm übereinstimmen oder nicht).

Zitat von Kallias
Die berühmteste Aussage des Dalai Lama, jeder solle am besten in seiner Religion bleiben und nicht etwa Buddhist werden, finde ich übrigens gar nicht so platt. Etwas Vergleichbares habe ich noch von keinem christlichen geistlichen Führer gehört.


Ein christlicher Führer, der so etwas sagen würde, wäre ja auch keine fünf Pfennig wert. Ob ein Buddhist so etwas sollte, kann ich als überzeugter Nicht-Buddhist nicht beurteilen. Jedenfalls kommt mir der Dalai Lama, zumindest in dem was er im Westen sagt, wie ein seiner Tradition etwas entfremdeter vor. Ist ja auch verständlich bei dieser Biographie.

Sein Englisch bei Larry King finde ich übrigens gar nicht so bodenlos. Man kann es immerhin verstehen (was nicht bei allen Indern so ist) - verstehen, was er sagt. Was er nun meint, nunja... aber das ist kein sprachliches Problem. Seine spirituellen Übungen dürfte er ja wohl auf Tibetisch machen - er ist ja nunmal ein Mönch, kein Handlungsreisender.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

18.05.2008 21:43
#10 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Das bezieht sich nicht auf den Dalai Lama sondern allgemein auf den Buddhismus.

Ein Freund hat es neulich "Religion als Wellness" bezeichnet. Ich fand das sehr treffend.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

18.05.2008 23:17
#11 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von str1977
Aber das kann man doch nicht sagen, daß er seine Sache gut macht. Was ist denn seine Sache?

Das tibetanische Autonomiestreben und den Buddhismus dem Westen sympathisch zu machen, ist ihm doch sehr gut gelungen.
Zitat von str1977
Ein christlicher Führer, der so etwas sagen würde, wäre ja auch keine fünf Pfennig wert. Ob ein Buddhist so etwas sollte, kann ich als überzeugter Nicht-Buddhist nicht beurteilen.

Sehen Sie, wenn Sie das nicht beurteilen können, dann ist es sicher keine Platitüde.

Gruß,
Kallias

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

18.05.2008 23:23
#12 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von Facoly
Also: anspruchslos, nicht polarisierend, beinahe beliebig, immer freundlich und friedlich und nicht konfrontativ: so erträumen sich viele Menschen das Dasein, und im Dalai Lama finden sie dies alles verkörpert.
Ein intellektueller Anspruch, ausgefeilte Theologie bzw. religiöse Praxis, das wäre dabei nur kontraproduktiv.

Sicher, es gibt diesen modischen anspruchslosen Buddhismus (dessen Hochkonjunktur allerdings schon wieder vorbei ist - die war in den frühen 90er Jahren, würde ich so über den Daumen sagen). Dennoch gibt es im Buddhismus all das auch: Philosophie, Buddhologie, Praxis, und zwar für mehrere Leben ausreichend.

Wenn man Religionen mit Reusen vergleicht, dann ist beim Buddhismus die vordere Öffnung, wo die Fischlein reinschwimmen, extrem weit, viel weiter als bei den anderen Religionen. Dort lächeln die Dalai Lamas. Andererseits ist die hintere Öffnung, wo es in den Korb geht, den man dann nicht mehr lebend verläßt, extrem eng, viel enger als bei den anderen Religionen. Buddhistische Philosophie kann man als Buddhist weitgehend ignorieren, aber nicht die Praxis, und die ist in allen Traditionen extrem schwierig. Es ist deshalb immer wieder als Problem empfunden worden, daß so wenige Menschen die buddhistischen Minimalziele (Stromeintritt, Kensho, Bodhicitta) erreichen. Dementsprechend läßt sich die Entwicklungsgeschichte des Buddhismus zu einem großen Teil als eine Reihe von Versuchen begreifen, den Weg einfacher und für eine größere Zahl von Menschen gangbar zu machen.

Der Buddha beschrieb seinen Weg als Mittleren Weg zwischen Askese und Wellness, aber das heißt nur, daß gesundheitsschädliche Übungen abgelehnt werden; nicht daß es irgendwie einfach geht.

Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

19.05.2008 01:59
#13 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Dear C.,

wie immer ist es mir das reine Vergnügen, deine Beiträge zu lesen.

Du führst im jetzigen schon in interessante Gefilde ...

Das mit dem Anruf habe ich nicht ganz verstanden, nachdem ich in ungefähr einer halben Stunde die eineinhalb Minuten Video runtergeladen hatte. Als ich dachte, jetzt kommt die Pointe, war es leider zu Ende.

Was den Prediger Salomo angeht - wunderbar für einen Text, der ungefähr 2300 Jahre alt ist. Die Sprache noch wunderbarer, weil von Luther. Nur sind die Äußerungen des Dalai Lama ja jüngeren Datums.

Zu diesen: Danke für den Link, der freilich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Alle wollen wir glücklich werden, und man muß zwischen Körper und Seele unterscheiden. Wer hätte das gedacht?

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

20.05.2008 23:11
#14 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten
Man sollte den Dalai Lama allerdings nicht mit dem Papst vergleichen. Der Papst ist oberster Theologe, er soll die Macht Gottes auf Erden repräsentieren.
Der Dalai Lama ist lediglich die Wiedergeburt eines erfolgreichen Klostervorstehers. Für die Politik der Sekte ist eine Art "Premierminister" zuständig. Die Funktion des Dalai Lama ist die der Symbolfigur. Man wird schon bei seiner Ausbildung wert darauf gelegt haben, ihn so zu erziehen, daß er sich zu konkreten Problemen eher nichtssagend äußert. Schließlich lag seine Ausbildung in den Händen derer, die in seinem Dienst die eigentliche Politik machen sollten.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.05.2008 23:45
#15 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

Zitat von califax
Man sollte den Dalai Lama allerdings nicht mit dem Papst vergleichen. Der Papst ist oberster Theologe, er soll die Macht Gottes auf Erden repräsentieren. Der Dalai Lama ist lediglich die Wiedergeburt eines erfolgreichen Klostervorstehers.

So ist es, lieber Califax. Er ist - das ist jetzt mein persönlicher Eindruck - ein netter, gewinnender, einfach denkender Mann mit viel Sinn für Show.

Nur habe ich den Eindruck, daß er oft nicht so gesehen wird, sondern daß man hinter seinen schlichtn Sprüchen und seinen ständigen Witzeleien mehr vermutet, als was sie sind - etwa den Ausdruck von Weisheit, von Spiritualität.

Das wollte ich eigentlich in dem Artikel nur einmal ansprechen.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

11.06.2008 12:37
#16 RE: Marginalie: Die Platitüden des Dalai Lama Antworten

In Antwort auf:
Man sollte den Dalai Lama allerdings nicht mit dem Papst vergleichen. Der Papst ist oberster Theologe, er soll die Macht Gottes auf Erden repräsentieren.
Der Dalai Lama ist lediglich die Wiedergeburt eines erfolgreichen Klostervorstehers. Für die Politik der Sekte ist eine Art "Premierminister" zuständig. Die Funktion des Dalai Lama ist die der Symbolfigur. Man wird schon bei seiner Ausbildung wert darauf gelegt haben, ihn so zu erziehen, daß er sich zu konkreten Problemen eher nichtssagend äußert. Schließlich lag seine Ausbildung in den Händen derer, die in seinem Dienst die eigentliche Politik machen sollten.


Mmh, nicht ganz, Califax.

Der Papst ist der Oberste unter den geistlichen Amtsträgern der katholischen Kirche, also Sakramentenverwalter und Lehramtsinhaber. Das hat natürlich auch was mit Theologie zu tun, aber geht auch darüber hinaus. Man muß nicht Theologe sein um Bischof oder Papst zu werden, wenn es auch aus guten Gründen üblich geworden ist. Im Mittelalter gab es auch Päpste die Juristen waren oder gar nicht studiert hatten.

Was den Dalai Lama angeht: er ist das traditionelle weltliche Oberhaupt Tibets. Nicht das geistliche. Ja, er ist auch eine geistlische Autorität aber im geistlichen Bereich, in der Hierarchie der Gelug Sekte, ist er dem Pantschen Lama (eben so wie er als Reinkarnation gedacht) und dem Ganden Tripa (einem Wahlamt) unterstellt. Zumindest traditioneller weise - die Eingriffe der chinesischen Staatsmacht haben natürlich der geistlichen Autorität des Pantschen geschadet.

Nebenbei, der Premierminster ist lediglich der Regierungschef des Dalai Lama und handelt in seinem Auftrag. Er ist der Regierungschef des Landes Tibet (im Exil), kein Funktionsträger "der Sekte".

Ich halte es für verkehrt zu sagen, der Dalai Lama sei "lediglich die Wiedergeburt eines erfolgreichen Klostervorstehers" - nein, der Dalai Lama wird von seinen Anhängern als die Wiedergeburt eines Boddhisatva gesehen, einer Gestalt die durchaus übernatürliche und metaphysische Bedeutung hat.

Wenn man damit den Papst vergleicht, hat der Dalai in seiner Tradition (die allerdings ungleich kleiner ist als die katholische Kirche - es geht hier eigentlich nur um die Gelug-Sekte und den tibetischen Buddhismus - außerhalb dessen ist der Dalai eigentlich total bedeutungslos) ungleich mehr Bedeutung. Der Papst ist für Katholiken nur ein Amtsträger, ein wichtiger Amtsträger, der aber über sein Amt und seinen Tod hinaus keine direkte Bedeutung hat (es sei denn, es wäre ein Heiliger, aber das ist grundsätzlich unabhängig vom Amt).

Dazu kommt noch, daß der Papst eben nicht mit seinem Amt identisch ist. Er wird gewählt, kann zurücktreten und (unter sehr begrenzten Umständen) sogar abgesetzt werden. Der derzeitige Dalai Lama kann aber gar nichts anderes sein, ist immer schon Dalai Lama und wird es bis zum Tode bleiben.

Das mit dem Nichtssagen liegt natürlich in diesen Umständen begründet: nicht durch Verdienst ist er Dalai Lama geworden, sondern weil man ihn für die Reinkarnation des Vorgängers hielt. Er ist von frühester Jugend an entsprechend erzogen worden. Und, das darf man nicht vergessen, er ist mit massiven Brüchen konfrontiert worden, die seine intellektuelle Kapazität durchaus stark beanspruchen dürften.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

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